Paradieses Unschuld. Den Tag fühlt' ich großes Leid. Es war ein Mittwoch. Ich ging in Gesellschaft. Immer zu!
In einem Stammbuch.
Möcht' ich doch schier verkehrten Rath dir geben, Der paßt für das verdrehte Leben;
fand ich vor langer Zeit in einem Buche: es fiel mir auf, weil ich es nicht ganz verstehen konnte. Aber: wird dem Eit- len nicht willfahren? Werden große leere Ansprüche nicht meist erfüllt? Gelingen nicht die dümmsten Pläne? wird Be- scheidenheit nicht vergessen; bleibt sie nicht unbeachtet? Ist ir- gend ein Ereigniß zu berechnen? Herrscht nicht der Hartherzige, der Strenge? Rechnet Einer in der ganzen Natur unsre Leiden, unsre Opfer? Behalten wir sie nur selbst im Gedächtniß? Scheint nicht alles verdreht, bis wir es umgekehrt?
Jetzt las ich wieder in einem Buche:
Es ist nichts zu verändern hier auf Erden, Wir selber nur, wir müssen anders werden.
Dieser Spruch half mir den ersten verstehn: und vielfältigen Gewinn erlangt' ich dadurch in mir: an diesem wünsch' ich Ihnen Antheil, darum erhalten Sie diese Zeilen von mir. --
1828.
An Ludwig Robert.
Herbst, 1828.
-- Ich muß dir doch sagen, daß Varnhagen von Graf B. ein Exemplar kleiner Gedichte geschenkt bekommen hat,
Paradieſes Unſchuld. Den Tag fühlt’ ich großes Leid. Es war ein Mittwoch. Ich ging in Geſellſchaft. Immer zu!
In einem Stammbuch.
Möcht’ ich doch ſchier verkehrten Rath dir geben, Der paßt für das verdrehte Leben;
fand ich vor langer Zeit in einem Buche: es fiel mir auf, weil ich es nicht ganz verſtehen konnte. Aber: wird dem Eit- len nicht willfahren? Werden große leere Anſprüche nicht meiſt erfüllt? Gelingen nicht die dümmſten Pläne? wird Be- ſcheidenheit nicht vergeſſen; bleibt ſie nicht unbeachtet? Iſt ir- gend ein Ereigniß zu berechnen? Herrſcht nicht der Hartherzige, der Strenge? Rechnet Einer in der ganzen Natur unſre Leiden, unſre Opfer? Behalten wir ſie nur ſelbſt im Gedächtniß? Scheint nicht alles verdreht, bis wir es umgekehrt?
Jetzt las ich wieder in einem Buche:
Es iſt nichts zu verändern hier auf Erden, Wir ſelber nur, wir müſſen anders werden.
Dieſer Spruch half mir den erſten verſtehn: und vielfältigen Gewinn erlangt’ ich dadurch in mir: an dieſem wünſch’ ich Ihnen Antheil, darum erhalten Sie dieſe Zeilen von mir. —
1828.
An Ludwig Robert.
Herbſt, 1828.
— Ich muß dir doch ſagen, daß Varnhagen von Graf B. ein Exemplar kleiner Gedichte geſchenkt bekommen hat,
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Paradieſes Unſchuld. Den Tag fühlt’ ich großes Leid. Es
war ein Mittwoch. Ich ging in Geſellſchaft. Immer zu!
In einem Stammbuch.
Möcht’ ich doch ſchier verkehrten Rath dir geben,
Der paßt für das verdrehte Leben;
fand ich vor langer Zeit in einem Buche: es fiel mir auf,
weil ich es nicht ganz verſtehen konnte. Aber: wird dem Eit-
len nicht willfahren? Werden große leere Anſprüche nicht
meiſt erfüllt? Gelingen nicht die dümmſten Pläne? wird Be-
ſcheidenheit nicht vergeſſen; bleibt ſie nicht unbeachtet? Iſt ir-
gend ein Ereigniß zu berechnen? Herrſcht nicht der Hartherzige,
der Strenge? Rechnet Einer in der ganzen Natur unſre Leiden,
unſre Opfer? Behalten wir ſie nur ſelbſt im Gedächtniß?
Scheint nicht alles verdreht, bis wir es umgekehrt?
Jetzt las ich wieder in einem Buche:
Es iſt nichts zu verändern hier auf Erden,
Wir ſelber nur, wir müſſen anders werden.
Dieſer Spruch half mir den erſten verſtehn: und vielfältigen
Gewinn erlangt’ ich dadurch in mir: an dieſem wünſch’ ich
Ihnen Antheil, darum erhalten Sie dieſe Zeilen von mir. —
1828.
An Ludwig Robert.
Herbſt, 1828.
— Ich muß dir doch ſagen, daß Varnhagen von Graf
B. ein Exemplar kleiner Gedichte geſchenkt bekommen hat,
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/346>, abgerufen am 22.12.2024.
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