Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Zweytes Kapitel.

Florentin war allein; er lehnte sich in ein
Fenster seines Schlafzimmers, aus dem er
die Aussicht über das Dorf nach dem weit
sich hindehnenden fruchtbaren Thale hatte, wo-
durch der Strom sich majestätisch und ruhig
in großen Schwingungen hinwand. Jn grauer
Ferne beschloß das hohe Gebirge den Hori-
zont; das Thal war vom Monde hell erleuch-
tet. Er sah nach den Schatten, die das
Mondlicht bildete, und die in wunderlichen
Gestalten bald hervortraten, dann verschwanden.

So stand er lange wie gedankenvoll, und
dachte doch nichts. Er hatte an diesem Tage so
viel neue Eindrücke empfangen, daß er, wie
berauscht, sich selbst aus den Augen verlohren

Florentin. I. 3
Zweytes Kapitel.

Florentin war allein; er lehnte ſich in ein
Fenſter ſeines Schlafzimmers, aus dem er
die Ausſicht uͤber das Dorf nach dem weit
ſich hindehnenden fruchtbaren Thale hatte, wo-
durch der Strom ſich majeſtaͤtiſch und ruhig
in großen Schwingungen hinwand. Jn grauer
Ferne beſchloß das hohe Gebirge den Hori-
zont; das Thal war vom Monde hell erleuch-
tet. Er ſah nach den Schatten, die das
Mondlicht bildete, und die in wunderlichen
Geſtalten bald hervortraten, dann verſchwanden.

So ſtand er lange wie gedankenvoll, und
dachte doch nichts. Er hatte an dieſem Tage ſo
viel neue Eindruͤcke empfangen, daß er, wie
berauſcht, ſich ſelbſt aus den Augen verlohren

Florentin. I. 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0041" n="[33]"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#g">Zweytes Kapitel.</hi> </head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p><hi rendition="#in">F</hi>lorentin war allein; er lehnte &#x017F;ich in ein<lb/>
Fen&#x017F;ter &#x017F;eines Schlafzimmers, aus dem er<lb/>
die Aus&#x017F;icht u&#x0364;ber das Dorf nach dem weit<lb/>
&#x017F;ich hindehnenden fruchtbaren Thale hatte, wo-<lb/>
durch der Strom &#x017F;ich maje&#x017F;ta&#x0364;ti&#x017F;ch und ruhig<lb/>
in großen Schwingungen hinwand. Jn grauer<lb/>
Ferne be&#x017F;chloß das hohe Gebirge den Hori-<lb/>
zont; das Thal war vom Monde hell erleuch-<lb/>
tet. Er &#x017F;ah nach den Schatten, die das<lb/>
Mondlicht bildete, und die in wunderlichen<lb/>
Ge&#x017F;talten bald hervortraten, dann ver&#x017F;chwanden.</p><lb/>
          <p>So &#x017F;tand er lange wie gedankenvoll, und<lb/>
dachte doch nichts. Er hatte an die&#x017F;em Tage &#x017F;o<lb/>
viel neue Eindru&#x0364;cke empfangen, daß er, wie<lb/>
berau&#x017F;cht, &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t aus den Augen verlohren<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Florentin. <hi rendition="#aq">I.</hi> 3</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[33]/0041] Zweytes Kapitel. Florentin war allein; er lehnte ſich in ein Fenſter ſeines Schlafzimmers, aus dem er die Ausſicht uͤber das Dorf nach dem weit ſich hindehnenden fruchtbaren Thale hatte, wo- durch der Strom ſich majeſtaͤtiſch und ruhig in großen Schwingungen hinwand. Jn grauer Ferne beſchloß das hohe Gebirge den Hori- zont; das Thal war vom Monde hell erleuch- tet. Er ſah nach den Schatten, die das Mondlicht bildete, und die in wunderlichen Geſtalten bald hervortraten, dann verſchwanden. So ſtand er lange wie gedankenvoll, und dachte doch nichts. Er hatte an dieſem Tage ſo viel neue Eindruͤcke empfangen, daß er, wie berauſcht, ſich ſelbſt aus den Augen verlohren Florentin. I. 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/41
Zitationshilfe: Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. [33]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/41>, abgerufen am 23.11.2024.