will oder nicht, gegen gewisse Dinge dieser Art ist man auch ziemlich nachsichtsvoll. -- Jst denn, fing Florentin wieder an, der Gräfin die Menge niemals lästig? sehnt sie sich nie- mals nach einer einsamen Stille? Jm Garten, dächte ich, müßte man diese gern suchen. -- Nein, sie liebt es, grade hier viel fröhliche Menschen zu sehen und zu begegnen. Recht einsam, sagt sie, bin ich doch nur in meinem Zimmer; die Häuser sind ursprünglich erfunden, sich von den andern abzusondern. Was mich im Freyen umgiebt, was ich dort sehe und em- pfinde, läßt mich von selbst nicht einsam seyn. Der Aufenthalt im Freyen, sagte sie auch ein- mal, hätte für sie eine gewisse Zauberkraft; die Geliebten stehen ihr hier näher und die Be- schwerlichen entfernter. -- Das heißt, unter- brach sie der Rittmeister: die alte Dame braucht Gesellschaft. Sie selber hat weder zu verlieren noch zu fürchten, wenn der Garten von Men- schen allerley Art wimmelt, und für die jungen Damen im Gefolg ist es sehr erwünscht. -- O Walter! Sie wissen nicht was Sie sprechen, rief Betty aus. -- O Betty! rief er, sie pa-
will oder nicht, gegen gewiſſe Dinge dieſer Art iſt man auch ziemlich nachſichtsvoll. — Jſt denn, fing Florentin wieder an, der Graͤfin die Menge niemals laͤſtig? ſehnt ſie ſich nie- mals nach einer einſamen Stille? Jm Garten, daͤchte ich, muͤßte man dieſe gern ſuchen. — Nein, ſie liebt es, grade hier viel froͤhliche Menſchen zu ſehen und zu begegnen. Recht einſam, ſagt ſie, bin ich doch nur in meinem Zimmer; die Haͤuſer ſind urſpruͤnglich erfunden, ſich von den andern abzuſondern. Was mich im Freyen umgiebt, was ich dort ſehe und em- pfinde, laͤßt mich von ſelbſt nicht einſam ſeyn. Der Aufenthalt im Freyen, ſagte ſie auch ein- mal, haͤtte fuͤr ſie eine gewiſſe Zauberkraft; die Geliebten ſtehen ihr hier naͤher und die Be- ſchwerlichen entfernter. — Das heißt, unter- brach ſie der Rittmeiſter: die alte Dame braucht Geſellſchaft. Sie ſelber hat weder zu verlieren noch zu fuͤrchten, wenn der Garten von Men- ſchen allerley Art wimmelt, und fuͤr die jungen Damen im Gefolg iſt es ſehr erwuͤnſcht. — O Walter! Sie wiſſen nicht was Sie ſprechen, rief Betty aus. — O Betty! rief er, ſie pa-
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will oder nicht, gegen gewiſſe Dinge dieſer Art
iſt man auch ziemlich nachſichtsvoll. — Jſt
denn, fing Florentin wieder an, der Graͤfin
die Menge niemals laͤſtig? ſehnt ſie ſich nie-
mals nach einer einſamen Stille? Jm Garten,
daͤchte ich, muͤßte man dieſe gern ſuchen. —
Nein, ſie liebt es, grade hier viel froͤhliche
Menſchen zu ſehen und zu begegnen. Recht
einſam, ſagt ſie, bin ich doch nur in meinem
Zimmer; die Haͤuſer ſind urſpruͤnglich erfunden,
ſich von den andern abzuſondern. Was mich
im Freyen umgiebt, was ich dort ſehe und em-
pfinde, laͤßt mich von ſelbſt nicht einſam ſeyn.
Der Aufenthalt im Freyen, ſagte ſie auch ein-
mal, haͤtte fuͤr ſie eine gewiſſe Zauberkraft;
die Geliebten ſtehen ihr hier naͤher und die Be-
ſchwerlichen entfernter. — Das heißt, unter-
brach ſie der Rittmeiſter: die alte Dame braucht
Geſellſchaft. Sie ſelber hat weder zu verlieren
noch zu fuͤrchten, wenn der Garten von Men-
ſchen allerley Art wimmelt, und fuͤr die jungen
Damen im Gefolg iſt es ſehr erwuͤnſcht. —
O Walter! Sie wiſſen nicht was Sie ſprechen,
rief Betty aus. — O Betty! rief er, ſie pa-
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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/390>, abgerufen am 28.09.2024.
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