aufgesteckt; feine goldne Kettchen zierten Hals und Arme, auf dem schönen Busen wiegte sich ein Stern von Diamanten. So schweb- te sie aus dem Schatten der Bäume hervor, herrlich geschmückt, doch leicht und kunstlos. Augen und Herzen flogen ihr entgegen. Ei- ne selige Heiterkeit verklärte ihr Gesicht beym Anblick der frohen Menge. Jhre Eltern an der andern Seite des Platzes erblickend, wollte sie sogleich zu ihnen herüberfliegen; ihre eiligen Schritte aber wurden von Kin- dern gehemmt, welche sie mit Blumenketten umgaben und fest hielten; zugleich näherte sich ihr mit Gesang der Trupp junger Mäd- chen. Sie hob Theresen zu sich hinauf, küßte sie, und ließ sich den blühenden Kranz von ihr auf die Locken drücken. Mit nassen Au- gen lächelte sie beym Gesang der Mädchen, die einen Korb mit den schönsten Blumen zu ihren Füßen niedersetzten. Kaum hatte sie sich in den Armen ihrer Eltern von der freu- digen Rührung erholt, als die beyden Kna- ben, Julianens Brüder, einen kleinen Wa-
aufgeſteckt; feine goldne Kettchen zierten Hals und Arme, auf dem ſchoͤnen Buſen wiegte ſich ein Stern von Diamanten. So ſchweb- te ſie aus dem Schatten der Baͤume hervor, herrlich geſchmuͤckt, doch leicht und kunſtlos. Augen und Herzen flogen ihr entgegen. Ei- ne ſelige Heiterkeit verklaͤrte ihr Geſicht beym Anblick der frohen Menge. Jhre Eltern an der andern Seite des Platzes erblickend, wollte ſie ſogleich zu ihnen heruͤberfliegen; ihre eiligen Schritte aber wurden von Kin- dern gehemmt, welche ſie mit Blumenketten umgaben und feſt hielten; zugleich naͤherte ſich ihr mit Geſang der Trupp junger Maͤd- chen. Sie hob Thereſen zu ſich hinauf, kuͤßte ſie, und ließ ſich den bluͤhenden Kranz von ihr auf die Locken druͤcken. Mit naſſen Au- gen laͤchelte ſie beym Geſang der Maͤdchen, die einen Korb mit den ſchoͤnſten Blumen zu ihren Fuͤßen niederſetzten. Kaum hatte ſie ſich in den Armen ihrer Eltern von der freu- digen Ruͤhrung erholt, als die beyden Kna- ben, Julianens Bruͤder, einen kleinen Wa-
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aufgeſteckt; feine goldne Kettchen zierten Hals
und Arme, auf dem ſchoͤnen Buſen wiegte
ſich ein Stern von Diamanten. So ſchweb-
te ſie aus dem Schatten der Baͤume hervor,
herrlich geſchmuͤckt, doch leicht und kunſtlos.
Augen und Herzen flogen ihr entgegen. Ei-
ne ſelige Heiterkeit verklaͤrte ihr Geſicht beym
Anblick der frohen Menge. Jhre Eltern an
der andern Seite des Platzes erblickend,
wollte ſie ſogleich zu ihnen heruͤberfliegen;
ihre eiligen Schritte aber wurden von Kin-
dern gehemmt, welche ſie mit Blumenketten
umgaben und feſt hielten; zugleich naͤherte
ſich ihr mit Geſang der Trupp junger Maͤd-
chen. Sie hob Thereſen zu ſich hinauf, kuͤßte
ſie, und ließ ſich den bluͤhenden Kranz von
ihr auf die Locken druͤcken. Mit naſſen Au-
gen laͤchelte ſie beym Geſang der Maͤdchen,
die einen Korb mit den ſchoͤnſten Blumen zu
ihren Fuͤßen niederſetzten. Kaum hatte ſie
ſich in den Armen ihrer Eltern von der freu-
digen Ruͤhrung erholt, als die beyden Kna-
ben, Julianens Bruͤder, einen kleinen Wa-
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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/301>, abgerufen am 25.11.2024.
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