ich sie selbst in ihren eignen Häusern über- raschte, mich mit ihnen zu Tische setzte, und von ihrer miserabeln (Gott verzeih mir die Sünde) Kocherey aus einer Schüssel mit ihnen verzehrte! Jch that nicht anders, als ob es mir ganz vortrefflich schmeckte, dank- te ihnen, und unterhielt mich mit ihnen, als ob sie meine Kameraden wären. Jch sage das eben nicht darum, als ob es so besonders tugendhaft von mir wäre, ich weiß recht wohl, daß es gegen die Aufklärung und gegen die reine Menschlichkeit liefe, wenn ich anders handelte, aber, ich vermuthete, die Halunken würden von meiner Herablas- sung gerührt seyn, und in alles einwilligen, was ich von ihnen verlangte, es wäre denn doch ein Beweis ihrer verfeinerten Sitten und ihrer edlen Herzen gewesen. Aber mir nichts, dir nichts! sie blieben bey ihrem star- ren Eigensinn, es fehlte nicht viel, so hätten sie sich gegen mich zusammen gerottet, bloß aus Egoismus, weil mir, wie sie sagten, al- lein der Vortheil zufließe, und sie freylich
ich ſie ſelbſt in ihren eignen Haͤuſern uͤber- raſchte, mich mit ihnen zu Tiſche ſetzte, und von ihrer miſerabeln (Gott verzeih mir die Suͤnde) Kocherey aus einer Schuͤſſel mit ihnen verzehrte! Jch that nicht anders, als ob es mir ganz vortrefflich ſchmeckte, dank- te ihnen, und unterhielt mich mit ihnen, als ob ſie meine Kameraden waͤren. Jch ſage das eben nicht darum, als ob es ſo beſonders tugendhaft von mir waͤre, ich weiß recht wohl, daß es gegen die Aufklaͤrung und gegen die reine Menſchlichkeit liefe, wenn ich anders handelte, aber, ich vermuthete, die Halunken wuͤrden von meiner Herablaſ- ſung geruͤhrt ſeyn, und in alles einwilligen, was ich von ihnen verlangte, es waͤre denn doch ein Beweis ihrer verfeinerten Sitten und ihrer edlen Herzen geweſen. Aber mir nichts, dir nichts! ſie blieben bey ihrem ſtar- ren Eigenſinn, es fehlte nicht viel, ſo haͤtten ſie ſich gegen mich zuſammen gerottet, bloß aus Egoismus, weil mir, wie ſie ſagten, al- lein der Vortheil zufließe, und ſie freylich
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0275"n="267"/>
ich ſie ſelbſt in ihren eignen Haͤuſern uͤber-<lb/>
raſchte, mich mit ihnen zu Tiſche ſetzte,<lb/>
und von ihrer miſerabeln (Gott verzeih mir<lb/>
die Suͤnde) Kocherey aus einer Schuͤſſel mit<lb/>
ihnen verzehrte! Jch that nicht anders, als<lb/>
ob es mir ganz vortrefflich ſchmeckte, dank-<lb/>
te ihnen, und unterhielt mich mit ihnen, als ob<lb/>ſie meine Kameraden waͤren. Jch ſage das<lb/>
eben nicht darum, als ob es ſo beſonders<lb/>
tugendhaft von mir waͤre, ich weiß recht<lb/>
wohl, daß es gegen die Aufklaͤrung und<lb/>
gegen die reine Menſchlichkeit liefe, wenn<lb/>
ich anders handelte, aber, ich vermuthete,<lb/>
die Halunken wuͤrden von meiner Herablaſ-<lb/>ſung geruͤhrt ſeyn, und in alles einwilligen,<lb/>
was ich von ihnen verlangte, es waͤre denn<lb/>
doch ein Beweis ihrer verfeinerten Sitten<lb/>
und ihrer edlen Herzen geweſen. Aber mir<lb/>
nichts, dir nichts! ſie blieben bey ihrem ſtar-<lb/>
ren Eigenſinn, es fehlte nicht viel, ſo haͤtten<lb/>ſie ſich gegen mich zuſammen gerottet, bloß<lb/>
aus Egoismus, weil mir, wie ſie ſagten, al-<lb/>
lein der Vortheil zufließe, und ſie freylich<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[267/0275]
ich ſie ſelbſt in ihren eignen Haͤuſern uͤber-
raſchte, mich mit ihnen zu Tiſche ſetzte,
und von ihrer miſerabeln (Gott verzeih mir
die Suͤnde) Kocherey aus einer Schuͤſſel mit
ihnen verzehrte! Jch that nicht anders, als
ob es mir ganz vortrefflich ſchmeckte, dank-
te ihnen, und unterhielt mich mit ihnen, als ob
ſie meine Kameraden waͤren. Jch ſage das
eben nicht darum, als ob es ſo beſonders
tugendhaft von mir waͤre, ich weiß recht
wohl, daß es gegen die Aufklaͤrung und
gegen die reine Menſchlichkeit liefe, wenn
ich anders handelte, aber, ich vermuthete,
die Halunken wuͤrden von meiner Herablaſ-
ſung geruͤhrt ſeyn, und in alles einwilligen,
was ich von ihnen verlangte, es waͤre denn
doch ein Beweis ihrer verfeinerten Sitten
und ihrer edlen Herzen geweſen. Aber mir
nichts, dir nichts! ſie blieben bey ihrem ſtar-
ren Eigenſinn, es fehlte nicht viel, ſo haͤtten
ſie ſich gegen mich zuſammen gerottet, bloß
aus Egoismus, weil mir, wie ſie ſagten, al-
lein der Vortheil zufließe, und ſie freylich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/275>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.