den Kahn gegen die Pfähle schleudern möchte. Bis zu Tages Anbruch müßte sie also geduldig warten. Man erkundigte sich, ob nicht noch ein andrer Weg als der über den Bach nach dem Schloß führte? Es ging allerdings noch einer durch das Gebürge, dieser führte aber so weit herum, daß der Bote doch nicht vor dem andern Morgen anlangen würde.
Juliane befand sich in unbeschreiblicher Angst, wegen der Angst ihrer Eltern. Sie zitterte und weinte, ihre Fantasie füllten die schreckhaftesten Vorstellungen. Eduard war be- reit, sich selbst über den Bach zu wagen, nur um sie desto eher zu beruhigen; hierin willigte sie aber auf keinen Fall ein. -- Wollen Sie mich hier allein lassen, rief sie, und sich selbst in Gefahr geben? das würde ja meine Angst noch vermehren! Sie versprach endlich, gedul dig den Tag abzuwarten. Nun wollte sie ver- suchen aufzustehen, sie fühlte aber eine solche Mattigkeit und so große Schmerzen an ihren Füßen, daß sie sich entschließen mußte, im Bette zu bleiben.
den Kahn gegen die Pfaͤhle ſchleudern moͤchte. Bis zu Tages Anbruch muͤßte ſie alſo geduldig warten. Man erkundigte ſich, ob nicht noch ein andrer Weg als der uͤber den Bach nach dem Schloß fuͤhrte? Es ging allerdings noch einer durch das Gebuͤrge, dieſer fuͤhrte aber ſo weit herum, daß der Bote doch nicht vor dem andern Morgen anlangen wuͤrde.
Juliane befand ſich in unbeſchreiblicher Angſt, wegen der Angſt ihrer Eltern. Sie zitterte und weinte, ihre Fantaſie fuͤllten die ſchreckhafteſten Vorſtellungen. Eduard war be- reit, ſich ſelbſt uͤber den Bach zu wagen, nur um ſie deſto eher zu beruhigen; hierin willigte ſie aber auf keinen Fall ein. — Wollen Sie mich hier allein laſſen, rief ſie, und ſich ſelbſt in Gefahr geben? das wuͤrde ja meine Angſt noch vermehren! Sie verſprach endlich, gedul dig den Tag abzuwarten. Nun wollte ſie ver- ſuchen aufzuſtehen, ſie fuͤhlte aber eine ſolche Mattigkeit und ſo große Schmerzen an ihren Fuͤßen, daß ſie ſich entſchließen mußte, im Bette zu bleiben.
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[215/0223]
den Kahn gegen die Pfaͤhle ſchleudern moͤchte.
Bis zu Tages Anbruch muͤßte ſie alſo geduldig
warten. Man erkundigte ſich, ob nicht noch
ein andrer Weg als der uͤber den Bach nach
dem Schloß fuͤhrte? Es ging allerdings noch
einer durch das Gebuͤrge, dieſer fuͤhrte aber ſo
weit herum, daß der Bote doch nicht vor dem
andern Morgen anlangen wuͤrde.
Juliane befand ſich in unbeſchreiblicher
Angſt, wegen der Angſt ihrer Eltern. Sie
zitterte und weinte, ihre Fantaſie fuͤllten die
ſchreckhafteſten Vorſtellungen. Eduard war be-
reit, ſich ſelbſt uͤber den Bach zu wagen, nur
um ſie deſto eher zu beruhigen; hierin willigte
ſie aber auf keinen Fall ein. — Wollen Sie
mich hier allein laſſen, rief ſie, und ſich ſelbſt
in Gefahr geben? das wuͤrde ja meine Angſt
noch vermehren! Sie verſprach endlich, gedul
dig den Tag abzuwarten. Nun wollte ſie ver-
ſuchen aufzuſtehen, ſie fuͤhlte aber eine ſolche
Mattigkeit und ſo große Schmerzen an ihren
Fuͤßen, daß ſie ſich entſchließen mußte, im
Bette zu bleiben.
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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/223>, abgerufen am 22.11.2024.
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