mir sehr am Herzen liegende litterarische Angelegenheit vor! Da die Neujuden es nun einmal -- in die Wette mit den Neuchristen -- durchgesetzt haben, ihre Mädchen einzusegnen -- die bisher, rein unter Gottes Obhut blühten -- und in besondern Kapellen und Tempeln deutsch zu predigen und zu beten, und modernen Ceremonien zu folgen, so soll er mir hel- fen, daß auch das Gute davon entstehe, daß des Moses Men- delssohn Übersetzung der Bücher Moses, in wirklich deutschen Lettern -- aber nicht lateinischen, sondern deutschen wie Lu- thers Bibel -- gedruckt werde. Es schreibt bis jetzt niemand besser Deutsch, als dieser wahrhafte Künstler in der Sache; Hebräisch wußte er gewiß sehr gut: ich bin gewiß, die Über- setzung ist ein Meisterstück, ganz deutsch, und doch dem Ori- ginale nah. Wer aber kann sie mit den jüdischen Lettern lesen? Mache, daß dies durch eine Subskription bei den Ju- den zu Stande kommt. Ich unterzeichne gleich. Ich halte unendlich auf die Ausführung dieses Gedankens, der so ein alter von mir ist: wär' ich nicht nur ein toller, sondern auch ein reicher Engländer, ich hätte es längst allein gethan, und dieselbe Übersetzung mit deutschen Lettern drucken lassen. Es ist gewiß vortrefflich und ersprießlich; wie alles sehr Gute und Schöne. Ich will mal sehen, was du vermagst. Lebe wohl, Theuerster! Morgen bekomme ich wieder einen Brief von dir! Ich umarme dich in Liebe. Deine R. Sechs Botschaften und Billete störten mich im Schreiben. Das Schreiben hat mir nicht schlimm gethan. Adieu! --
mir ſehr am Herzen liegende litterariſche Angelegenheit vor! Da die Neujuden es nun einmal — in die Wette mit den Neuchriſten — durchgeſetzt haben, ihre Mädchen einzuſegnen — die bisher, rein unter Gottes Obhut blühten — und in beſondern Kapellen und Tempeln deutſch zu predigen und zu beten, und modernen Ceremonien zu folgen, ſo ſoll er mir hel- fen, daß auch das Gute davon entſtehe, daß des Moſes Men- delsſohn Überſetzung der Bücher Moſes, in wirklich deutſchen Lettern — aber nicht lateiniſchen, ſondern deutſchen wie Lu- thers Bibel — gedruckt werde. Es ſchreibt bis jetzt niemand beſſer Deutſch, als dieſer wahrhafte Künſtler in der Sache; Hebräiſch wußte er gewiß ſehr gut: ich bin gewiß, die Über- ſetzung iſt ein Meiſterſtück, ganz deutſch, und doch dem Ori- ginale nah. Wer aber kann ſie mit den jüdiſchen Lettern leſen? Mache, daß dies durch eine Subſkription bei den Ju- den zu Stande kommt. Ich unterzeichne gleich. Ich halte unendlich auf die Ausführung dieſes Gedankens, der ſo ein alter von mir iſt: wär’ ich nicht nur ein toller, ſondern auch ein reicher Engländer, ich hätte es längſt allein gethan, und dieſelbe Überſetzung mit deutſchen Lettern drucken laſſen. Es iſt gewiß vortrefflich und erſprießlich; wie alles ſehr Gute und Schöne. Ich will mal ſehen, was du vermagſt. Lebe wohl, Theuerſter! Morgen bekomme ich wieder einen Brief von dir! Ich umarme dich in Liebe. Deine R. Sechs Botſchaften und Billete ſtörten mich im Schreiben. Das Schreiben hat mir nicht ſchlimm gethan. Adieu! —
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mir ſehr am Herzen liegende litterariſche Angelegenheit vor!
Da die Neujuden es nun einmal — in die Wette mit den
Neuchriſten — durchgeſetzt haben, ihre Mädchen einzuſegnen
— die bisher, rein unter Gottes Obhut blühten — und in
beſondern Kapellen und Tempeln deutſch zu predigen und zu
beten, und modernen Ceremonien zu folgen, ſo ſoll er mir hel-
fen, daß auch das Gute davon entſtehe, daß des Moſes Men-
delsſohn Überſetzung der Bücher Moſes, in wirklich deutſchen
Lettern — aber nicht lateiniſchen, ſondern deutſchen wie Lu-
thers Bibel — gedruckt werde. Es ſchreibt bis jetzt niemand
beſſer Deutſch, als dieſer wahrhafte Künſtler in der Sache;
Hebräiſch wußte er gewiß ſehr gut: ich bin gewiß, die Über-
ſetzung iſt ein Meiſterſtück, ganz deutſch, und doch dem Ori-
ginale nah. Wer aber kann ſie mit den jüdiſchen Lettern
leſen? Mache, daß dies durch eine Subſkription bei den Ju-
den zu Stande kommt. Ich unterzeichne gleich. Ich halte
unendlich auf die Ausführung dieſes Gedankens, der ſo ein
alter von mir iſt: wär’ ich nicht nur ein toller, ſondern auch
ein reicher Engländer, ich hätte es längſt allein gethan, und
dieſelbe Überſetzung mit deutſchen Lettern drucken laſſen. Es
iſt gewiß vortrefflich und erſprießlich; wie alles ſehr Gute und
Schöne. Ich will mal ſehen, was du vermagſt. Lebe wohl,
Theuerſter! Morgen bekomme ich wieder einen Brief von dir!
Ich umarme dich in Liebe. Deine R. Sechs Botſchaften und
Billete ſtörten mich im Schreiben. Das Schreiben hat mir
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 492. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/500>, abgerufen am 25.11.2024.
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