stoßenden Stube ein Kaminfeuer gemacht wor- den; Eduard und Florentin waren dabey be- schäftigt, ihre Kleider zu trocknen. Die Mül- lerin trat aus der Kammer, und berichtete ih- nen, "die Jungfer wäre eingeschlafen!" Sie sah die jungen Leute mit mißtrauenden neugie- rigen Blicken an. Sie konnte sich das Ver- hältniß auf keine rechtliche Weise erklären, in- dem diese junge schöne Person, von deren Ge- schlecht sie nun völlig überzeugt war, mit den beyden Männern stehen müsse. Sie hatte aller- ley Vermuthungen, schmiedete sich irgend einen Zusammenhang, den sie ihnen in nicht gar feinen Wendungen deutlich zu verstehen gab. Zuletzt sagte sie etwas ängstlich: "sie habe zwar "ihre Hülfe nicht versagen dürfen, aber weder "sie noch ihr Mann würden gern Leute beher- "bergen, die sich zu verbergen Ursache hätten;" und mehr solcher Redensarten, die eben keine günstige Meynung von ihren Gästen ver- riethen.
Die beyden belustigte ihre Besorgniß, und sie vermehrten sie muthwillig durch geheimniß-
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ſtoßenden Stube ein Kaminfeuer gemacht wor- den; Eduard und Florentin waren dabey be- ſchaͤftigt, ihre Kleider zu trocknen. Die Muͤl- lerin trat aus der Kammer, und berichtete ih- nen, „die Jungfer waͤre eingeſchlafen!‟ Sie ſah die jungen Leute mit mißtrauenden neugie- rigen Blicken an. Sie konnte ſich das Ver- haͤltniß auf keine rechtliche Weiſe erklaͤren, in- dem dieſe junge ſchoͤne Perſon, von deren Ge- ſchlecht ſie nun voͤllig uͤberzeugt war, mit den beyden Maͤnnern ſtehen muͤſſe. Sie hatte aller- ley Vermuthungen, ſchmiedete ſich irgend einen Zuſammenhang, den ſie ihnen in nicht gar feinen Wendungen deutlich zu verſtehen gab. Zuletzt ſagte ſie etwas aͤngſtlich: „ſie habe zwar „ihre Huͤlfe nicht verſagen duͤrfen, aber weder „ſie noch ihr Mann wuͤrden gern Leute beher- „bergen, die ſich zu verbergen Urſache haͤtten;‟ und mehr ſolcher Redensarten, die eben keine guͤnſtige Meynung von ihren Gaͤſten ver- riethen.
Die beyden beluſtigte ihre Beſorgniß, und ſie vermehrten ſie muthwillig durch geheimniß-
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ſtoßenden Stube ein Kaminfeuer gemacht wor-
den; Eduard und Florentin waren dabey be-
ſchaͤftigt, ihre Kleider zu trocknen. Die Muͤl-
lerin trat aus der Kammer, und berichtete ih-
nen, „die Jungfer waͤre eingeſchlafen!‟ Sie
ſah die jungen Leute mit mißtrauenden neugie-
rigen Blicken an. Sie konnte ſich das Ver-
haͤltniß auf keine rechtliche Weiſe erklaͤren, in-
dem dieſe junge ſchoͤne Perſon, von deren Ge-
ſchlecht ſie nun voͤllig uͤberzeugt war, mit den
beyden Maͤnnern ſtehen muͤſſe. Sie hatte aller-
ley Vermuthungen, ſchmiedete ſich irgend einen
Zuſammenhang, den ſie ihnen in nicht gar
feinen Wendungen deutlich zu verſtehen gab.
Zuletzt ſagte ſie etwas aͤngſtlich: „ſie habe zwar
„ihre Huͤlfe nicht verſagen duͤrfen, aber weder
„ſie noch ihr Mann wuͤrden gern Leute beher-
„bergen, die ſich zu verbergen Urſache haͤtten;‟
und mehr ſolcher Redensarten, die eben keine
guͤnſtige Meynung von ihren Gaͤſten ver-
riethen.
Die beyden beluſtigte ihre Beſorgniß, und
ſie vermehrten ſie muthwillig durch geheimniß-
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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/219>, abgerufen am 22.11.2024.
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