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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.

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im Zeichnen und Mahlen. Einigen liebens-
würdigen Menschen dort habe ich gar vieles
zu verdanken, ohne daß sie es vielleicht ahn-
den. Auf ihren Rath, und durch ihr Lob
aufmerksam gemacht, lernte ich Deutsch
und einige eurer guten Dichter kennen.
Sie gaben mir glückliche Stunden, und recht-
fertigten meine Vorliebe für die Deutschen.
Jch ward durch sie bewogen noch erst durch
Deutschland zu reisen, und mich noch län-
ger den Stürmen eines ungewissen Lebens
hinzugeben, eh ich zu meiner Bestimmung
gelange. So bald man nur hoffen durfte,
daß die Kälte nicht mehr zurückkehren würde,
habe ich mich von Basel aufgemacht; ich
habe einige schöne Theile von Deutschland
durchreist, und fühle mich so gestärkt
an Leib und Seele, daß ich nun meinen
Entschluß gewiß auszuführen gedenke. Mich
treibt etwas unnennbares vorwärts, was ich
mein Schicksal nennen muß. Es lebt etwas
in mir, das mir zuruft, nicht zu verza-
gen, und nicht bloß zu leben, um zu leben,

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im Zeichnen und Mahlen. Einigen liebens-
wuͤrdigen Menſchen dort habe ich gar vieles
zu verdanken, ohne daß ſie es vielleicht ahn-
den. Auf ihren Rath, und durch ihr Lob
aufmerkſam gemacht, lernte ich Deutſch
und einige eurer guten Dichter kennen.
Sie gaben mir gluͤckliche Stunden, und recht-
fertigten meine Vorliebe fuͤr die Deutſchen.
Jch ward durch ſie bewogen noch erſt durch
Deutſchland zu reiſen, und mich noch laͤn-
ger den Stuͤrmen eines ungewiſſen Lebens
hinzugeben, eh ich zu meiner Beſtimmung
gelange. So bald man nur hoffen durfte,
daß die Kaͤlte nicht mehr zuruͤckkehren wuͤrde,
habe ich mich von Baſel aufgemacht; ich
habe einige ſchoͤne Theile von Deutſchland
durchreiſt, und fuͤhle mich ſo geſtaͤrkt
an Leib und Seele, daß ich nun meinen
Entſchluß gewiß auszufuͤhren gedenke. Mich
treibt etwas unnennbares vorwaͤrts, was ich
mein Schickſal nennen muß. Es lebt etwas
in mir, das mir zuruft, nicht zu verza-
gen, und nicht bloß zu leben, um zu leben,

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[195/0203] im Zeichnen und Mahlen. Einigen liebens- wuͤrdigen Menſchen dort habe ich gar vieles zu verdanken, ohne daß ſie es vielleicht ahn- den. Auf ihren Rath, und durch ihr Lob aufmerkſam gemacht, lernte ich Deutſch und einige eurer guten Dichter kennen. Sie gaben mir gluͤckliche Stunden, und recht- fertigten meine Vorliebe fuͤr die Deutſchen. Jch ward durch ſie bewogen noch erſt durch Deutſchland zu reiſen, und mich noch laͤn- ger den Stuͤrmen eines ungewiſſen Lebens hinzugeben, eh ich zu meiner Beſtimmung gelange. So bald man nur hoffen durfte, daß die Kaͤlte nicht mehr zuruͤckkehren wuͤrde, habe ich mich von Baſel aufgemacht; ich habe einige ſchoͤne Theile von Deutſchland durchreiſt, und fuͤhle mich ſo geſtaͤrkt an Leib und Seele, daß ich nun meinen Entſchluß gewiß auszufuͤhren gedenke. Mich treibt etwas unnennbares vorwaͤrts, was ich mein Schickſal nennen muß. Es lebt etwas in mir, das mir zuruft, nicht zu verza- gen, und nicht bloß zu leben, um zu leben, (13) 2

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Zitationshilfe: Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/203>, abgerufen am 24.11.2024.