Lob! Aber schreiben kann ich doch nichts, lieber Dr. Troxler, was Sie zum Druck gebrauchen könnten. Ich kann nur Briefe schreiben; und manchmal einen Aphorism; aber absolut über keinen Gegenstand, den man mir, oder ich mir selbst vorlegen möchte. Sonst möchte ich Ihnen, was ich nur hätte oder könnte, mit dem größten Vergnügen wie dies Schreiben hier schicken. Mehr, Lieber! kann ich Ihnen heute, jetzt nicht schrei- ben, da Menschen bei uns sind, denen Varnhagen manches liest, und vorspricht, und die antworten. Künftig mehr; und besonders über unsern Satz. Ich bin doch ein Rebell! Aber auch sehr ergeben: nur will ich auch das schlecht zu fühlende schlecht nennen dürfen: aber doch dulden, weil es wohl gut sein wird. Viele Grüße an Mad. Troxler: sie soll sich erholen in der gesunden Schweiz! Schönheit und Ge- sundheit pflegen. Ich umarme sie; sie soll die Kinder von mir küssen!
Friedrike.
An Auguste Brede, in Stuttgart.
Frankfurt a. M. Sonnabend den 13. Januar 1816.
Ich dachte es gleich, daß Sie nicht wohl sein müßten; dies, und daß Sie nicht vergnügt sein können, fehlte mir noch in meiner Verdrießlichkeit! Aber es geht keinem Menschen gut! Das sehen wir ja daran, daß es uns in allen verän- derten Lagen nicht besser geht. Man sieht in einer neuen ge- wünschten nur immer, daß man den alten Druck los wird, und den bessern neuen Raum; aber was führt der nun wie-
Lob! Aber ſchreiben kann ich doch nichts, lieber Dr. Troxler, was Sie zum Druck gebrauchen könnten. Ich kann nur Briefe ſchreiben; und manchmal einen Aphorism; aber abſolut über keinen Gegenſtand, den man mir, oder ich mir ſelbſt vorlegen möchte. Sonſt möchte ich Ihnen, was ich nur hätte oder könnte, mit dem größten Vergnügen wie dies Schreiben hier ſchicken. Mehr, Lieber! kann ich Ihnen heute, jetzt nicht ſchrei- ben, da Menſchen bei uns ſind, denen Varnhagen manches lieſt, und vorſpricht, und die antworten. Künftig mehr; und beſonders über unſern Satz. Ich bin doch ein Rebell! Aber auch ſehr ergeben: nur will ich auch das ſchlecht zu fühlende ſchlecht nennen dürfen: aber doch dulden, weil es wohl gut ſein wird. Viele Grüße an Mad. Troxler: ſie ſoll ſich erholen in der geſunden Schweiz! Schönheit und Ge- ſundheit pflegen. Ich umarme ſie; ſie ſoll die Kinder von mir küſſen!
Friedrike.
An Auguſte Brede, in Stuttgart.
Frankfurt a. M. Sonnabend den 13. Januar 1816.
Ich dachte es gleich, daß Sie nicht wohl ſein müßten; dies, und daß Sie nicht vergnügt ſein können, fehlte mir noch in meiner Verdrießlichkeit! Aber es geht keinem Menſchen gut! Das ſehen wir ja daran, daß es uns in allen verän- derten Lagen nicht beſſer geht. Man ſieht in einer neuen ge- wünſchten nur immer, daß man den alten Druck los wird, und den beſſern neuen Raum; aber was führt der nun wie-
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Lob! Aber ſchreiben kann ich doch nichts, lieber Dr. Troxler,
was Sie zum Druck gebrauchen könnten. Ich kann nur Briefe
ſchreiben; und manchmal einen Aphorism; aber abſolut über
keinen Gegenſtand, den man mir, oder ich mir ſelbſt vorlegen
möchte. Sonſt möchte ich Ihnen, was ich nur hätte oder
könnte, mit dem größten Vergnügen wie dies Schreiben hier
ſchicken. Mehr, Lieber! kann ich Ihnen heute, jetzt nicht ſchrei-
ben, da Menſchen bei uns ſind, denen Varnhagen manches
lieſt, und vorſpricht, und die antworten. Künftig mehr;
und beſonders über unſern Satz. Ich bin doch ein Rebell!
Aber auch ſehr ergeben: nur will ich auch das ſchlecht zu
fühlende ſchlecht nennen dürfen: aber doch dulden, weil es
wohl gut ſein wird. Viele Grüße an Mad. Troxler: ſie ſoll
ſich erholen in der geſunden Schweiz! Schönheit und Ge-
ſundheit pflegen. Ich umarme ſie; ſie ſoll die Kinder von
mir küſſen!
Friedrike.
An Auguſte Brede, in Stuttgart.
Frankfurt a. M. Sonnabend den 13. Januar 1816.
Ich dachte es gleich, daß Sie nicht wohl ſein müßten;
dies, und daß Sie nicht vergnügt ſein können, fehlte mir noch
in meiner Verdrießlichkeit! Aber es geht keinem Menſchen
gut! Das ſehen wir ja daran, daß es uns in allen verän-
derten Lagen nicht beſſer geht. Man ſieht in einer neuen ge-
wünſchten nur immer, daß man den alten Druck los wird,
und den beſſern neuen Raum; aber was führt der nun wie-
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/378>, abgerufen am 25.11.2024.
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