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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.

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meister noch ein Weilchen fort, zur großen
Belustigung der Gesellschaft, die über diesen
Freund der Kultur sich nur mit Mühe das
laute Lachen enthielt. Eleonore mußte einige-
mal das Gesicht wegwenden; der Graf ver-
suchte es, ihn zu unterbrechen, und ein ande-
res Gespräch auf die Bahn zu bringen, aber
das ging nicht so leicht. Er kramte mit gro-
ßem Eifer alles durch einander aus, und
schwieg nicht eher, bis man zu Tische ging,
wo er sich dann wieder beruhigte. Beym
Anblick der mannichfaltigen Flaschen ward er
vollends wieder friedlich und freundlich ge-
sinnt, vergaß Kultur, Oekonomie und Mo-
ralität, ließ es sich trefflich schmecken, und
prüfte so lange die einheimischen und fremden
Weine gegen einander, bis man ihn nach ei-
nem andern Zimmer führte, wo er den Rest
des Tages ruhig verschlief.

Wie gefällt Dir die herrliche Karikatur?
fragte Eduard. -- Dieses ist einer der um-
fassendsten Geister, die es gibt, erwiederte Flo-
rentin; er vereinigt in sich alle die Narrheiten,

meiſter noch ein Weilchen fort, zur großen
Beluſtigung der Geſellſchaft, die uͤber dieſen
Freund der Kultur ſich nur mit Muͤhe das
laute Lachen enthielt. Eleonore mußte einige-
mal das Geſicht wegwenden; der Graf ver-
ſuchte es, ihn zu unterbrechen, und ein ande-
res Geſpraͤch auf die Bahn zu bringen, aber
das ging nicht ſo leicht. Er kramte mit gro-
ßem Eifer alles durch einander aus, und
ſchwieg nicht eher, bis man zu Tiſche ging,
wo er ſich dann wieder beruhigte. Beym
Anblick der mannichfaltigen Flaſchen ward er
vollends wieder friedlich und freundlich ge-
ſinnt, vergaß Kultur, Oekonomie und Mo-
ralitaͤt, ließ es ſich trefflich ſchmecken, und
pruͤfte ſo lange die einheimiſchen und fremden
Weine gegen einander, bis man ihn nach ei-
nem andern Zimmer fuͤhrte, wo er den Reſt
des Tages ruhig verſchlief.

Wie gefaͤllt Dir die herrliche Karikatur?
fragte Eduard. — Dieſes iſt einer der um-
faſſendſten Geiſter, die es gibt, erwiederte Flo-
rentin; er vereinigt in ſich alle die Narrheiten,

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[272/0280] meiſter noch ein Weilchen fort, zur großen Beluſtigung der Geſellſchaft, die uͤber dieſen Freund der Kultur ſich nur mit Muͤhe das laute Lachen enthielt. Eleonore mußte einige- mal das Geſicht wegwenden; der Graf ver- ſuchte es, ihn zu unterbrechen, und ein ande- res Geſpraͤch auf die Bahn zu bringen, aber das ging nicht ſo leicht. Er kramte mit gro- ßem Eifer alles durch einander aus, und ſchwieg nicht eher, bis man zu Tiſche ging, wo er ſich dann wieder beruhigte. Beym Anblick der mannichfaltigen Flaſchen ward er vollends wieder friedlich und freundlich ge- ſinnt, vergaß Kultur, Oekonomie und Mo- ralitaͤt, ließ es ſich trefflich ſchmecken, und pruͤfte ſo lange die einheimiſchen und fremden Weine gegen einander, bis man ihn nach ei- nem andern Zimmer fuͤhrte, wo er den Reſt des Tages ruhig verſchlief. Wie gefaͤllt Dir die herrliche Karikatur? fragte Eduard. — Dieſes iſt einer der um- faſſendſten Geiſter, die es gibt, erwiederte Flo- rentin; er vereinigt in ſich alle die Narrheiten,

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Zitationshilfe: Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/280>, abgerufen am 24.11.2024.