noch heimlich; außer daß sie die Vermäh- lung noch lange aufgeschoben hat, damit Betty Zeit habe, ihren Jrrthum gewahr zu werden. Auch dann noch, wenn sie viel- leicht zu spät zurück kommt, darf sie gewiß seyn, Hülfe und Schutz bey ihr zu finden, so bald sie ihn bedarf und sucht; denn nie legt sie dem Jrrthum eine härtere Stra- fe auf, als den er selbst mit sich führt, und auch diese bemüht sie sich, auf jede Weise zu lindern Sie hätte es wohl ge- wünscht, mich mit Bettys Hand beglücken zu können, da es aber meiner innigen treuen Liebe nicht gelang, so hält sie mit Recht jedes andre Mittel, sie dazu zu bewegen, für unerlaubt und unwürdig. Sie deren große Seele jeden Schmerz mit geprüfter Stand- haftigkeit trägt, vermag nie andern ir- gend eine unangenehme Empfindung zu ver- ursachen; sie findet es bey ihrer Reizbarkeit immer noch leichter selbst zu dulden, als andre dulden zu sehen; auch findet sie in ihrem Geist, und ihrer Religion, Kraft
noch heimlich; außer daß ſie die Vermaͤh- lung noch lange aufgeſchoben hat, damit Betty Zeit habe, ihren Jrrthum gewahr zu werden. Auch dann noch, wenn ſie viel- leicht zu ſpaͤt zuruͤck kommt, darf ſie gewiß ſeyn, Huͤlfe und Schutz bey ihr zu finden, ſo bald ſie ihn bedarf und ſucht; denn nie legt ſie dem Jrrthum eine haͤrtere Stra- fe auf, als den er ſelbſt mit ſich fuͤhrt, und auch dieſe bemuͤht ſie ſich, auf jede Weiſe zu lindern Sie haͤtte es wohl ge- wuͤnſcht, mich mit Bettys Hand begluͤcken zu koͤnnen, da es aber meiner innigen treuen Liebe nicht gelang, ſo haͤlt ſie mit Recht jedes andre Mittel, ſie dazu zu bewegen, fuͤr unerlaubt und unwuͤrdig. Sie deren große Seele jeden Schmerz mit gepruͤfter Stand- haftigkeit traͤgt, vermag nie andern ir- gend eine unangenehme Empfindung zu ver- urſachen; ſie findet es bey ihrer Reizbarkeit immer noch leichter ſelbſt zu dulden, als andre dulden zu ſehen; auch findet ſie in ihrem Geiſt, und ihrer Religion, Kraft
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0340"n="332"/>
noch heimlich; außer daß ſie die Vermaͤh-<lb/>
lung noch lange aufgeſchoben hat, damit<lb/>
Betty Zeit habe, ihren Jrrthum gewahr<lb/>
zu werden. Auch dann noch, wenn ſie viel-<lb/>
leicht zu ſpaͤt zuruͤck kommt, darf ſie gewiß<lb/>ſeyn, Huͤlfe und Schutz bey ihr zu finden,<lb/>ſo bald ſie ihn bedarf und ſucht; denn<lb/>
nie legt ſie dem Jrrthum eine haͤrtere Stra-<lb/>
fe auf, als den er ſelbſt mit ſich fuͤhrt,<lb/>
und auch dieſe bemuͤht ſie ſich, auf jede<lb/>
Weiſe zu lindern Sie haͤtte es wohl ge-<lb/>
wuͤnſcht, mich mit Bettys Hand begluͤcken<lb/>
zu koͤnnen, da es aber meiner innigen treuen<lb/>
Liebe nicht gelang, ſo haͤlt ſie mit Recht<lb/>
jedes andre Mittel, ſie dazu zu bewegen, fuͤr<lb/>
unerlaubt und unwuͤrdig. Sie deren große<lb/>
Seele jeden Schmerz mit gepruͤfter Stand-<lb/>
haftigkeit traͤgt, vermag nie andern ir-<lb/>
gend eine unangenehme Empfindung zu ver-<lb/>
urſachen; ſie findet es bey ihrer Reizbarkeit<lb/>
immer noch leichter ſelbſt zu dulden, als<lb/>
andre dulden zu ſehen; auch findet ſie in<lb/>
ihrem Geiſt, und ihrer Religion, Kraft<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[332/0340]
noch heimlich; außer daß ſie die Vermaͤh-
lung noch lange aufgeſchoben hat, damit
Betty Zeit habe, ihren Jrrthum gewahr
zu werden. Auch dann noch, wenn ſie viel-
leicht zu ſpaͤt zuruͤck kommt, darf ſie gewiß
ſeyn, Huͤlfe und Schutz bey ihr zu finden,
ſo bald ſie ihn bedarf und ſucht; denn
nie legt ſie dem Jrrthum eine haͤrtere Stra-
fe auf, als den er ſelbſt mit ſich fuͤhrt,
und auch dieſe bemuͤht ſie ſich, auf jede
Weiſe zu lindern Sie haͤtte es wohl ge-
wuͤnſcht, mich mit Bettys Hand begluͤcken
zu koͤnnen, da es aber meiner innigen treuen
Liebe nicht gelang, ſo haͤlt ſie mit Recht
jedes andre Mittel, ſie dazu zu bewegen, fuͤr
unerlaubt und unwuͤrdig. Sie deren große
Seele jeden Schmerz mit gepruͤfter Stand-
haftigkeit traͤgt, vermag nie andern ir-
gend eine unangenehme Empfindung zu ver-
urſachen; ſie findet es bey ihrer Reizbarkeit
immer noch leichter ſelbſt zu dulden, als
andre dulden zu ſehen; auch findet ſie in
ihrem Geiſt, und ihrer Religion, Kraft
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/340>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.