Reihe Bäume weghauen will??? damit die Leute besser aus den Fenstern sehen können? das leidet der König? Es verdirbt mir ganz Berlin. Es stand im Morgenblatt. So haben sie auch, vor einigen Jahren, die Götterwand von Hecke vor der Charlottenburger Orangerie weggehauen. "Die Orangerie sollte bessre Luftlöcher haben." Wahnsinn. Die Orangerie war siebzig Jahre gut genug für Brandenburg: und solche Hecke hat ganz Italien nicht. O! Koreff, sprechen Sie davon! Adieu, adieu! Golda!
Ihre Rahel.
Lieber Koreff! Ich kann Ihnen ja gar nichts gethan haben. Adieu, adieu!
An Troxler, in Beromünster.
Frankfurt a. M. im Mai 1816.
Viele schöne Grüße! Wenn Sie Ihr Leben, auch nur ganz trocken, schreiben wollten, könnte meines Bedünkens kein schönerer Anfang, keine schönere Einleitung dazu genommen werden, als was Sie Varnhagen, über den Vorschlag es zu schreiben, geschrieben haben! Ich fand es sehr schön, und spie- glend nach allen Seiten Ihres Lebens hin, und bis in's In- nerste; bis auf die wahrste Farbe wiedergebend. Von mir, Lieber, können Sie sagen was Sie wollen, nur meinen armen Namen nicht! Er ist mir so bequem wie ein dunkeles Kleid, von dem man sich einbildet, es hielte auch warm; würde er hell, es fröre mich, ich könnte mich nicht mehr einwicklen, und stünde mit meinem Wuchs ganz embarrassirt. Viele selbstge-
Reihe Bäume weghauen will??? damit die Leute beſſer aus den Fenſtern ſehen können? das leidet der König? Es verdirbt mir ganz Berlin. Es ſtand im Morgenblatt. So haben ſie auch, vor einigen Jahren, die Götterwand von Hecke vor der Charlottenburger Orangerie weggehauen. „Die Orangerie ſollte beſſre Luftlöcher haben.“ Wahnſinn. Die Orangerie war ſiebzig Jahre gut genug für Brandenburg: und ſolche Hecke hat ganz Italien nicht. O! Koreff, ſprechen Sie davon! Adieu, adieu! Golda!
Ihre Rahel.
Lieber Koreff! Ich kann Ihnen ja gar nichts gethan haben. Adieu, adieu!
An Troxler, in Beromünſter.
Frankfurt a. M. im Mai 1816.
Viele ſchöne Grüße! Wenn Sie Ihr Leben, auch nur ganz trocken, ſchreiben wollten, könnte meines Bedünkens kein ſchönerer Anfang, keine ſchönere Einleitung dazu genommen werden, als was Sie Varnhagen, über den Vorſchlag es zu ſchreiben, geſchrieben haben! Ich fand es ſehr ſchön, und ſpie- glend nach allen Seiten Ihres Lebens hin, und bis in’s In- nerſte; bis auf die wahrſte Farbe wiedergebend. Von mir, Lieber, können Sie ſagen was Sie wollen, nur meinen armen Namen nicht! Er iſt mir ſo bequem wie ein dunkeles Kleid, von dem man ſich einbildet, es hielte auch warm; würde er hell, es fröre mich, ich könnte mich nicht mehr einwicklen, und ſtünde mit meinem Wuchs ganz embarraſſirt. Viele ſelbſtge-
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Reihe Bäume weghauen will??? damit die Leute beſſer aus
den Fenſtern ſehen können? das leidet der König?
Es verdirbt mir ganz Berlin. Es ſtand im Morgenblatt.
So haben ſie auch, vor einigen Jahren, die Götterwand von
Hecke vor der Charlottenburger Orangerie weggehauen. „Die
Orangerie ſollte beſſre Luftlöcher haben.“ Wahnſinn. Die
Orangerie war ſiebzig Jahre gut genug für Brandenburg: und
ſolche Hecke hat ganz Italien nicht. O! Koreff, ſprechen
Sie davon! Adieu, adieu! Golda!
Ihre Rahel.
Lieber Koreff! Ich kann Ihnen ja gar nichts gethan
haben. Adieu, adieu!
An Troxler, in Beromünſter.
Frankfurt a. M. im Mai 1816.
Viele ſchöne Grüße! Wenn Sie Ihr Leben, auch nur
ganz trocken, ſchreiben wollten, könnte meines Bedünkens kein
ſchönerer Anfang, keine ſchönere Einleitung dazu genommen
werden, als was Sie Varnhagen, über den Vorſchlag es zu
ſchreiben, geſchrieben haben! Ich fand es ſehr ſchön, und ſpie-
glend nach allen Seiten Ihres Lebens hin, und bis in’s In-
nerſte; bis auf die wahrſte Farbe wiedergebend. Von mir,
Lieber, können Sie ſagen was Sie wollen, nur meinen armen
Namen nicht! Er iſt mir ſo bequem wie ein dunkeles Kleid,
von dem man ſich einbildet, es hielte auch warm; würde er
hell, es fröre mich, ich könnte mich nicht mehr einwicklen, und
ſtünde mit meinem Wuchs ganz embarraſſirt. Viele ſelbſtge-
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/414>, abgerufen am 28.11.2024.
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