meister noch ein Weilchen fort, zur großen Belustigung der Gesellschaft, die über diesen Freund der Kultur sich nur mit Mühe das laute Lachen enthielt. Eleonore mußte einige- mal das Gesicht wegwenden; der Graf ver- suchte es, ihn zu unterbrechen, und ein ande- res Gespräch auf die Bahn zu bringen, aber das ging nicht so leicht. Er kramte mit gro- ßem Eifer alles durch einander aus, und schwieg nicht eher, bis man zu Tische ging, wo er sich dann wieder beruhigte. Beym Anblick der mannichfaltigen Flaschen ward er vollends wieder friedlich und freundlich ge- sinnt, vergaß Kultur, Oekonomie und Mo- ralität, ließ es sich trefflich schmecken, und prüfte so lange die einheimischen und fremden Weine gegen einander, bis man ihn nach ei- nem andern Zimmer führte, wo er den Rest des Tages ruhig verschlief.
Wie gefällt Dir die herrliche Karikatur? fragte Eduard. -- Dieses ist einer der um- fassendsten Geister, die es gibt, erwiederte Flo- rentin; er vereinigt in sich alle die Narrheiten,
meiſter noch ein Weilchen fort, zur großen Beluſtigung der Geſellſchaft, die uͤber dieſen Freund der Kultur ſich nur mit Muͤhe das laute Lachen enthielt. Eleonore mußte einige- mal das Geſicht wegwenden; der Graf ver- ſuchte es, ihn zu unterbrechen, und ein ande- res Geſpraͤch auf die Bahn zu bringen, aber das ging nicht ſo leicht. Er kramte mit gro- ßem Eifer alles durch einander aus, und ſchwieg nicht eher, bis man zu Tiſche ging, wo er ſich dann wieder beruhigte. Beym Anblick der mannichfaltigen Flaſchen ward er vollends wieder friedlich und freundlich ge- ſinnt, vergaß Kultur, Oekonomie und Mo- ralitaͤt, ließ es ſich trefflich ſchmecken, und pruͤfte ſo lange die einheimiſchen und fremden Weine gegen einander, bis man ihn nach ei- nem andern Zimmer fuͤhrte, wo er den Reſt des Tages ruhig verſchlief.
Wie gefaͤllt Dir die herrliche Karikatur? fragte Eduard. — Dieſes iſt einer der um- faſſendſten Geiſter, die es gibt, erwiederte Flo- rentin; er vereinigt in ſich alle die Narrheiten,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0280"n="272"/>
meiſter noch ein Weilchen fort, zur großen<lb/>
Beluſtigung der Geſellſchaft, die uͤber dieſen<lb/>
Freund der Kultur ſich nur mit Muͤhe das<lb/>
laute Lachen enthielt. Eleonore mußte einige-<lb/>
mal das Geſicht wegwenden; der Graf ver-<lb/>ſuchte es, ihn zu unterbrechen, und ein ande-<lb/>
res Geſpraͤch auf die Bahn zu bringen, aber<lb/>
das ging nicht ſo leicht. Er kramte mit gro-<lb/>
ßem Eifer alles durch einander aus, und<lb/>ſchwieg nicht eher, bis man zu Tiſche ging,<lb/>
wo er ſich dann wieder beruhigte. Beym<lb/>
Anblick der mannichfaltigen Flaſchen ward er<lb/>
vollends wieder friedlich und freundlich ge-<lb/>ſinnt, vergaß Kultur, Oekonomie und Mo-<lb/>
ralitaͤt, ließ es ſich trefflich ſchmecken, und<lb/>
pruͤfte ſo lange die einheimiſchen und fremden<lb/>
Weine gegen einander, bis man ihn nach ei-<lb/>
nem andern Zimmer fuͤhrte, wo er den Reſt<lb/>
des Tages ruhig verſchlief.</p><lb/><p>Wie gefaͤllt Dir die herrliche Karikatur?<lb/>
fragte Eduard. — Dieſes iſt einer der um-<lb/>
faſſendſten Geiſter, die es gibt, erwiederte Flo-<lb/>
rentin; er vereinigt in ſich alle die Narrheiten,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[272/0280]
meiſter noch ein Weilchen fort, zur großen
Beluſtigung der Geſellſchaft, die uͤber dieſen
Freund der Kultur ſich nur mit Muͤhe das
laute Lachen enthielt. Eleonore mußte einige-
mal das Geſicht wegwenden; der Graf ver-
ſuchte es, ihn zu unterbrechen, und ein ande-
res Geſpraͤch auf die Bahn zu bringen, aber
das ging nicht ſo leicht. Er kramte mit gro-
ßem Eifer alles durch einander aus, und
ſchwieg nicht eher, bis man zu Tiſche ging,
wo er ſich dann wieder beruhigte. Beym
Anblick der mannichfaltigen Flaſchen ward er
vollends wieder friedlich und freundlich ge-
ſinnt, vergaß Kultur, Oekonomie und Mo-
ralitaͤt, ließ es ſich trefflich ſchmecken, und
pruͤfte ſo lange die einheimiſchen und fremden
Weine gegen einander, bis man ihn nach ei-
nem andern Zimmer fuͤhrte, wo er den Reſt
des Tages ruhig verſchlief.
Wie gefaͤllt Dir die herrliche Karikatur?
fragte Eduard. — Dieſes iſt einer der um-
faſſendſten Geiſter, die es gibt, erwiederte Flo-
rentin; er vereinigt in ſich alle die Narrheiten,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/280>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.