es geschieht. Die freudige, glückliche Eleonore macht um sich her alles glücklich. Sie sammelt die Freuden des Lebens, um sie wieder zu spen- den. Die erhabene, unglückliche Clementine haucht ihren eignen Schmerz in göttliche Har- monieen aus, und fühlt die Schmerzen der an- dern tiefer, um Trost und Hülfe zu verleihen. Die Liebe ist es und nichts als diese, die hier tröftet, wie sie dort vergnügt. Es scheint die Tugend der weiblichen Langmuth immer mit ru- higer Heiterkeit die Folgen des bösen Princips unschädlich zu machen; sich ihm vernichtend ent- gegen zu stellen ist mehr die unsrige. Jst unser Bestreben auch größer, so ist ihr Gelingen desto sicherer! --
Der Doktor hatte Florentin mit großem Vergnügen eigentlich mehr sprechen sehen, als zugehört; denn so wenig auffallend Florentin gewöhnlich erschien, so wuchs der Ausdruck sei- ner Gestalt bis zur Schönheit, wenn er im Feuer der Rede sich selbst und alles um sich her zu vergessen schien. -- Sie sollten uns nicht so bald wieder verlassen, sagte er; Sie
es geſchieht. Die freudige, gluͤckliche Eleonore macht um ſich her alles gluͤcklich. Sie ſammelt die Freuden des Lebens, um ſie wieder zu ſpen- den. Die erhabene, ungluͤckliche Clementine haucht ihren eignen Schmerz in goͤttliche Har- monieen aus, und fuͤhlt die Schmerzen der an- dern tiefer, um Troſt und Huͤlfe zu verleihen. Die Liebe iſt es und nichts als dieſe, die hier troͤftet, wie ſie dort vergnuͤgt. Es ſcheint die Tugend der weiblichen Langmuth immer mit ru- higer Heiterkeit die Folgen des boͤſen Princips unſchaͤdlich zu machen; ſich ihm vernichtend ent- gegen zu ſtellen iſt mehr die unſrige. Jſt unſer Beſtreben auch groͤßer, ſo iſt ihr Gelingen deſto ſicherer! —
Der Doktor hatte Florentin mit großem Vergnuͤgen eigentlich mehr ſprechen ſehen, als zugehoͤrt; denn ſo wenig auffallend Florentin gewoͤhnlich erſchien, ſo wuchs der Ausdruck ſei- ner Geſtalt bis zur Schoͤnheit, wenn er im Feuer der Rede ſich ſelbſt und alles um ſich her zu vergeſſen ſchien. — Sie ſollten uns nicht ſo bald wieder verlaſſen, ſagte er; Sie
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es geſchieht. Die freudige, gluͤckliche Eleonore
macht um ſich her alles gluͤcklich. Sie ſammelt
die Freuden des Lebens, um ſie wieder zu ſpen-
den. Die erhabene, ungluͤckliche Clementine
haucht ihren eignen Schmerz in goͤttliche Har-
monieen aus, und fuͤhlt die Schmerzen der an-
dern tiefer, um Troſt und Huͤlfe zu verleihen.
Die Liebe iſt es und nichts als dieſe, die hier
troͤftet, wie ſie dort vergnuͤgt. Es ſcheint die
Tugend der weiblichen Langmuth immer mit ru-
higer Heiterkeit die Folgen des boͤſen Princips
unſchaͤdlich zu machen; ſich ihm vernichtend ent-
gegen zu ſtellen iſt mehr die unſrige. Jſt unſer
Beſtreben auch groͤßer, ſo iſt ihr Gelingen deſto
ſicherer! —
Der Doktor hatte Florentin mit großem
Vergnuͤgen eigentlich mehr ſprechen ſehen, als
zugehoͤrt; denn ſo wenig auffallend Florentin
gewoͤhnlich erſchien, ſo wuchs der Ausdruck ſei-
ner Geſtalt bis zur Schoͤnheit, wenn er im
Feuer der Rede ſich ſelbſt und alles um ſich
her zu vergeſſen ſchien. — Sie ſollten uns
nicht ſo bald wieder verlaſſen, ſagte er; Sie
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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/352>, abgerufen am 22.11.2024.
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