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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.

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sich mit der Begleitung aller Angehörigen durch
die Menge drängte, um zum Altar zu gelan-
gen, und alles aufmerksam auf die Himmels-
bräute wäre, die vor ihr eingekleidet würden,
dann sollte ich den Moment wahrnehmen, sie
von den übrigen ab, und zur Thür zurück
führen, sie dann schnell in einen Mantel ver-
hüllen, den ich über meinen eigenen hängen
wollte, und mit ihr durch den nächsten Gang
in den Garten eilen. Da bey einer öffentli-
chen Feyerlichkeit die Thüren offen sind, oder
doch nachlässig bewacht werden, so war von
dieser Seite kein Hinderniß zu befürchten.
Manfredi mußte unterdessen eine Strickleiter
an die Mauer befestigt haben, und uns draus-
sen mit einer Chaise und raschen Pferden er-
warten; auch müßte er eine Männerkleidung
in Bereitschaft halten, die meine Schwester
fogleich anlegen könnte, wenn wir uns außer
der Stadt sähen, dann wollten wir, ohne zu
rasten, nach Venedig reisen, dort würden sie
sogleich getraut. Für die Einwilligung meiner
Schwester war ich Bürge, ich war überzeugt,

ſich mit der Begleitung aller Angehoͤrigen durch
die Menge draͤngte, um zum Altar zu gelan-
gen, und alles aufmerkſam auf die Himmels-
braͤute waͤre, die vor ihr eingekleidet wuͤrden,
dann ſollte ich den Moment wahrnehmen, ſie
von den uͤbrigen ab, und zur Thuͤr zuruͤck
fuͤhren, ſie dann ſchnell in einen Mantel ver-
huͤllen, den ich uͤber meinen eigenen haͤngen
wollte, und mit ihr durch den naͤchſten Gang
in den Garten eilen. Da bey einer oͤffentli-
chen Feyerlichkeit die Thuͤren offen ſind, oder
doch nachlaͤſſig bewacht werden, ſo war von
dieſer Seite kein Hinderniß zu befuͤrchten.
Manfredi mußte unterdeſſen eine Strickleiter
an die Mauer befeſtigt haben, und uns drauſ-
ſen mit einer Chaiſe und raſchen Pferden er-
warten; auch muͤßte er eine Maͤnnerkleidung
in Bereitſchaft halten, die meine Schweſter
fogleich anlegen koͤnnte, wenn wir uns außer
der Stadt ſaͤhen, dann wollten wir, ohne zu
raſten, nach Venedig reiſen, dort wuͤrden ſie
ſogleich getraut. Fuͤr die Einwilligung meiner
Schweſter war ich Buͤrge, ich war uͤberzeugt,

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[138/0146] ſich mit der Begleitung aller Angehoͤrigen durch die Menge draͤngte, um zum Altar zu gelan- gen, und alles aufmerkſam auf die Himmels- braͤute waͤre, die vor ihr eingekleidet wuͤrden, dann ſollte ich den Moment wahrnehmen, ſie von den uͤbrigen ab, und zur Thuͤr zuruͤck fuͤhren, ſie dann ſchnell in einen Mantel ver- huͤllen, den ich uͤber meinen eigenen haͤngen wollte, und mit ihr durch den naͤchſten Gang in den Garten eilen. Da bey einer oͤffentli- chen Feyerlichkeit die Thuͤren offen ſind, oder doch nachlaͤſſig bewacht werden, ſo war von dieſer Seite kein Hinderniß zu befuͤrchten. Manfredi mußte unterdeſſen eine Strickleiter an die Mauer befeſtigt haben, und uns drauſ- ſen mit einer Chaiſe und raſchen Pferden er- warten; auch muͤßte er eine Maͤnnerkleidung in Bereitſchaft halten, die meine Schweſter fogleich anlegen koͤnnte, wenn wir uns außer der Stadt ſaͤhen, dann wollten wir, ohne zu raſten, nach Venedig reiſen, dort wuͤrden ſie ſogleich getraut. Fuͤr die Einwilligung meiner Schweſter war ich Buͤrge, ich war uͤberzeugt,

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Zitationshilfe: Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/146>, abgerufen am 28.11.2024.