der Bräutigam! dachte er im Hinuntergehen, und wie es scheint, wenig geliebt, und noch weit weniger liebenswürdig. Arme Kleine! wahrscheinlich wirst du diesen einzigen muth- willigen Augenblick durch eine Reihe von un- angenehmen zu büßen haben! Laß sehen, viel- leicht gelingt es mir, sie dir zu ersparen, es gelingt mir vielleicht, diesen Drachen zu zäh- men. --
Er ging denselben Weg mit ihm und re- dete ihn einigewal freundlich an, wurde aber mit kurzen Antworten abgefertigt, bis er es wie absichtslos fallen ließ, daß er höchstens noch einen Tag in der Stadt zu bleiben ge- dächte. Sogleich nahm der Rittmeister mehr Antheil an ihm, und erbot sich, ihm noch vor dem Mittagsessen einige Merkwürdigkei- ten der Stadt zu zeigen: unser Florentin nahm es an. Diese Merkwürdigkeiten bestanden nun in allerley Dingen, die (was sich der Ritt- meister nicht träumen ließ) für Florentin we- der merkwürdig noch erfreulich waren; zuletzt wurde dann mit einigen andern jungen Leu-
(21) 2
der Braͤutigam! dachte er im Hinuntergehen, und wie es ſcheint, wenig geliebt, und noch weit weniger liebenswuͤrdig. Arme Kleine! wahrſcheinlich wirſt du dieſen einzigen muth- willigen Augenblick durch eine Reihe von un- angenehmen zu buͤßen haben! Laß ſehen, viel- leicht gelingt es mir, ſie dir zu erſparen, es gelingt mir vielleicht, dieſen Drachen zu zaͤh- men. —
Er ging denſelben Weg mit ihm und re- dete ihn einigewal freundlich an, wurde aber mit kurzen Antworten abgefertigt, bis er es wie abſichtslos fallen ließ, daß er hoͤchſtens noch einen Tag in der Stadt zu bleiben ge- daͤchte. Sogleich nahm der Rittmeiſter mehr Antheil an ihm, und erbot ſich, ihm noch vor dem Mittagseſſen einige Merkwuͤrdigkei- ten der Stadt zu zeigen: unſer Florentin nahm es an. Dieſe Merkwuͤrdigkeiten beſtanden nun in allerley Dingen, die (was ſich der Ritt- meiſter nicht traͤumen ließ) fuͤr Florentin we- der merkwuͤrdig noch erfreulich waren; zuletzt wurde dann mit einigen andern jungen Leu-
(21) 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0331"n="323"/>
der Braͤutigam! dachte er im Hinuntergehen,<lb/>
und wie es ſcheint, wenig geliebt, und noch<lb/>
weit weniger liebenswuͤrdig. Arme Kleine!<lb/>
wahrſcheinlich wirſt du dieſen einzigen muth-<lb/>
willigen Augenblick durch eine Reihe von un-<lb/>
angenehmen zu buͤßen haben! Laß ſehen, viel-<lb/>
leicht gelingt es mir, ſie dir zu erſparen, es<lb/>
gelingt mir vielleicht, dieſen Drachen zu zaͤh-<lb/>
men. —</p><lb/><p>Er ging denſelben Weg mit ihm und re-<lb/>
dete ihn einigewal freundlich an, wurde aber<lb/>
mit kurzen Antworten abgefertigt, bis er es<lb/>
wie abſichtslos fallen ließ, daß er hoͤchſtens<lb/>
noch einen Tag in der Stadt zu bleiben ge-<lb/>
daͤchte. Sogleich nahm der Rittmeiſter mehr<lb/>
Antheil an ihm, und erbot ſich, ihm noch<lb/>
vor dem Mittagseſſen einige Merkwuͤrdigkei-<lb/>
ten der Stadt zu zeigen: unſer Florentin nahm<lb/>
es an. Dieſe Merkwuͤrdigkeiten beſtanden nun<lb/>
in allerley Dingen, die (was ſich der Ritt-<lb/>
meiſter nicht traͤumen ließ) fuͤr Florentin we-<lb/>
der merkwuͤrdig noch erfreulich waren; zuletzt<lb/>
wurde dann mit einigen andern jungen Leu-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">(21) 2</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[323/0331]
der Braͤutigam! dachte er im Hinuntergehen,
und wie es ſcheint, wenig geliebt, und noch
weit weniger liebenswuͤrdig. Arme Kleine!
wahrſcheinlich wirſt du dieſen einzigen muth-
willigen Augenblick durch eine Reihe von un-
angenehmen zu buͤßen haben! Laß ſehen, viel-
leicht gelingt es mir, ſie dir zu erſparen, es
gelingt mir vielleicht, dieſen Drachen zu zaͤh-
men. —
Er ging denſelben Weg mit ihm und re-
dete ihn einigewal freundlich an, wurde aber
mit kurzen Antworten abgefertigt, bis er es
wie abſichtslos fallen ließ, daß er hoͤchſtens
noch einen Tag in der Stadt zu bleiben ge-
daͤchte. Sogleich nahm der Rittmeiſter mehr
Antheil an ihm, und erbot ſich, ihm noch
vor dem Mittagseſſen einige Merkwuͤrdigkei-
ten der Stadt zu zeigen: unſer Florentin nahm
es an. Dieſe Merkwuͤrdigkeiten beſtanden nun
in allerley Dingen, die (was ſich der Ritt-
meiſter nicht traͤumen ließ) fuͤr Florentin we-
der merkwuͤrdig noch erfreulich waren; zuletzt
wurde dann mit einigen andern jungen Leu-
(21) 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/331>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.