fühlen, und ich fühle es auch! Theurer, geliebter, treuer Freund! Du sollst es nicht bereuen. Liebe nur! -- oder liebe nicht; ich stehe dir immer zur Seite, (das heißt, ich werde dir in allen Fällen zur Seite stehen). -- Noch fährst du! die Nacht ist gut; sei sie dir gnädig, mit Sicherheit; und Ruhe in der Seele! -- Als du weg warst, wollt' ich mich sehr ängstigen: ich legte mich hin: schlief einen Augenblick ein, er- wachte eifrig, und wie im Schreck: zog mich an, und da Jo- hann immer nicht kam, wollte ich noch Einmal zu dir, als ich aber eben fertig wurde, kam doch Johann. -- Ich grüße dich!!! Möge Gott dich segnen auf Schritt und Tritt: ich weine dazu! Aber wir wollen uns nicht weich machen. Und lieber froh sein, daß wir uns haben!!! -- Schlaf wohl! ein- zig geliebter, treuer Freund, ich sehe dir in die Augen, bitte Gott für dich! Adieu, adieu! für heute; habe die beste Nacht! --
Montag Mittag halb 2.
Wenn du mich jetzt sehen solltest! Du schaltest mich schon, daß ich ohne Interesse lebe. Nun weiß ich gar nicht, was ich machen soll. Aber das wird sich geben! Du fehlst mir nur so plötzlich; und es bezog sich hier alles auf dich. Schon gestern war Wien wie ausgekehrt. Ich war diesen Vormittag, nachdem ich angezogen war, der Hitze wegen in deinem Zimmer und las. Es ist ganz aufgeräumt, das Bette gemacht. O! wie wüst! wirklich todt sieht so etwas aus! doch blieb ich drin, und war ruhig; und las sehr Schönes von Saint-Martin. Gott was kann der Mensch alles den- ken, in seinem beengten Kreise! das ist unendlich, die Kom-
bina-
fühlen, und ich fühle es auch! Theurer, geliebter, treuer Freund! Du ſollſt es nicht bereuen. Liebe nur! — oder liebe nicht; ich ſtehe dir immer zur Seite, (das heißt, ich werde dir in allen Fällen zur Seite ſtehen). — Noch fährſt du! die Nacht iſt gut; ſei ſie dir gnädig, mit Sicherheit; und Ruhe in der Seele! — Als du weg warſt, wollt’ ich mich ſehr ängſtigen: ich legte mich hin: ſchlief einen Augenblick ein, er- wachte eifrig, und wie im Schreck: zog mich an, und da Jo- hann immer nicht kam, wollte ich noch Einmal zu dir, als ich aber eben fertig wurde, kam doch Johann. — Ich grüße dich!!! Möge Gott dich ſegnen auf Schritt und Tritt: ich weine dazu! Aber wir wollen uns nicht weich machen. Und lieber froh ſein, daß wir uns haben!!! — Schlaf wohl! ein- zig geliebter, treuer Freund, ich ſehe dir in die Augen, bitte Gott für dich! Adieu, adieu! für heute; habe die beſte Nacht! —
Montag Mittag halb 2.
Wenn du mich jetzt ſehen ſollteſt! Du ſchalteſt mich ſchon, daß ich ohne Intereſſe lebe. Nun weiß ich gar nicht, was ich machen ſoll. Aber das wird ſich geben! Du fehlſt mir nur ſo plötzlich; und es bezog ſich hier alles auf dich. Schon geſtern war Wien wie ausgekehrt. Ich war dieſen Vormittag, nachdem ich angezogen war, der Hitze wegen in deinem Zimmer und las. Es iſt ganz aufgeräumt, das Bette gemacht. O! wie wüſt! wirklich todt ſieht ſo etwas aus! doch blieb ich drin, und war ruhig; und las ſehr Schönes von Saint-Martin. Gott was kann der Menſch alles den- ken, in ſeinem beengten Kreiſe! das iſt unendlich, die Kom-
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fühlen, und ich fühle es auch! Theurer, geliebter, treuer
Freund! Du ſollſt es nicht bereuen. Liebe nur! — oder
liebe nicht; ich ſtehe dir immer zur Seite, (das heißt, ich werde
dir in allen Fällen zur Seite ſtehen). — Noch fährſt du! die
Nacht iſt gut; ſei ſie dir gnädig, mit Sicherheit; und Ruhe
in der Seele! — Als du weg warſt, wollt’ ich mich ſehr
ängſtigen: ich legte mich hin: ſchlief einen Augenblick ein, er-
wachte eifrig, und wie im Schreck: zog mich an, und da Jo-
hann immer nicht kam, wollte ich noch Einmal zu dir, als ich
aber eben fertig wurde, kam doch Johann. — Ich grüße
dich!!! Möge Gott dich ſegnen auf Schritt und Tritt: ich
weine dazu! Aber wir wollen uns nicht weich machen. Und
lieber froh ſein, daß wir uns haben!!! — Schlaf wohl! ein-
zig geliebter, treuer Freund, ich ſehe dir in die Augen, bitte
Gott für dich! Adieu, adieu! für heute; habe die beſte
Nacht! —
Montag Mittag halb 2.
Wenn du mich jetzt ſehen ſollteſt! Du ſchalteſt mich
ſchon, daß ich ohne Intereſſe lebe. Nun weiß ich gar nicht,
was ich machen ſoll. Aber das wird ſich geben! Du fehlſt
mir nur ſo plötzlich; und es bezog ſich hier alles auf dich.
Schon geſtern war Wien wie ausgekehrt. Ich war dieſen
Vormittag, nachdem ich angezogen war, der Hitze wegen in
deinem Zimmer und las. Es iſt ganz aufgeräumt, das Bette
gemacht. O! wie wüſt! wirklich todt ſieht ſo etwas aus!
doch blieb ich drin, und war ruhig; und las ſehr Schönes
von Saint-Martin. Gott was kann der Menſch alles den-
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/296>, abgerufen am 22.12.2024.
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