liegen, und sitzen, und an kein Publikum denken! Der Mah- ler lebte hundert und zwanzig Jahr vor Albrecht Dürer, des- sen Bilder Sie kennen. Boisseree's aus Köln leben in Hei- delberg, und besitzen sie, aus zerstörten Kirchen und Klöstern, die nicht wußten was sie hatten, gekauft. Dort will ich ein wenig leben; und will mir das Glück hold, so sehe ich Sie dort. --
Den 21. April 1816.
Melancholisch ist noch das Beste! Das ist weich, da fühlt man in einem großen Horizont. Nur nicht beklemmt!
Verfügungen.
(Vorgefunden und zuerst gelesen nach dem 7. März 1833.)
Frankfurt a. M. den 23. April 1816.
-- Ich fühlte mich in Mannheim so krank, daß ich mir gleich vornahm aufzuschreiben, wie es mit dem, was mir ge- hört, und worüber ich freies Walten habe, geschehen soll; so- bald ich nur einen Tag es thun kann, ohne daß du es, lieber August, siehest. Unterdeß sagte ich Dore manches Kleine, und ward schon dabei sehr vergnügt; und auch körperlich frei, für den Augenblick, von einem harten Anfall. So wenig verstehe ich eigentlich, hypochondrisch zu sein.
Die Hauptsache bei meinem Tod für mich hat mir Varn- hagen auf Ehre versprochen; nämlich mich ohne allen Putz in einen schlechten Sarg legen zu lassen, welcher keinen zugena-
liegen, und ſitzen, und an kein Publikum denken! Der Mah- ler lebte hundert und zwanzig Jahr vor Albrecht Dürer, deſ- ſen Bilder Sie kennen. Boiſſerée’s aus Köln leben in Hei- delberg, und beſitzen ſie, aus zerſtörten Kirchen und Klöſtern, die nicht wußten was ſie hatten, gekauft. Dort will ich ein wenig leben; und will mir das Glück hold, ſo ſehe ich Sie dort. —
Den 21. April 1816.
Melancholiſch iſt noch das Beſte! Das iſt weich, da fühlt man in einem großen Horizont. Nur nicht beklemmt!
Verfügungen.
(Vorgefunden und zuerſt geleſen nach dem 7. März 1833.)
Frankfurt a. M. den 23. April 1816.
— Ich fühlte mich in Mannheim ſo krank, daß ich mir gleich vornahm aufzuſchreiben, wie es mit dem, was mir ge- hört, und worüber ich freies Walten habe, geſchehen ſoll; ſo- bald ich nur einen Tag es thun kann, ohne daß du es, lieber Auguſt, ſieheſt. Unterdeß ſagte ich Dore manches Kleine, und ward ſchon dabei ſehr vergnügt; und auch körperlich frei, für den Augenblick, von einem harten Anfall. So wenig verſtehe ich eigentlich, hypochondriſch zu ſein.
Die Hauptſache bei meinem Tod für mich hat mir Varn- hagen auf Ehre verſprochen; nämlich mich ohne allen Putz in einen ſchlechten Sarg legen zu laſſen, welcher keinen zugena-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0397"n="389"/>
liegen, und ſitzen, und an kein Publikum <hirendition="#g">denken</hi>! Der Mah-<lb/>
ler lebte hundert und zwanzig Jahr <hirendition="#g">vor</hi> Albrecht Dürer, deſ-<lb/>ſen Bilder Sie kennen. Boiſſer<hirendition="#aq">é</hi>e’s aus Köln leben in Hei-<lb/>
delberg, und beſitzen ſie, aus zerſtörten Kirchen und Klöſtern,<lb/>
die nicht wußten was ſie hatten, gekauft. Dort will ich ein<lb/>
wenig leben; und will mir das Glück hold, ſo ſehe ich <hirendition="#g">Sie</hi><lb/>
dort. —</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><dateline><hirendition="#et">Den 21. April 1816.</hi></dateline><lb/><p>Melancholiſch iſt noch das <hirendition="#g">Beſte</hi>! Das iſt <hirendition="#g">weich</hi>, da<lb/>
fühlt man in einem großen Horizont. Nur nicht beklemmt!</p></div></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head><hirendition="#g">Verfügungen</hi>.</head><lb/><p><hirendition="#c">(Vorgefunden und zuerſt geleſen nach dem 7. März 1833.)</hi></p><lb/><divn="3"><dateline><hirendition="#et">Frankfurt a. M. den 23. April 1816.</hi></dateline><lb/><p>— Ich fühlte mich in Mannheim ſo krank, daß ich mir<lb/>
gleich vornahm aufzuſchreiben, wie es mit dem, was mir ge-<lb/>
hört, und worüber ich freies Walten habe, geſchehen ſoll; ſo-<lb/>
bald ich nur einen Tag es thun kann, ohne daß du es, lieber<lb/>
Auguſt, ſieheſt. Unterdeß ſagte ich Dore manches Kleine, und<lb/>
ward ſchon dabei ſehr vergnügt; und auch körperlich frei, für<lb/>
den Augenblick, von einem harten Anfall. So wenig verſtehe<lb/>
ich eigentlich, hypochondriſch zu ſein.</p><lb/><p>Die Hauptſache bei meinem Tod für mich hat mir Varn-<lb/>
hagen auf Ehre verſprochen; nämlich mich ohne allen Putz in<lb/>
einen ſchlechten Sarg legen zu laſſen, welcher keinen zugena-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[389/0397]
liegen, und ſitzen, und an kein Publikum denken! Der Mah-
ler lebte hundert und zwanzig Jahr vor Albrecht Dürer, deſ-
ſen Bilder Sie kennen. Boiſſerée’s aus Köln leben in Hei-
delberg, und beſitzen ſie, aus zerſtörten Kirchen und Klöſtern,
die nicht wußten was ſie hatten, gekauft. Dort will ich ein
wenig leben; und will mir das Glück hold, ſo ſehe ich Sie
dort. —
Den 21. April 1816.
Melancholiſch iſt noch das Beſte! Das iſt weich, da
fühlt man in einem großen Horizont. Nur nicht beklemmt!
Verfügungen.
(Vorgefunden und zuerſt geleſen nach dem 7. März 1833.)
Frankfurt a. M. den 23. April 1816.
— Ich fühlte mich in Mannheim ſo krank, daß ich mir
gleich vornahm aufzuſchreiben, wie es mit dem, was mir ge-
hört, und worüber ich freies Walten habe, geſchehen ſoll; ſo-
bald ich nur einen Tag es thun kann, ohne daß du es, lieber
Auguſt, ſieheſt. Unterdeß ſagte ich Dore manches Kleine, und
ward ſchon dabei ſehr vergnügt; und auch körperlich frei, für
den Augenblick, von einem harten Anfall. So wenig verſtehe
ich eigentlich, hypochondriſch zu ſein.
Die Hauptſache bei meinem Tod für mich hat mir Varn-
hagen auf Ehre verſprochen; nämlich mich ohne allen Putz in
einen ſchlechten Sarg legen zu laſſen, welcher keinen zugena-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/397>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.