Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

Am glücklichsten geschah's im Bild der Reise!
Ein Thor eröffnet Armen sich, wie Reichen;
Früh ausgewandert auf gewohntem Gleise
Sieht er die Dämmrung kaum dem Licht ent-
weichen,
So treibt der Wahn, ihm dürf's allein ge-
lingen,
Rastlos in nie erreichte Fern zu dringen.

Es thürmen Felsen sich in seinen Wegen,
Des Mittags Strahlen glühn auf seinem
Haupt,
Jn Wüsten Sands muß sich der Fuß be-
wegen,
Ein Ungewitter naht, der Sturmwind schnaubt,
Wo kommt ein sichres Dach dem Blick ent-
gegen?
Es seufzt nach Nuh, wem stolzer Muth ge-
raubt;
Jn später Nacht, nach tausendfält'ger Noth
Kömmt er ans Ziel -- und dieses ist -- der
Tod!

Am gluͤcklichſten geſchah’s im Bild der Reiſe!
Ein Thor eroͤffnet Armen ſich, wie Reichen;
Fruͤh ausgewandert auf gewohntem Gleiſe
Sieht er die Daͤmmrung kaum dem Licht ent-
weichen,
So treibt der Wahn, ihm duͤrf’s allein ge-
lingen,
Raſtlos in nie erreichte Fern zu dringen.

Es thuͤrmen Felſen ſich in ſeinen Wegen,
Des Mittags Strahlen gluͤhn auf ſeinem
Haupt,
Jn Wuͤſten Sands muß ſich der Fuß be-
wegen,
Ein Ungewitter naht, der Sturmwind ſchnaubt,
Wo kommt ein ſichres Dach dem Blick ent-
gegen?
Es ſeufzt nach Nuh, wem ſtolzer Muth ge-
raubt;
Jn ſpaͤter Nacht, nach tauſendfaͤlt’ger Noth
Koͤmmt er ans Ziel — und dieſes iſt — der
Tod!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="3">
              <pb facs="#f0261" n="253"/>
              <l>Am glu&#x0364;cklich&#x017F;ten ge&#x017F;chah&#x2019;s im Bild der Rei&#x017F;e!</l><lb/>
              <l><hi rendition="#g">Ein</hi> Thor ero&#x0364;ffnet Armen &#x017F;ich, wie Reichen;</l><lb/>
              <l>Fru&#x0364;h ausgewandert auf gewohntem Glei&#x017F;e</l><lb/>
              <l>Sieht er die Da&#x0364;mmrung kaum dem Licht ent-</l><lb/>
              <l>weichen,</l><lb/>
              <l>So treibt der Wahn, ihm du&#x0364;rf&#x2019;s allein ge-</l><lb/>
              <l>lingen,</l><lb/>
              <l>Ra&#x017F;tlos in nie erreichte Fern zu dringen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Es thu&#x0364;rmen Fel&#x017F;en &#x017F;ich in &#x017F;einen Wegen,</l><lb/>
              <l>Des Mittags Strahlen glu&#x0364;hn auf &#x017F;einem</l><lb/>
              <l>Haupt,</l><lb/>
              <l>Jn Wu&#x0364;&#x017F;ten Sands muß &#x017F;ich der Fuß be-</l><lb/>
              <l>wegen,</l><lb/>
              <l>Ein Ungewitter naht, der Sturmwind &#x017F;chnaubt,</l><lb/>
              <l>Wo kommt ein &#x017F;ichres Dach dem Blick ent-</l><lb/>
              <l>gegen?</l><lb/>
              <l>Es &#x017F;eufzt nach Nuh, wem &#x017F;tolzer Muth ge-</l><lb/>
              <l>raubt;</l><lb/>
              <l>Jn &#x017F;pa&#x0364;ter Nacht, nach tau&#x017F;endfa&#x0364;lt&#x2019;ger Noth</l><lb/>
              <l>Ko&#x0364;mmt er ans Ziel &#x2014; und die&#x017F;es i&#x017F;t &#x2014; der</l><lb/>
              <l>Tod!</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[253/0261] Am gluͤcklichſten geſchah’s im Bild der Reiſe! Ein Thor eroͤffnet Armen ſich, wie Reichen; Fruͤh ausgewandert auf gewohntem Gleiſe Sieht er die Daͤmmrung kaum dem Licht ent- weichen, So treibt der Wahn, ihm duͤrf’s allein ge- lingen, Raſtlos in nie erreichte Fern zu dringen. Es thuͤrmen Felſen ſich in ſeinen Wegen, Des Mittags Strahlen gluͤhn auf ſeinem Haupt, Jn Wuͤſten Sands muß ſich der Fuß be- wegen, Ein Ungewitter naht, der Sturmwind ſchnaubt, Wo kommt ein ſichres Dach dem Blick ent- gegen? Es ſeufzt nach Nuh, wem ſtolzer Muth ge- raubt; Jn ſpaͤter Nacht, nach tauſendfaͤlt’ger Noth Koͤmmt er ans Ziel — und dieſes iſt — der Tod!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/261
Zitationshilfe: Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/261>, abgerufen am 28.11.2024.