mich nicht, indessen schob ich es in meiner Freu- de auf ihren Zustand, denn sie war übrigens wohl und fröhlicher, muthwilliger, als ich sie verlassen hatte. Wir saßen bey Tische, ich er- zählte, fragte, überließ mein Herz den schön- sten Eindrücken der Freude. Endlich fragte ich sie so schonend als nur möglich, wie es zuging, daß ihr Wuchs noch so unverändert wäre, ich hätte nicht geglaubt, sie noch so schlank zu fin- den? Meine zärtlichen bescheidenen Fragen wur- den mit lautem Gelächter beantwortet; ich ließ nicht ab, sie ward übel gelaunt, einige heftig ausgestoßne Worte vermehrten meine Besorg- niß, ich drang in sie, endlich ... sie hatte meine Abwesenheit benutzt ... sie hatte sich durch künstli- che Mittel von dem Zustande befreyt. -- Die lange Beschwerde, ... die ewige Sorgfalt ward, dem leichtsinnigen Geschöpfe sträflich zur Last, ... sie fürchtete für ihre Schönheit! ... Gott! ich werde noch jetzt ganz verwirrt, wenn ich mich daran erinnere. ... Jch verlor alle Fassung, alle Gewalt über mich. ... Athem und Sinne, vergingen mir ... meiner selbst nicht mehr
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mich nicht, indeſſen ſchob ich es in meiner Freu- de auf ihren Zuſtand, denn ſie war uͤbrigens wohl und froͤhlicher, muthwilliger, als ich ſie verlaſſen hatte. Wir ſaßen bey Tiſche, ich er- zaͤhlte, fragte, uͤberließ mein Herz den ſchoͤn- ſten Eindruͤcken der Freude. Endlich fragte ich ſie ſo ſchonend als nur moͤglich, wie es zuging, daß ihr Wuchs noch ſo unveraͤndert waͤre, ich haͤtte nicht geglaubt, ſie noch ſo ſchlank zu fin- den? Meine zaͤrtlichen beſcheidenen Fragen wur- den mit lautem Gelaͤchter beantwortet; ich ließ nicht ab, ſie ward uͤbel gelaunt, einige heftig ausgeſtoßne Worte vermehrten meine Beſorg- niß, ich drang in ſie, endlich … ſie hatte meine Abweſenheit benutzt … ſie hatte ſich durch kuͤnſtli- che Mittel von dem Zuſtande befreyt. — Die lange Beſchwerde, … die ewige Sorgfalt ward, dem leichtſinnigen Geſchoͤpfe ſtraͤflich zur Laſt, … ſie fuͤrchtete fuͤr ihre Schoͤnheit! … Gott! ich werde noch jetzt ganz verwirrt, wenn ich mich daran erinnere. … Jch verlor alle Faſſung, alle Gewalt uͤber mich. … Athem und Sinne, vergingen mir … meiner ſelbſt nicht mehr
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mich nicht, indeſſen ſchob ich es in meiner Freu-
de auf ihren Zuſtand, denn ſie war uͤbrigens
wohl und froͤhlicher, muthwilliger, als ich ſie
verlaſſen hatte. Wir ſaßen bey Tiſche, ich er-
zaͤhlte, fragte, uͤberließ mein Herz den ſchoͤn-
ſten Eindruͤcken der Freude. Endlich fragte ich
ſie ſo ſchonend als nur moͤglich, wie es zuging,
daß ihr Wuchs noch ſo unveraͤndert waͤre, ich
haͤtte nicht geglaubt, ſie noch ſo ſchlank zu fin-
den? Meine zaͤrtlichen beſcheidenen Fragen wur-
den mit lautem Gelaͤchter beantwortet; ich ließ
nicht ab, ſie ward uͤbel gelaunt, einige heftig
ausgeſtoßne Worte vermehrten meine Beſorg-
niß, ich drang in ſie, endlich … ſie hatte meine
Abweſenheit benutzt … ſie hatte ſich durch kuͤnſtli-
che Mittel von dem Zuſtande befreyt. — Die
lange Beſchwerde, … die ewige Sorgfalt ward,
dem leichtſinnigen Geſchoͤpfe ſtraͤflich zur Laſt,
… ſie fuͤrchtete fuͤr ihre Schoͤnheit! … Gott!
ich werde noch jetzt ganz verwirrt, wenn ich mich
daran erinnere. … Jch verlor alle Faſſung,
alle Gewalt uͤber mich. … Athem und Sinne,
vergingen mir … meiner ſelbſt nicht mehr
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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/187>, abgerufen am 25.11.2024.
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