Thun Sie mir den einzigen Gefallen, Herzensguste, wenn Sie diesen Brief gelesen haben, ihn gleich an Markus nach Berlin zu schicken. Schreiben wird mir so schwer; man läßt mich von des Morgens im Bette so wenig allein, daß ich Gott danke, wenn ich einen Brief fertig habe. Markus amü- sirt das Theater, mein Leben, und alles was hier steht. Ich grüße Alle. Robert ist sehr fleißig neben mir an (nicht eben jetzt): wir Alle eigentlich vergnügt hier bei den besten Wirthen, die uns gar nicht weglassen wollen. Mit Koch, Pferden, Loge. Gott segn' es ferner. Adieu. Eure R. Der ältesten Schwägrin ihr Leiden kränkt mich sehr, da mein physique mir ihr Leiden deutlich macht. Künftig mehr.
An Astolf Grafen von Custine, in Fervaques.
Mon-endroit, Dienstag, den 17. December 1816.
Gestern, lieber Astolf, in der größten Einsamkeit, Mor- gens war Mad. Brede abgereist, es stürmte wie auf dem Meere, kein Mensch öffnete meine Thür, von jeder Seite sind zwei Zimmer bis zu meinem leer, alle sehen nur über Dächer weg; meines geht nach unserm Hof, wo ich über Seitengebäude nach einem Wald, Fasanerie genannt, sehe; aber vorher mit meinen Augen erst vor einem kleinen Nachbarsgarten vorbei muß, der bis jetzt allem frühen Schnee, dem ungebührlichsten tobendsten Sturm, und allen Sorten von wüthendem Regen, Reif, und Frost widerstanden hat, und unbefangen seinen grü- nen Boden zeigt, in der größten Sommerordnung, in gradge-
Thun Sie mir den einzigen Gefallen, Herzensguſte, wenn Sie dieſen Brief geleſen haben, ihn gleich an Markus nach Berlin zu ſchicken. Schreiben wird mir ſo ſchwer; man läßt mich von des Morgens im Bette ſo wenig allein, daß ich Gott danke, wenn ich einen Brief fertig habe. Markus amü- ſirt das Theater, mein Leben, und alles was hier ſteht. Ich grüße Alle. Robert iſt ſehr fleißig neben mir an (nicht eben jetzt): wir Alle eigentlich vergnügt hier bei den beſten Wirthen, die uns gar nicht weglaſſen wollen. Mit Koch, Pferden, Loge. Gott ſegn’ es ferner. Adieu. Eure R. Der älteſten Schwägrin ihr Leiden kränkt mich ſehr, da mein physique mir ihr Leiden deutlich macht. Künftig mehr.
An Aſtolf Grafen von Cuſtine, in Fervaques.
Mon-endroit, Dienstag, den 17. December 1816.
Geſtern, lieber Aſtolf, in der größten Einſamkeit, Mor- gens war Mad. Brede abgereiſt, es ſtürmte wie auf dem Meere, kein Menſch öffnete meine Thür, von jeder Seite ſind zwei Zimmer bis zu meinem leer, alle ſehen nur über Dächer weg; meines geht nach unſerm Hof, wo ich über Seitengebäude nach einem Wald, Faſanerie genannt, ſehe; aber vorher mit meinen Augen erſt vor einem kleinen Nachbarsgarten vorbei muß, der bis jetzt allem frühen Schnee, dem ungebührlichſten tobendſten Sturm, und allen Sorten von wüthendem Regen, Reif, und Froſt widerſtanden hat, und unbefangen ſeinen grü- nen Boden zeigt, in der größten Sommerordnung, in gradge-
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Thun Sie mir den einzigen Gefallen, Herzensguſte, wenn
Sie dieſen Brief geleſen haben, ihn gleich an Markus nach
Berlin zu ſchicken. Schreiben wird mir ſo ſchwer; man läßt
mich von des Morgens im Bette ſo wenig allein, daß ich
Gott danke, wenn ich einen Brief fertig habe. Markus amü-
ſirt das Theater, mein Leben, und alles was hier ſteht. Ich
grüße Alle. Robert iſt ſehr fleißig neben mir an (nicht eben
jetzt): wir Alle eigentlich vergnügt hier bei den beſten Wirthen,
die uns gar nicht weglaſſen wollen. Mit Koch, Pferden,
Loge. Gott ſegn’ es ferner. Adieu. Eure R. Der älteſten
Schwägrin ihr Leiden kränkt mich ſehr, da mein physique
mir ihr Leiden deutlich macht. Künftig mehr.
An Aſtolf Grafen von Cuſtine, in Fervaques.
Mon-endroit, Dienstag, den 17. December 1816.
Geſtern, lieber Aſtolf, in der größten Einſamkeit, Mor-
gens war Mad. Brede abgereiſt, es ſtürmte wie auf dem Meere,
kein Menſch öffnete meine Thür, von jeder Seite ſind zwei
Zimmer bis zu meinem leer, alle ſehen nur über Dächer weg;
meines geht nach unſerm Hof, wo ich über Seitengebäude
nach einem Wald, Faſanerie genannt, ſehe; aber vorher mit
meinen Augen erſt vor einem kleinen Nachbarsgarten vorbei
muß, der bis jetzt allem frühen Schnee, dem ungebührlichſten
tobendſten Sturm, und allen Sorten von wüthendem Regen,
Reif, und Froſt widerſtanden hat, und unbefangen ſeinen grü-
nen Boden zeigt, in der größten Sommerordnung, in gradge-
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/434>, abgerufen am 22.12.2024.
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