Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

Bitten nach, bis er ihr versprach, sie durch
keine Gegenvorstellung, und keine heimliche
Veranstaltung an der Ausführung ihres Ge-
lübdes zu verhindern. Nun erfolgte eine
Scene von zärtlichen Vorwürfen, von Liebe,
Großmuth und Aufopferung, die man sich
wohl leicht vorstellen kann.

Die Nacht war unterdessen beynahe ver-
strichen, die Marquise fühlte sich sehr ermü-
det, und bat meine Tante sie nach ihrem
Zimmer zu begleiten, weil sie trotz ihrer Mü-
digkeit nicht würde schlafen können, und sie
ihr noch einiges sagen wollte. Jhr Gemahl
führte sie die Treppe hinauf, ein Gitter ver-
schloß einen ziemlich langen Gang, an dessen
Ende das Schlafzimmer der Dame lag.
Der Marquis zog an der Klingel, die Kam-
merfrau trat aus dem Zimmer, um zu öffnen,
er wollte eben wieder die Treppe hinunterge-
hen, als die Marquife ausrief: Ach seht! seht
hin! was kömmt da für ein englisch schönes
Kind. Man fah hin durch das Gitter, wo sie
hinzeigte, sah aber nichts als die Kammerfrau,

Florentin. I. 16

Bitten nach, bis er ihr verſprach, ſie durch
keine Gegenvorſtellung, und keine heimliche
Veranſtaltung an der Ausfuͤhrung ihres Ge-
luͤbdes zu verhindern. Nun erfolgte eine
Scene von zaͤrtlichen Vorwuͤrfen, von Liebe,
Großmuth und Aufopferung, die man ſich
wohl leicht vorſtellen kann.

Die Nacht war unterdeſſen beynahe ver-
ſtrichen, die Marquiſe fuͤhlte ſich ſehr ermuͤ-
det, und bat meine Tante ſie nach ihrem
Zimmer zu begleiten, weil ſie trotz ihrer Muͤ-
digkeit nicht wuͤrde ſchlafen koͤnnen, und ſie
ihr noch einiges ſagen wollte. Jhr Gemahl
fuͤhrte ſie die Treppe hinauf, ein Gitter ver-
ſchloß einen ziemlich langen Gang, an deſſen
Ende das Schlafzimmer der Dame lag.
Der Marquis zog an der Klingel, die Kam-
merfrau trat aus dem Zimmer, um zu oͤffnen,
er wollte eben wieder die Treppe hinunterge-
hen, als die Marquife ausrief: Ach ſeht! ſeht
hin! was koͤmmt da fuͤr ein engliſch ſchoͤnes
Kind. Man fah hin durch das Gitter, wo ſie
hinzeigte, ſah aber nichts als die Kammerfrau,

Florentin. I. 16
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0249" n="241"/>
Bitten nach, bis er ihr ver&#x017F;prach, &#x017F;ie durch<lb/>
keine Gegenvor&#x017F;tellung, und keine heimliche<lb/>
Veran&#x017F;taltung an der Ausfu&#x0364;hrung ihres Ge-<lb/>
lu&#x0364;bdes zu verhindern. Nun erfolgte eine<lb/>
Scene von za&#x0364;rtlichen Vorwu&#x0364;rfen, von Liebe,<lb/>
Großmuth und Aufopferung, die man &#x017F;ich<lb/>
wohl leicht vor&#x017F;tellen kann.</p><lb/>
          <p>Die Nacht war unterde&#x017F;&#x017F;en beynahe ver-<lb/>
&#x017F;trichen, die Marqui&#x017F;e fu&#x0364;hlte &#x017F;ich &#x017F;ehr ermu&#x0364;-<lb/>
det, und bat meine Tante &#x017F;ie nach ihrem<lb/>
Zimmer zu begleiten, weil &#x017F;ie trotz ihrer Mu&#x0364;-<lb/>
digkeit nicht wu&#x0364;rde &#x017F;chlafen ko&#x0364;nnen, und &#x017F;ie<lb/>
ihr noch einiges &#x017F;agen wollte. Jhr Gemahl<lb/>
fu&#x0364;hrte &#x017F;ie die Treppe hinauf, ein Gitter ver-<lb/>
&#x017F;chloß einen ziemlich langen Gang, an de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Ende das Schlafzimmer der Dame lag.<lb/>
Der Marquis zog an der Klingel, die Kam-<lb/>
merfrau trat aus dem Zimmer, um zu o&#x0364;ffnen,<lb/>
er wollte eben wieder die Treppe hinunterge-<lb/>
hen, als die Marquife ausrief: Ach &#x017F;eht! &#x017F;eht<lb/>
hin! was ko&#x0364;mmt da fu&#x0364;r ein engli&#x017F;ch &#x017F;cho&#x0364;nes<lb/>
Kind. Man fah hin durch das Gitter, wo &#x017F;ie<lb/>
hinzeigte, &#x017F;ah aber nichts als die Kammerfrau,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Florentin. <hi rendition="#aq">I.</hi> 16</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[241/0249] Bitten nach, bis er ihr verſprach, ſie durch keine Gegenvorſtellung, und keine heimliche Veranſtaltung an der Ausfuͤhrung ihres Ge- luͤbdes zu verhindern. Nun erfolgte eine Scene von zaͤrtlichen Vorwuͤrfen, von Liebe, Großmuth und Aufopferung, die man ſich wohl leicht vorſtellen kann. Die Nacht war unterdeſſen beynahe ver- ſtrichen, die Marquiſe fuͤhlte ſich ſehr ermuͤ- det, und bat meine Tante ſie nach ihrem Zimmer zu begleiten, weil ſie trotz ihrer Muͤ- digkeit nicht wuͤrde ſchlafen koͤnnen, und ſie ihr noch einiges ſagen wollte. Jhr Gemahl fuͤhrte ſie die Treppe hinauf, ein Gitter ver- ſchloß einen ziemlich langen Gang, an deſſen Ende das Schlafzimmer der Dame lag. Der Marquis zog an der Klingel, die Kam- merfrau trat aus dem Zimmer, um zu oͤffnen, er wollte eben wieder die Treppe hinunterge- hen, als die Marquife ausrief: Ach ſeht! ſeht hin! was koͤmmt da fuͤr ein engliſch ſchoͤnes Kind. Man fah hin durch das Gitter, wo ſie hinzeigte, ſah aber nichts als die Kammerfrau, Florentin. I. 16

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/249
Zitationshilfe: Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/249>, abgerufen am 25.11.2024.