Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.mehr dem Leben dieser Erde zu gehören. Aus Florentin konnte die seinigen nicht von ihr Nach einer kurzen feyerlichen Stille erschol- mehr dem Leben dieſer Erde zu gehoͤren. Aus Florentin konnte die ſeinigen nicht von ihr Nach einer kurzen feyerlichen Stille erſchol- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0380" n="372"/> mehr dem Leben dieſer Erde zu gehoͤren. Aus<lb/> dieſen Zuͤgen ſchien das Leben entwichen und<lb/> ganz nach den großen Augen entflohen zu ſeyn,<lb/> die in ihrem ſchwarzen naͤchtlichen Glanze, wenn<lb/> ſie ſie langſam erhob, wie einſame Sterne<lb/> durch den umwoͤlkten Himmel funkelten.</p><lb/> <p>Florentin konnte die ſeinigen nicht von ihr<lb/> abwenden, ſie bemerkte ihn aber nicht, war<lb/> auch uͤberhaupt bloß mit den Blaͤttern beſchaͤf-<lb/> tigt und ſah ſich nach niemand um. Jndem er<lb/> ſie aber immer ſchaͤrfer anſah, duͤnkten ihm ihre<lb/> Zuͤge je laͤnger je mehr bekannt. Die Sce-<lb/> nen ſeiner Kindheit wurden wieder lebendig vor<lb/> ihm; die Erinnerung an Manfredi draͤngte ſich<lb/> ihm beſonders wieder auf, und alle Begeben-<lb/> heiten jener Zeit.</p><lb/> <p>Nach einer kurzen feyerlichen Stille erſchol-<lb/> len wie vom Himmel nieder die Stimmen der<lb/> unſichtbaren Saͤnger! Begleitet von den Toͤ-<lb/> nen der allmaͤchtigen Orgel, ſchwoll der Geſang<lb/> des heiligen Chorals in tief ausſtroͤmenden Ac-<lb/> centen, waͤlzte ſich an der hohen Kuppel hinauf,<lb/> und zog die Andacht des tiefſten Herzens wie<lb/> in einer Weihrauchſaͤule mit ſich zum Himmel<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [372/0380]
mehr dem Leben dieſer Erde zu gehoͤren. Aus
dieſen Zuͤgen ſchien das Leben entwichen und
ganz nach den großen Augen entflohen zu ſeyn,
die in ihrem ſchwarzen naͤchtlichen Glanze, wenn
ſie ſie langſam erhob, wie einſame Sterne
durch den umwoͤlkten Himmel funkelten.
Florentin konnte die ſeinigen nicht von ihr
abwenden, ſie bemerkte ihn aber nicht, war
auch uͤberhaupt bloß mit den Blaͤttern beſchaͤf-
tigt und ſah ſich nach niemand um. Jndem er
ſie aber immer ſchaͤrfer anſah, duͤnkten ihm ihre
Zuͤge je laͤnger je mehr bekannt. Die Sce-
nen ſeiner Kindheit wurden wieder lebendig vor
ihm; die Erinnerung an Manfredi draͤngte ſich
ihm beſonders wieder auf, und alle Begeben-
heiten jener Zeit.
Nach einer kurzen feyerlichen Stille erſchol-
len wie vom Himmel nieder die Stimmen der
unſichtbaren Saͤnger! Begleitet von den Toͤ-
nen der allmaͤchtigen Orgel, ſchwoll der Geſang
des heiligen Chorals in tief ausſtroͤmenden Ac-
centen, waͤlzte ſich an der hohen Kuppel hinauf,
und zog die Andacht des tiefſten Herzens wie
in einer Weihrauchſaͤule mit ſich zum Himmel
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