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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834.

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andern Zufälligkeiten gehindert zu sein; und gedachte auch
jedesmal zu meiner Gesellschaft zu kommen. Jedesmal aber,
wenn ich noch sechs bis acht Zimmer von ihr entfernt war,
stellte sich ein Thier in dem Zimmer ein, wo ich war, welchem
ich keinen Namen geben konnte, weil seines Gleichen nicht in
der Welt war; von der Größe eines dünneren Schafes, als
Schafe gewöhnlich sind; rein und weiß wie unbetasteter
Schnee; halb Schaf, halb Ziege, mit einer Art von Angola-
Haaren; bei der Schnauze röthlich wie der reinlichste, rei-
zendste Marmor, Aurorfarbe, die Pfoten eben so. Dieses
Thier war mein Bekannter; ich wußte nicht, woher: es liebte
mich unendlich; und wußte es mir zu sagen, und zu zeigen:
ich mußte es behandeln wie einen Menschen. Es drückte mir
mit seinen Pfoten die Hände, und das ging mir jedesmal bis
in's Herz; es sah mich so voll Liebe an, wie ich mich nicht
erinnere eine größere in eines Menschen Auge gesehen zu
haben; am gewöhnlichsten nahm es mich bei der Hand, und
da ich immer zur Gesellschaft wollte, so durchschritten wir die
Zimmer, ohne jemals hinzukommen; das Thier suchte mich
zärtlich, und als hätte es wichtige Ursachen, davon abzuhal-
ten; weil ich aber hinwollte, so ging es in Liebe gezwungen
immer mit. Nicht selten auf die sonderbarste Weise; die Pfoten
nämlich bis zum zweiten Gelenk unter den Dielen; durch die
ich auch nach einer andern Etage hinunter sehen konnte, und
die doch fest waren; manchmal ging auch ich so mit dem
Thiere; bald im Erdgeschoß, bald eine Treppe hoch, meist
unten. Die Bedienten merkten gar nicht auf uns, obgleich sie
uns sahen; ich nannte diesen liebenden Liebling mein Thier;

andern Zufälligkeiten gehindert zu ſein; und gedachte auch
jedesmal zu meiner Geſellſchaft zu kommen. Jedesmal aber,
wenn ich noch ſechs bis acht Zimmer von ihr entfernt war,
ſtellte ſich ein Thier in dem Zimmer ein, wo ich war, welchem
ich keinen Namen geben konnte, weil ſeines Gleichen nicht in
der Welt war; von der Größe eines dünneren Schafes, als
Schafe gewöhnlich ſind; rein und weiß wie unbetaſteter
Schnee; halb Schaf, halb Ziege, mit einer Art von Angola-
Haaren; bei der Schnauze röthlich wie der reinlichſte, rei-
zendſte Marmor, Aurorfarbe, die Pfoten eben ſo. Dieſes
Thier war mein Bekannter; ich wußte nicht, woher: es liebte
mich unendlich; und wußte es mir zu ſagen, und zu zeigen:
ich mußte es behandeln wie einen Menſchen. Es drückte mir
mit ſeinen Pfoten die Hände, und das ging mir jedesmal bis
in’s Herz; es ſah mich ſo voll Liebe an, wie ich mich nicht
erinnere eine größere in eines Menſchen Auge geſehen zu
haben; am gewöhnlichſten nahm es mich bei der Hand, und
da ich immer zur Geſellſchaft wollte, ſo durchſchritten wir die
Zimmer, ohne jemals hinzukommen; das Thier ſuchte mich
zärtlich, und als hätte es wichtige Urſachen, davon abzuhal-
ten; weil ich aber hinwollte, ſo ging es in Liebe gezwungen
immer mit. Nicht ſelten auf die ſonderbarſte Weiſe; die Pfoten
nämlich bis zum zweiten Gelenk unter den Dielen; durch die
ich auch nach einer andern Etage hinunter ſehen konnte, und
die doch feſt waren; manchmal ging auch ich ſo mit dem
Thiere; bald im Erdgeſchoß, bald eine Treppe hoch, meiſt
unten. Die Bedienten merkten gar nicht auf uns, obgleich ſie
uns ſahen; ich nannte dieſen liebenden Liebling mein Thier;

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[50/0058] andern Zufälligkeiten gehindert zu ſein; und gedachte auch jedesmal zu meiner Geſellſchaft zu kommen. Jedesmal aber, wenn ich noch ſechs bis acht Zimmer von ihr entfernt war, ſtellte ſich ein Thier in dem Zimmer ein, wo ich war, welchem ich keinen Namen geben konnte, weil ſeines Gleichen nicht in der Welt war; von der Größe eines dünneren Schafes, als Schafe gewöhnlich ſind; rein und weiß wie unbetaſteter Schnee; halb Schaf, halb Ziege, mit einer Art von Angola- Haaren; bei der Schnauze röthlich wie der reinlichſte, rei- zendſte Marmor, Aurorfarbe, die Pfoten eben ſo. Dieſes Thier war mein Bekannter; ich wußte nicht, woher: es liebte mich unendlich; und wußte es mir zu ſagen, und zu zeigen: ich mußte es behandeln wie einen Menſchen. Es drückte mir mit ſeinen Pfoten die Hände, und das ging mir jedesmal bis in’s Herz; es ſah mich ſo voll Liebe an, wie ich mich nicht erinnere eine größere in eines Menſchen Auge geſehen zu haben; am gewöhnlichſten nahm es mich bei der Hand, und da ich immer zur Geſellſchaft wollte, ſo durchſchritten wir die Zimmer, ohne jemals hinzukommen; das Thier ſuchte mich zärtlich, und als hätte es wichtige Urſachen, davon abzuhal- ten; weil ich aber hinwollte, ſo ging es in Liebe gezwungen immer mit. Nicht ſelten auf die ſonderbarſte Weiſe; die Pfoten nämlich bis zum zweiten Gelenk unter den Dielen; durch die ich auch nach einer andern Etage hinunter ſehen konnte, und die doch feſt waren; manchmal ging auch ich ſo mit dem Thiere; bald im Erdgeſchoß, bald eine Treppe hoch, meiſt unten. Die Bedienten merkten gar nicht auf uns, obgleich ſie uns ſahen; ich nannte dieſen liebenden Liebling mein Thier;

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/58>, abgerufen am 21.11.2024.