Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

kommen, dann wollte er mich unter fremden
Namen, als Graf oder Marquis vorstellen;
unter diesem Titel könnte ich eine Zeit lang, wie
zum Besuch, bey ihm bleiben. Alsdann wollte
er mir eine bequeme Gelegenheit, nach Frank-
reich zu reisen, verschaffen, und mir einige
sehr gute Empfehlungen dorthin mitgeben.
Sollte ich mich aber nicht in diese Maßregeln
fügen können, so möchte ich wenigstens nicht
die kleinen Beweise seiner Dänkbarkeit und
Freundschaft verschmähen, und erlauben, daß
er sich zum Theil der großen Verbind-
lichkeiten entledige, die er mir habe. Wo
ich auch wäre, sollte ich mich seiner erinnern,
und immer auf seine Freundschaft rechnen. Wäh-
rend dessen hatte der großmüthige Lord einen
Geldbeutel hervorgezogen und ihn neben mir
auf die Bank hingelegt.

Als ich merkte, daß er nichts mehr zu sa-
gen hatte, und irgend eine Antwort erwartete,
stand ich auf, setzte meinen Hut gelassen auf,
wandte mich und ging hinaus, ohne ein Wert
zu sagen. Ueberdieß war auch eben die Sonn

kommen, dann wollte er mich unter fremden
Namen, als Graf oder Marquis vorſtellen;
unter dieſem Titel koͤnnte ich eine Zeit lang, wie
zum Beſuch, bey ihm bleiben. Alsdann wollte
er mir eine bequeme Gelegenheit, nach Frank-
reich zu reiſen, verſchaffen, und mir einige
ſehr gute Empfehlungen dorthin mitgeben.
Sollte ich mich aber nicht in dieſe Maßregeln
fuͤgen koͤnnen, ſo moͤchte ich wenigſtens nicht
die kleinen Beweiſe ſeiner Daͤnkbarkeit und
Freundſchaft verſchmaͤhen, und erlauben, daß
er ſich zum Theil der großen Verbind-
lichkeiten entledige, die er mir habe. Wo
ich auch waͤre, ſollte ich mich ſeiner erinnern,
und immer auf ſeine Freundſchaft rechnen. Waͤh-
rend deſſen hatte der großmuͤthige Lord einen
Geldbeutel hervorgezogen und ihn neben mir
auf die Bank hingelegt.

Als ich merkte, daß er nichts mehr zu ſa-
gen hatte, und irgend eine Antwort erwartete,
ſtand ich auf, ſetzte meinen Hut gelaſſen auf,
wandte mich und ging hinaus, ohne ein Wert
zu ſagen. Ueberdieß war auch eben die Sonn

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0199" n="191"/>
kommen, dann wollte er mich unter fremden<lb/>
Namen, als Graf oder Marquis vor&#x017F;tellen;<lb/>
unter die&#x017F;em Titel ko&#x0364;nnte ich eine Zeit lang, wie<lb/>
zum Be&#x017F;uch, bey ihm bleiben. Alsdann wollte<lb/>
er mir eine bequeme Gelegenheit, nach Frank-<lb/>
reich zu rei&#x017F;en, ver&#x017F;chaffen, und mir einige<lb/>
&#x017F;ehr gute Empfehlungen dorthin mitgeben.<lb/>
Sollte ich mich aber nicht in die&#x017F;e Maßregeln<lb/>
fu&#x0364;gen ko&#x0364;nnen, &#x017F;o mo&#x0364;chte ich wenig&#x017F;tens nicht<lb/>
die kleinen Bewei&#x017F;e &#x017F;einer Da&#x0364;nkbarkeit und<lb/>
Freund&#x017F;chaft ver&#x017F;chma&#x0364;hen, und erlauben, daß<lb/>
er &#x017F;ich zum Theil der großen Verbind-<lb/>
lichkeiten entledige, die er mir habe. Wo<lb/>
ich auch wa&#x0364;re, &#x017F;ollte ich mich &#x017F;einer erinnern,<lb/>
und immer auf &#x017F;eine Freund&#x017F;chaft rechnen. Wa&#x0364;h-<lb/>
rend de&#x017F;&#x017F;en hatte der großmu&#x0364;thige Lord einen<lb/>
Geldbeutel hervorgezogen und ihn neben mir<lb/>
auf die Bank hingelegt.</p><lb/>
          <p>Als ich merkte, daß er nichts mehr zu &#x017F;a-<lb/>
gen hatte, und irgend eine Antwort erwartete,<lb/>
&#x017F;tand ich auf, &#x017F;etzte meinen Hut gela&#x017F;&#x017F;en auf,<lb/>
wandte mich und ging hinaus, ohne ein Wert<lb/>
zu &#x017F;agen. Ueberdieß war auch eben die Sonn<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[191/0199] kommen, dann wollte er mich unter fremden Namen, als Graf oder Marquis vorſtellen; unter dieſem Titel koͤnnte ich eine Zeit lang, wie zum Beſuch, bey ihm bleiben. Alsdann wollte er mir eine bequeme Gelegenheit, nach Frank- reich zu reiſen, verſchaffen, und mir einige ſehr gute Empfehlungen dorthin mitgeben. Sollte ich mich aber nicht in dieſe Maßregeln fuͤgen koͤnnen, ſo moͤchte ich wenigſtens nicht die kleinen Beweiſe ſeiner Daͤnkbarkeit und Freundſchaft verſchmaͤhen, und erlauben, daß er ſich zum Theil der großen Verbind- lichkeiten entledige, die er mir habe. Wo ich auch waͤre, ſollte ich mich ſeiner erinnern, und immer auf ſeine Freundſchaft rechnen. Waͤh- rend deſſen hatte der großmuͤthige Lord einen Geldbeutel hervorgezogen und ihn neben mir auf die Bank hingelegt. Als ich merkte, daß er nichts mehr zu ſa- gen hatte, und irgend eine Antwort erwartete, ſtand ich auf, ſetzte meinen Hut gelaſſen auf, wandte mich und ging hinaus, ohne ein Wert zu ſagen. Ueberdieß war auch eben die Sonn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/199
Zitationshilfe: Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/199>, abgerufen am 22.11.2024.