Sie lagerten sich um das Tuch und verzehr- ten ihren Vorrath unter fröhlichen Scherzen, Gesängen und Lachen. Florentin pflegte durch den Wein lebhafter noch und heiterer zu wer- den als gewöhnlich, Eduard aber fühlte seine Lebensgeister leicht durch ihn erhitzt, reizbarer und zugleich schwerer; Juliane ward von ih- nen mit Bitten bestürmt, diesesmal doch ihren Wein ohne die gewöhnliche Mischung von Wasser zu trinken, sie war aber nicht dazu zu bewegen. Die Ausgelassenheit und der stei- gende Muthwille der beyden fing an sie zu äng- stigen, sie fand jetzt ihr Unternehmen unbeson- nen und riesenhaft kühn; die beyden Männer kamen ihr in ihrer Angst ganz fremd vor, sie erschrack davor, so ganz ihnen überlassen zu seyn; sie konnte sich einen Augenblick lang gar nicht des Verhältnisses erinnern, in dem sie mit ihnen stand, sie bebte, ward blaß. -- Eduard bemerkte ihre Angst. "Was fürchtest du holder Engel! Du bist bey mir, bist mein -- er um-
ſagte Florentin, ich hatte dann auch ſuͤßen Lohn.‟
Sie lagerten ſich um das Tuch und verzehr- ten ihren Vorrath unter froͤhlichen Scherzen, Geſaͤngen und Lachen. Florentin pflegte durch den Wein lebhafter noch und heiterer zu wer- den als gewoͤhnlich, Eduard aber fuͤhlte ſeine Lebensgeiſter leicht durch ihn erhitzt, reizbarer und zugleich ſchwerer; Juliane ward von ih- nen mit Bitten beſtuͤrmt, dieſesmal doch ihren Wein ohne die gewoͤhnliche Miſchung von Waſſer zu trinken, ſie war aber nicht dazu zu bewegen. Die Ausgelaſſenheit und der ſtei- gende Muthwille der beyden fing an ſie zu aͤng- ſtigen, ſie fand jetzt ihr Unternehmen unbeſon- nen und rieſenhaft kuͤhn; die beyden Maͤnner kamen ihr in ihrer Angſt ganz fremd vor, ſie erſchrack davor, ſo ganz ihnen uͤberlaſſen zu ſeyn; ſie konnte ſich einen Augenblick lang gar nicht des Verhaͤltniſſes erinnern, in dem ſie mit ihnen ſtand, ſie bebte, ward blaß. — Eduard bemerkte ihre Angſt. „Was fuͤrchteſt du holder Engel! Du biſt bey mir, biſt mein — er um-
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ſagte Florentin, ich hatte dann auch ſuͤßen
Lohn.‟
Sie lagerten ſich um das Tuch und verzehr-
ten ihren Vorrath unter froͤhlichen Scherzen,
Geſaͤngen und Lachen. Florentin pflegte durch
den Wein lebhafter noch und heiterer zu wer-
den als gewoͤhnlich, Eduard aber fuͤhlte ſeine
Lebensgeiſter leicht durch ihn erhitzt, reizbarer
und zugleich ſchwerer; Juliane ward von ih-
nen mit Bitten beſtuͤrmt, dieſesmal doch ihren
Wein ohne die gewoͤhnliche Miſchung von
Waſſer zu trinken, ſie war aber nicht dazu zu
bewegen. Die Ausgelaſſenheit und der ſtei-
gende Muthwille der beyden fing an ſie zu aͤng-
ſtigen, ſie fand jetzt ihr Unternehmen unbeſon-
nen und rieſenhaft kuͤhn; die beyden Maͤnner
kamen ihr in ihrer Angſt ganz fremd vor, ſie
erſchrack davor, ſo ganz ihnen uͤberlaſſen zu
ſeyn; ſie konnte ſich einen Augenblick lang gar
nicht des Verhaͤltniſſes erinnern, in dem ſie mit
ihnen ſtand, ſie bebte, ward blaß. — Eduard
bemerkte ihre Angſt. „Was fuͤrchteſt du holder
Engel! Du biſt bey mir, biſt mein — er um-
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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/92>, abgerufen am 24.11.2024.
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