ihr grade in Kleinigkeiten das Leben lieb: das sind grade die unbenannten Hauptsachen. Machen Sie sich so viel Plaisir, als Sie können, Ernestinchen, einer so sittlich lieben Tochter kann man schon so zureden. Ich bleibe einmal Ihr Stangen- halter. -- Adieu Kinder, ich sehne mich sehr, und sehr oft, bei allen Gelegenheiten, nach euch, bald nach Einem bald nach dem Andern, nach seinen Gelegenheiten. Küssen Sie den blonden Ferdinand.
An Auguste Brede, in Stuttgart.
Karlsruhe, den 5. Januar 1818.
-- Sehen Sie, daß es nicht so blieb? Nur kein kleines, verknittertes Schicksal, welches so seinen Gang ohne Titel und Namen geht; das wird man nie los: wenn es uns aber so Einmal derb um eine Ecke herumschleudert, und man nur den Stoß fühlt, und gar nicht weiß wo man hinkommen kann: so ist jenseits wieder Welt und Ereigniß; und liegen wir ja da, so ist's ein namentlicher Unglücksfall; das Volk läuft zu- sammen und hilft.
-- Ich bin trocken, und daher verdrießlich in der Seele; mich melirt nichts auf, -- wie der Herzog von Weimar sagt. -- Es ist viel drüber zu sagen, drum muß ich schweigen. "Mit mir ist's aus, mit mir hat's ein End, Husar muß ich werden im Leibregiment!" hört' ich Einmal, in westphälischen Zeiten, in rührender, lustiger Melodie einen Rekruten in Magdeburg singen. Die Sonne schien hell auf ihn, in einem gedrängten
ihr grade in Kleinigkeiten das Leben lieb: das ſind grade die unbenannten Hauptſachen. Machen Sie ſich ſo viel Plaiſir, als Sie können, Erneſtinchen, einer ſo ſittlich lieben Tochter kann man ſchon ſo zureden. Ich bleibe einmal Ihr Stangen- halter. — Adieu Kinder, ich ſehne mich ſehr, und ſehr oft, bei allen Gelegenheiten, nach euch, bald nach Einem bald nach dem Andern, nach ſeinen Gelegenheiten. Küſſen Sie den blonden Ferdinand.
An Auguſte Brede, in Stuttgart.
Karlsruhe, den 5. Januar 1818.
— Sehen Sie, daß es nicht ſo blieb? Nur kein kleines, verknittertes Schickſal, welches ſo ſeinen Gang ohne Titel und Namen geht; das wird man nie los: wenn es uns aber ſo Einmal derb um eine Ecke herumſchleudert, und man nur den Stoß fühlt, und gar nicht weiß wo man hinkommen kann: ſo iſt jenſeits wieder Welt und Ereigniß; und liegen wir ja da, ſo iſt’s ein namentlicher Unglücksfall; das Volk läuft zu- ſammen und hilft.
— Ich bin trocken, und daher verdrießlich in der Seele; mich melirt nichts auf, — wie der Herzog von Weimar ſagt. — Es iſt viel drüber zu ſagen, drum muß ich ſchweigen. „Mit mir iſt’s aus, mit mir hat’s ein End, Huſar muß ich werden im Leibregiment!“ hört’ ich Einmal, in weſtphäliſchen Zeiten, in rührender, luſtiger Melodie einen Rekruten in Magdeburg ſingen. Die Sonne ſchien hell auf ihn, in einem gedrängten
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ihr grade in Kleinigkeiten das Leben lieb: das ſind grade die
unbenannten Hauptſachen. Machen Sie ſich ſo viel Plaiſir,
als Sie können, Erneſtinchen, einer ſo ſittlich lieben Tochter
kann man ſchon ſo zureden. Ich bleibe einmal Ihr Stangen-
halter. — Adieu Kinder, ich ſehne mich ſehr, und ſehr oft,
bei allen Gelegenheiten, nach euch, bald nach Einem bald
nach dem Andern, nach ſeinen Gelegenheiten. Küſſen Sie den
blonden Ferdinand.
An Auguſte Brede, in Stuttgart.
Karlsruhe, den 5. Januar 1818.
— Sehen Sie, daß es nicht ſo blieb? Nur kein kleines,
verknittertes Schickſal, welches ſo ſeinen Gang ohne Titel und
Namen geht; das wird man nie los: wenn es uns aber ſo
Einmal derb um eine Ecke herumſchleudert, und man nur den
Stoß fühlt, und gar nicht weiß wo man hinkommen kann:
ſo iſt jenſeits wieder Welt und Ereigniß; und liegen wir ja
da, ſo iſt’s ein namentlicher Unglücksfall; das Volk läuft zu-
ſammen und hilft.
— Ich bin trocken, und daher verdrießlich in der Seele;
mich melirt nichts auf, — wie der Herzog von Weimar ſagt. —
Es iſt viel drüber zu ſagen, drum muß ich ſchweigen. „Mit
mir iſt’s aus, mit mir hat’s ein End, Huſar muß ich werden
im Leibregiment!“ hört’ ich Einmal, in weſtphäliſchen Zeiten,
in rührender, luſtiger Melodie einen Rekruten in Magdeburg
ſingen. Die Sonne ſchien hell auf ihn, in einem gedrängten
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 519. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/527>, abgerufen am 03.12.2024.
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