und Jugend an uns verloren. Papa gedient, wie ein Pudel, in harten Winternächten, unverdrossen; Mamaen; und dir, Markus, in Krankheiten, Bäder getragen, alles. Ihre Fehler seien ihr, wie Allen, verziehen! -- August, und Markus, ihr sorgt so lange sie lebt für sie. -- Ich werde noch weiter unten von ihr und Dore sprechen. -- --
-- Mein Vermögen ist nie eine Fortüne, sondern kann nur eine angenehme, oder nöthige Hülfe sein. Meinem Ge- wissen nach, bin ich es dir, August, schuldig; du theilst aber die Zinsen gewiß gern mit Ludwig; und er nimmt es auch gewiß willig. Er hat nur mäßig zu leben, kein Etablisse- ment; Sinn für Freiheit, eine gemordete Jugend; und eine gräßliche Krankheit in meiner Gegenwart erlitten, und Gei- stesangst gekannt. Lebe wohl, lieber Robert. Ich denke wie du über Leben und Tod, und wurde besser und gütiger. Ge- nieße die Muße, und die Natur; und ruf' auf mich, in schö- ner Gegend. Maxwitz, Louis, Mama, alle sind weg!
Dir, mein August, vermag ich nichts zu sagen! Zehre an meinem Leben. Freue dich deines. Mache wie du es kannst. Je weniger du dich der Betrübniß hingiebst, je mehr freust du mich! Ich danke dir; und liebe dich; und ehre dich, und sehe dich ganz ein. Lieber! Scheue kein neues Leben! und widme mir nur, was du mir nicht nehmen kannst. Geliebter! einzi- ger! ehrlicher Freund! Ich nehme Theil an allem. Wie son- derbar! noch hör' ich den Orgelmann im Hof, sehe hinten das Feld, die Sonne: und diese Blätter werden so angesehen, wie ich Mama ihre ansehe. Ich bin ganz ruhig; recht vergnügt.
und Jugend an uns verloren. Papa gedient, wie ein Pudel, in harten Winternächten, unverdroſſen; Mamaen; und dir, Markus, in Krankheiten, Bäder getragen, alles. Ihre Fehler ſeien ihr, wie Allen, verziehen! — Auguſt, und Markus, ihr ſorgt ſo lange ſie lebt für ſie. — Ich werde noch weiter unten von ihr und Dore ſprechen. — —
— Mein Vermögen iſt nie eine Fortüne, ſondern kann nur eine angenehme, oder nöthige Hülfe ſein. Meinem Ge- wiſſen nach, bin ich es dir, Auguſt, ſchuldig; du theilſt aber die Zinſen gewiß gern mit Ludwig; und er nimmt es auch gewiß willig. Er hat nur mäßig zu leben, kein Etabliſſe- ment; Sinn für Freiheit, eine gemordete Jugend; und eine gräßliche Krankheit in meiner Gegenwart erlitten, und Gei- ſtesangſt gekannt. Lebe wohl, lieber Robert. Ich denke wie du über Leben und Tod, und wurde beſſer und gütiger. Ge- nieße die Muße, und die Natur; und ruf’ auf mich, in ſchö- ner Gegend. Maxwitz, Louis, Mama, alle ſind weg!
Dir, mein Auguſt, vermag ich nichts zu ſagen! Zehre an meinem Leben. Freue dich deines. Mache wie du es kannſt. Je weniger du dich der Betrübniß hingiebſt, je mehr freuſt du mich! Ich danke dir; und liebe dich; und ehre dich, und ſehe dich ganz ein. Lieber! Scheue kein neues Leben! und widme mir nur, was du mir nicht nehmen kannſt. Geliebter! einzi- ger! ehrlicher Freund! Ich nehme Theil an allem. Wie ſon- derbar! noch hör’ ich den Orgelmann im Hof, ſehe hinten das Feld, die Sonne: und dieſe Blätter werden ſo angeſehen, wie ich Mama ihre anſehe. Ich bin ganz ruhig; recht vergnügt.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0400"n="392"/>
und Jugend an uns verloren. Papa gedient, wie ein Pudel,<lb/>
in harten Winternächten, unverdroſſen; Mamaen; und dir,<lb/>
Markus, in Krankheiten, Bäder getragen, alles. Ihre Fehler<lb/>ſeien ihr, <hirendition="#g">wie Allen, verziehen</hi>! — Auguſt, und Markus,<lb/>
ihr ſorgt ſo lange <hirendition="#g">ſie</hi> lebt für ſie. — Ich werde noch weiter<lb/>
unten von ihr und Dore ſprechen. ——</p><lb/><p>— Mein Vermögen iſt nie eine Fortüne, ſondern kann<lb/>
nur eine angenehme, oder nöthige Hülfe ſein. Meinem Ge-<lb/>
wiſſen nach, bin ich es dir, Auguſt, ſchuldig; du theilſt aber<lb/>
die Zinſen gewiß gern mit Ludwig; und er nimmt es auch<lb/><hirendition="#g">gewiß willig</hi>. Er hat nur mäßig zu leben, kein Etabliſſe-<lb/>
ment; Sinn für Freiheit, eine gemordete Jugend; und eine<lb/>
gräßliche Krankheit in meiner Gegenwart erlitten, und Gei-<lb/>ſtesangſt gekannt. Lebe wohl, lieber Robert. Ich denke wie<lb/>
du über Leben und Tod, und wurde beſſer und gütiger. Ge-<lb/>
nieße die Muße, und die Natur; und ruf’ auf mich, in ſchö-<lb/>
ner Gegend. Maxwitz, Louis, Mama, alle ſind weg!</p><lb/><p>Dir, mein Auguſt, vermag ich nichts zu ſagen! Zehre an<lb/>
meinem Leben. Freue dich deines. Mache <hirendition="#g">wie</hi> du es kannſt.<lb/>
Je weniger du dich der Betrübniß hingiebſt, je mehr freuſt du<lb/>
mich! Ich danke dir; und liebe dich; und ehre dich, und ſehe<lb/>
dich ganz ein. Lieber! Scheue <hirendition="#g">kein</hi> neues Leben! und widme<lb/><hirendition="#g">mir</hi> nur, was du mir nicht nehmen kannſt. Geliebter! einzi-<lb/>
ger! ehrlicher Freund! Ich nehme Theil an allem. Wie ſon-<lb/>
derbar! noch hör’ ich den Orgelmann im Hof, ſehe hinten das<lb/>
Feld, die Sonne: und dieſe Blätter werden ſo angeſehen, wie<lb/>
ich Mama ihre anſehe. Ich bin <hirendition="#g">ganz</hi> ruhig; recht vergnügt.<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[392/0400]
und Jugend an uns verloren. Papa gedient, wie ein Pudel,
in harten Winternächten, unverdroſſen; Mamaen; und dir,
Markus, in Krankheiten, Bäder getragen, alles. Ihre Fehler
ſeien ihr, wie Allen, verziehen! — Auguſt, und Markus,
ihr ſorgt ſo lange ſie lebt für ſie. — Ich werde noch weiter
unten von ihr und Dore ſprechen. — —
— Mein Vermögen iſt nie eine Fortüne, ſondern kann
nur eine angenehme, oder nöthige Hülfe ſein. Meinem Ge-
wiſſen nach, bin ich es dir, Auguſt, ſchuldig; du theilſt aber
die Zinſen gewiß gern mit Ludwig; und er nimmt es auch
gewiß willig. Er hat nur mäßig zu leben, kein Etabliſſe-
ment; Sinn für Freiheit, eine gemordete Jugend; und eine
gräßliche Krankheit in meiner Gegenwart erlitten, und Gei-
ſtesangſt gekannt. Lebe wohl, lieber Robert. Ich denke wie
du über Leben und Tod, und wurde beſſer und gütiger. Ge-
nieße die Muße, und die Natur; und ruf’ auf mich, in ſchö-
ner Gegend. Maxwitz, Louis, Mama, alle ſind weg!
Dir, mein Auguſt, vermag ich nichts zu ſagen! Zehre an
meinem Leben. Freue dich deines. Mache wie du es kannſt.
Je weniger du dich der Betrübniß hingiebſt, je mehr freuſt du
mich! Ich danke dir; und liebe dich; und ehre dich, und ſehe
dich ganz ein. Lieber! Scheue kein neues Leben! und widme
mir nur, was du mir nicht nehmen kannſt. Geliebter! einzi-
ger! ehrlicher Freund! Ich nehme Theil an allem. Wie ſon-
derbar! noch hör’ ich den Orgelmann im Hof, ſehe hinten das
Feld, die Sonne: und dieſe Blätter werden ſo angeſehen, wie
ich Mama ihre anſehe. Ich bin ganz ruhig; recht vergnügt.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/400>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.