ben. Des Juden Buch betrifft seines Volkes Zustand in Eu- ropa, und die Auseinandersetzung der Gründe an die englische Regierung, aus welchen sie sie bei sich aufnehmen sollte: es ist im Original englisch; der Verfasser lebte zu Cromwells Zeit in Amsterdam, und bekam die Erlaubniß, nach England hin- über zu gehen. Er schreibt einen sehr schönen Brief an einen vornehmen Engländer. (Ich, die unter Friedrich Wilhelm von Preußen lebt, schrieb vorgestern einen großen original-deut- schen Brief an Frau von Fouque; welches mich abhielt, dem Ritter von der Marwitz, meinem Freunde, zu schreiben.) Unter einem Usurpator, wie man's nennt, regt sich die Menschheit, es sei unter (entre heißt dies "unter") welchen scheuslichen Larven und Gestalten es wolle, immer; dünkt mich. Könnt' ich doch Einmal ganz aussprechen, wie die Geschichte vor mei- nem Geiste liegt. Ist es nicht Jammer und Schade, daß ich die Geschichte nicht weiß, wie Sie? Nein! so viel, wie bei und an mir, ist lange nicht verwahrlost worden! Sind Sie noch zerstreut, lieber Hamlet? Hamlet, wegen: "Zweifle, ob die Wahrheit lüge" etc.
-- Die Menschen zu einer Höhe zwingen, und haben, wo sie sich nicht halten können, ist wahrlich schülerhaft. Aber nichts ist schwerer wieder mit aus der Welt zu nehmen, als der Drang nach Bewunderung, Liebe, Wohlwollen; die Reich- und Weichherzigen übereilen sich diese Schätze auszuschütten; und nur sehr wenige, auch mit Maß und großer Stärke, zu jenen Gaben, Begabte, sind weise vor dem großen Defizit. Ich bin es mit und während (!) der größten Einsicht nicht. Da steh' ich wieder! Fest hatt' ich mir vorgenommen, nicht
ben. Des Juden Buch betrifft ſeines Volkes Zuſtand in Eu- ropa, und die Auseinanderſetzung der Gründe an die engliſche Regierung, aus welchen ſie ſie bei ſich aufnehmen ſollte: es iſt im Original engliſch; der Verfaſſer lebte zu Cromwells Zeit in Amſterdam, und bekam die Erlaubniß, nach England hin- über zu gehen. Er ſchreibt einen ſehr ſchönen Brief an einen vornehmen Engländer. (Ich, die unter Friedrich Wilhelm von Preußen lebt, ſchrieb vorgeſtern einen großen original-deut- ſchen Brief an Frau von Fouqué; welches mich abhielt, dem Ritter von der Marwitz, meinem Freunde, zu ſchreiben.) Unter einem Uſurpator, wie man’s nennt, regt ſich die Menſchheit, es ſei unter (entre heißt dies „unter“) welchen ſcheuslichen Larven und Geſtalten es wolle, immer; dünkt mich. Könnt’ ich doch Einmal ganz ausſprechen, wie die Geſchichte vor mei- nem Geiſte liegt. Iſt es nicht Jammer und Schade, daß ich die Geſchichte nicht weiß, wie Sie? Nein! ſo viel, wie bei und an mir, iſt lange nicht verwahrloſt worden! Sind Sie noch zerſtreut, lieber Hamlet? Hamlet, wegen: „Zweifle, ob die Wahrheit lüge“ ꝛc.
— Die Menſchen zu einer Höhe zwingen, und haben, wo ſie ſich nicht halten können, iſt wahrlich ſchülerhaft. Aber nichts iſt ſchwerer wieder mit aus der Welt zu nehmen, als der Drang nach Bewunderung, Liebe, Wohlwollen; die Reich- und Weichherzigen übereilen ſich dieſe Schätze auszuſchütten; und nur ſehr wenige, auch mit Maß und großer Stärke, zu jenen Gaben, Begabte, ſind weiſe vor dem großen Defizit. Ich bin es mit und während (!) der größten Einſicht nicht. Da ſteh’ ich wieder! Feſt hatt’ ich mir vorgenommen, nicht
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Regierung, aus welchen ſie ſie bei ſich aufnehmen ſollte: es
iſt im Original engliſch; der Verfaſſer lebte zu Cromwells Zeit
in Amſterdam, und bekam die Erlaubniß, nach England hin-
über zu gehen. Er ſchreibt einen ſehr ſchönen Brief an einen
vornehmen Engländer. (Ich, die unter Friedrich Wilhelm von
Preußen lebt, ſchrieb vorgeſtern einen großen original-deut-
ſchen Brief an Frau von Fouqué; welches mich abhielt, dem
Ritter von der Marwitz, meinem Freunde, zu ſchreiben.) Unter
einem Uſurpator, wie man’s nennt, regt ſich die Menſchheit,
es ſei unter (entre heißt dies „unter“) welchen ſcheuslichen
Larven und Geſtalten es wolle, immer; dünkt mich. Könnt’
ich doch Einmal ganz ausſprechen, wie die Geſchichte vor mei-
nem Geiſte liegt. Iſt es nicht Jammer und Schade, daß ich
die Geſchichte nicht weiß, wie Sie? Nein! ſo viel, wie bei
und an mir, iſt lange nicht verwahrloſt worden! Sind Sie
noch zerſtreut, lieber Hamlet? Hamlet, wegen: „Zweifle,
ob die Wahrheit lüge“ ꝛc.
— Die Menſchen zu einer Höhe zwingen, und haben, wo
ſie ſich nicht halten können, iſt wahrlich ſchülerhaft. Aber
nichts iſt ſchwerer wieder mit aus der Welt zu nehmen, als
der Drang nach Bewunderung, Liebe, Wohlwollen; die Reich-
und Weichherzigen übereilen ſich dieſe Schätze auszuſchütten;
und nur ſehr wenige, auch mit Maß und großer Stärke, zu
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Ich bin es mit und während (!) der größten Einſicht nicht.
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/36>, abgerufen am 11.12.2024.
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