Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

de Baden nennt. Ich werde auch eine Oberhofmeisterin. Tra-
lalala! Nun umarme ich dich innig und mit voller Seele,
und seh dich an! Schreibe noch ein paar Besorgungen, und
geh spaziren. Du gönnst es mir. Ich denk' an dich!

Deine R.

Bessere Tinte hab' ich nicht. Du grüßest Alle, Alle. Ich
grüße dich, Ohme, und alle Unsern zehntausendmal! Heil zum
Achtzehnten!! --



An Varnhagen, in Berlin.


Diesen Brief, mein geliebter August, schreib' ich ganz auf
gerathewohl; da er fünf Tage gehen muß, und du dann viel-
leicht schon hierher reisest. -- Heute hab' ich ein ganz beson-
ders Bedürfniß nach dir. Heute strömen unendliche Gedanken
und Empfindungen durch meine Seele, wie das geputzte fest-
liche Volk der ganzen Stadt, und auch der Umgegend, vor
meinen Fenstern das Gallenthor hinaus den Stadttruppen
vor, und nach! Es waren musikalische Massen, kurz alles!
Wie wird es erst bei uns sein; das Herz aller Selbstermuthi-
gung, aller Demüthigung, Verstutztheit, Langmuth, und Lang-
Grimms; fester, schneller, und erfolgreichen Ermannung; der
Triebpunkt schneller Auffassungen, und auch schnellen Wechsels
der Meinungen, Gedanken und Ansichten! Wo bist du heute
in der von Festen bewegten Berlinstadt? Ich bin erschüttert,
etwas ängstlich; wie zuletzt bei allen großen Gemüthsbewe-

II. 31

de Baden nennt. Ich werde auch eine Oberhofmeiſterin. Tra-
lalala! Nun umarme ich dich innig und mit voller Seele,
und ſeh dich an! Schreibe noch ein paar Beſorgungen, und
geh ſpaziren. Du gönnſt es mir. Ich denk’ an dich!

Deine R.

Beſſere Tinte hab’ ich nicht. Du grüßeſt Alle, Alle. Ich
grüße dich, Ohme, und alle Unſern zehntauſendmal! Heil zum
Achtzehnten!! —



An Varnhagen, in Berlin.


Dieſen Brief, mein geliebter Auguſt, ſchreib’ ich ganz auf
gerathewohl; da er fünf Tage gehen muß, und du dann viel-
leicht ſchon hierher reiſeſt. — Heute hab’ ich ein ganz beſon-
ders Bedürfniß nach dir. Heute ſtrömen unendliche Gedanken
und Empfindungen durch meine Seele, wie das geputzte feſt-
liche Volk der ganzen Stadt, und auch der Umgegend, vor
meinen Fenſtern das Gallenthor hinaus den Stadttruppen
vor, und nach! Es waren muſikaliſche Maſſen, kurz alles!
Wie wird es erſt bei uns ſein; das Herz aller Selbſtermuthi-
gung, aller Demüthigung, Verſtutztheit, Langmuth, und Lang-
Grimms; feſter, ſchneller, und erfolgreichen Ermannung; der
Triebpunkt ſchneller Auffaſſungen, und auch ſchnellen Wechſels
der Meinungen, Gedanken und Anſichten! Wo biſt du heute
in der von Feſten bewegten Berlinſtadt? Ich bin erſchüttert,
etwas ängſtlich; wie zuletzt bei allen großen Gemüthsbewe-

II. 31
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0489" n="481"/><hi rendition="#aq">de Baden</hi> nennt. Ich werde <hi rendition="#g">auch</hi> eine Oberhofmei&#x017F;terin. Tra-<lb/>
lalala! Nun umarme ich dich innig und mit voller Seele,<lb/>
und &#x017F;eh dich an! Schreibe noch ein paar Be&#x017F;orgungen, und<lb/>
geh &#x017F;paziren. Du gönn&#x017F;t es mir. Ich denk&#x2019; an dich!</p><lb/>
          <closer>
            <salute> <hi rendition="#et">Deine R.</hi> </salute>
          </closer><lb/>
          <postscript>
            <p>Be&#x017F;&#x017F;ere Tinte <hi rendition="#g">hab</hi>&#x2019; ich nicht. Du grüße&#x017F;t Alle, Alle. Ich<lb/>
grüße dich, Ohme, und alle Un&#x017F;ern zehntau&#x017F;endmal! Heil zum<lb/><hi rendition="#g">Achtzehnten</hi>!! &#x2014;</p>
          </postscript>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>An Varnhagen, in Berlin.</head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">Frankfurt a. M., den berühmten 18ten 1817.</hi> </dateline><lb/>
          <p>Die&#x017F;en Brief, mein geliebter Augu&#x017F;t, &#x017F;chreib&#x2019; ich ganz auf<lb/>
gerathewohl; da er fünf Tage gehen muß, und du dann viel-<lb/>
leicht &#x017F;chon hierher rei&#x017F;e&#x017F;t. &#x2014; Heute hab&#x2019; ich ein ganz be&#x017F;on-<lb/>
ders Bedürfniß nach dir. Heute &#x017F;trömen unendliche Gedanken<lb/>
und Empfindungen durch meine Seele, wie das geputzte fe&#x017F;t-<lb/>
liche Volk der ganzen Stadt, und auch der Umgegend, vor<lb/>
meinen Fen&#x017F;tern das Gallenthor hinaus den Stadttruppen<lb/>
vor, und nach! Es waren mu&#x017F;ikali&#x017F;che Ma&#x017F;&#x017F;en, kurz alles!<lb/>
Wie wird es er&#x017F;t bei uns &#x017F;ein; das Herz aller Selb&#x017F;termuthi-<lb/>
gung, aller Demüthigung, Ver&#x017F;tutztheit, Langmuth, und Lang-<lb/>
Grimms; fe&#x017F;ter, &#x017F;chneller, und erfolgreichen Ermannung; der<lb/>
Triebpunkt &#x017F;chneller Auffa&#x017F;&#x017F;ungen, und auch &#x017F;chnellen Wech&#x017F;els<lb/>
der Meinungen, Gedanken und An&#x017F;ichten! Wo bi&#x017F;t <hi rendition="#g">du</hi> heute<lb/>
in der von Fe&#x017F;ten bewegten Berlin&#x017F;tadt? Ich bin er&#x017F;chüttert,<lb/>
etwas äng&#x017F;tlich; wie zuletzt bei allen großen Gemüthsbewe-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II.</hi> 31</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[481/0489] de Baden nennt. Ich werde auch eine Oberhofmeiſterin. Tra- lalala! Nun umarme ich dich innig und mit voller Seele, und ſeh dich an! Schreibe noch ein paar Beſorgungen, und geh ſpaziren. Du gönnſt es mir. Ich denk’ an dich! Deine R. Beſſere Tinte hab’ ich nicht. Du grüßeſt Alle, Alle. Ich grüße dich, Ohme, und alle Unſern zehntauſendmal! Heil zum Achtzehnten!! — An Varnhagen, in Berlin. Frankfurt a. M., den berühmten 18ten 1817. Dieſen Brief, mein geliebter Auguſt, ſchreib’ ich ganz auf gerathewohl; da er fünf Tage gehen muß, und du dann viel- leicht ſchon hierher reiſeſt. — Heute hab’ ich ein ganz beſon- ders Bedürfniß nach dir. Heute ſtrömen unendliche Gedanken und Empfindungen durch meine Seele, wie das geputzte feſt- liche Volk der ganzen Stadt, und auch der Umgegend, vor meinen Fenſtern das Gallenthor hinaus den Stadttruppen vor, und nach! Es waren muſikaliſche Maſſen, kurz alles! Wie wird es erſt bei uns ſein; das Herz aller Selbſtermuthi- gung, aller Demüthigung, Verſtutztheit, Langmuth, und Lang- Grimms; feſter, ſchneller, und erfolgreichen Ermannung; der Triebpunkt ſchneller Auffaſſungen, und auch ſchnellen Wechſels der Meinungen, Gedanken und Anſichten! Wo biſt du heute in der von Feſten bewegten Berlinſtadt? Ich bin erſchüttert, etwas ängſtlich; wie zuletzt bei allen großen Gemüthsbewe- II. 31

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/489
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 481. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/489>, abgerufen am 22.12.2024.