Fee aller schönen lieblichen Kinder; sie schenkt den unglücklichen, mitleidswürdigen noch eine besondere thätige Aufmerksamkeit. Es war ihr nemlich nicht entgangen, daß die gerin- gere Klasse der Eltern nur wenig Sorgfalt auf ihre kranken Kinder zu wenden vermag; daß aus Mangel an der nothwendigen War- tung eine große Menge davon sterben, oft als Krüppel ein höchst elendes Leben fort- schleppen müssen, den Eltern eine Last, und von diesen dafür verachtet und schlecht behan- delt werden. Das Elend selbst muß ihnen ein Nahrungszweig werden, indem sie es vorzei- gen, um das Mitleid andrer zu erregen, und sich selbst immer mehr dargegen abstumpfen. Denken Sie sich, wie diese Vorstellungen eine Seele wie die ihrige erschüttern mußten! Jch sah sie in der gewaltsamsten Anstrengung, bis es ihr gelang, zu helfen, so weit menschliche Hülfe reicht.
Den Garten der Gräfin begrenzt ein See -- Jch sah ihn diesen Morgen. Kleine Häuser, Felder und Gärten umgeben ihn. --
Fee aller ſchoͤnen lieblichen Kinder; ſie ſchenkt den ungluͤcklichen, mitleidswuͤrdigen noch eine beſondere thaͤtige Aufmerkſamkeit. Es war ihr nemlich nicht entgangen, daß die gerin- gere Klaſſe der Eltern nur wenig Sorgfalt auf ihre kranken Kinder zu wenden vermag; daß aus Mangel an der nothwendigen War- tung eine große Menge davon ſterben, oft als Kruͤppel ein hoͤchſt elendes Leben fort- ſchleppen muͤſſen, den Eltern eine Laſt, und von dieſen dafuͤr verachtet und ſchlecht behan- delt werden. Das Elend ſelbſt muß ihnen ein Nahrungszweig werden, indem ſie es vorzei- gen, um das Mitleid andrer zu erregen, und ſich ſelbſt immer mehr dargegen abſtumpfen. Denken Sie ſich, wie dieſe Vorſtellungen eine Seele wie die ihrige erſchuͤttern mußten! Jch ſah ſie in der gewaltſamſten Anſtrengung, bis es ihr gelang, zu helfen, ſo weit menſchliche Huͤlfe reicht.
Den Garten der Graͤfin begrenzt ein See — Jch ſah ihn dieſen Morgen. Kleine Haͤuſer, Felder und Gaͤrten umgeben ihn. —
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Fee aller ſchoͤnen lieblichen Kinder; ſie ſchenkt
den ungluͤcklichen, mitleidswuͤrdigen noch eine
beſondere thaͤtige Aufmerkſamkeit. Es war
ihr nemlich nicht entgangen, daß die gerin-
gere Klaſſe der Eltern nur wenig Sorgfalt
auf ihre kranken Kinder zu wenden vermag;
daß aus Mangel an der nothwendigen War-
tung eine große Menge davon ſterben, oft
als Kruͤppel ein hoͤchſt elendes Leben fort-
ſchleppen muͤſſen, den Eltern eine Laſt, und
von dieſen dafuͤr verachtet und ſchlecht behan-
delt werden. Das Elend ſelbſt muß ihnen ein
Nahrungszweig werden, indem ſie es vorzei-
gen, um das Mitleid andrer zu erregen, und
ſich ſelbſt immer mehr dargegen abſtumpfen.
Denken Sie ſich, wie dieſe Vorſtellungen eine
Seele wie die ihrige erſchuͤttern mußten! Jch
ſah ſie in der gewaltſamſten Anſtrengung, bis
es ihr gelang, zu helfen, ſo weit menſchliche
Huͤlfe reicht.
Den Garten der Graͤfin begrenzt ein
See — Jch ſah ihn dieſen Morgen. Kleine
Haͤuſer, Felder und Gaͤrten umgeben ihn. —
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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/343>, abgerufen am 25.11.2024.
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