nach Frankreich gejagt war, kein Russe und Deutscher in ihrem Lande. Sie das nicht kannten, wir das nicht wußten. Aber schlimm, abscheulich, daß wir jetzt nicht ein Volk sind; wie sie. Die Sprache, das Sprechen allein, macht es nicht: man muß wissen, daß man unter einer Regierung, unter denselben Gesetzen steht, und aus einer Kasse lebt; und, daß nicht nach Sieg und Krieg, der Bettelstreit und die Gränz Einrich- tung, und Mein und Dein wieder losgeht. So denk' ich, es mag auch kommen wie es will. Deutschland ist nur das Deutschland, wovon man jetzt spricht, wenn es unter Einem Hut lebt. Dies allein macht Frankreich zu etwas, gegen uns über. Hätte die katholische Maria Theresia nicht unsern Friedrich heirathen können? -- Blüthen wären das jetzt, was nun in Kanonen, Pulver und Wunden, und Gräuel aufgeht! Alle Straßen wären gebaut, alle Haiden urbar. Mit Gott kann der Mensch nicht denken: in den muß er sich ergeben; als Menschen wissen wir, weiß ich, wäre der Gräuel nicht nöthig. Wenn man längst die Religion -- welches doch kommen wird, und zeitenweise, im Krieg, wo Noth ist, schon geschieht -- als ein innerliches Gewissensreich ansehen wird, welches einen Andern gar nichts angeht. --
Hier ist ein Staub, wovon ihr trotz der Berlinerei keine Vorstellung habt: dabei regnet es absolut nicht! Vorgestern fuhr ich vom Augarten nach dem Theater an der Wien, Ro- chus Pumpernickel zum erstenmal gesehen -- ungefähr so weit wie vom Königsthor nach dem Unterbaum, da sah man die entgegenkommenden Wagen nicht: und gestern blieb ich wegen Augenweh zu Hause. -- Dabei Dine's. Sie thun's hier
nach Frankreich gejagt war, kein Ruſſe und Deutſcher in ihrem Lande. Sie das nicht kannten, wir das nicht wußten. Aber ſchlimm, abſcheulich, daß wir jetzt nicht ein Volk ſind; wie ſie. Die Sprache, das Sprechen allein, macht es nicht: man muß wiſſen, daß man unter einer Regierung, unter denſelben Geſetzen ſteht, und aus einer Kaſſe lebt; und, daß nicht nach Sieg und Krieg, der Bettelſtreit und die Gränz Einrich- tung, und Mein und Dein wieder losgeht. So denk’ ich, es mag auch kommen wie es will. Deutſchland iſt nur das Deutſchland, wovon man jetzt ſpricht, wenn es unter Einem Hut lebt. Dies allein macht Frankreich zu etwas, gegen uns über. Hätte die katholiſche Maria Thereſia nicht unſern Friedrich heirathen können? — Blüthen wären das jetzt, was nun in Kanonen, Pulver und Wunden, und Gräuel aufgeht! Alle Straßen wären gebaut, alle Haiden urbar. Mit Gott kann der Menſch nicht denken: in den muß er ſich ergeben; als Menſchen wiſſen wir, weiß ich, wäre der Gräuel nicht nöthig. Wenn man längſt die Religion — welches doch kommen wird, und zeitenweiſe, im Krieg, wo Noth iſt, ſchon geſchieht — als ein innerliches Gewiſſensreich anſehen wird, welches einen Andern gar nichts angeht. —
Hier iſt ein Staub, wovon ihr trotz der Berlinerei keine Vorſtellung habt: dabei regnet es abſolut nicht! Vorgeſtern fuhr ich vom Augarten nach dem Theater an der Wien, Ro- chus Pumpernickel zum erſtenmal geſehen — ungefähr ſo weit wie vom Königsthor nach dem Unterbaum, da ſah man die entgegenkommenden Wagen nicht: und geſtern blieb ich wegen Augenweh zu Hauſe. — Dabei Diné’s. Sie thun’s hier
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nach Frankreich gejagt war, kein Ruſſe und Deutſcher in ihrem
Lande. Sie das nicht kannten, wir das nicht wußten. Aber
ſchlimm, abſcheulich, daß wir jetzt nicht ein Volk ſind; wie
ſie. Die Sprache, das Sprechen allein, macht es nicht: man
muß wiſſen, daß man unter einer Regierung, unter denſelben
Geſetzen ſteht, und aus einer Kaſſe lebt; und, daß nicht
nach Sieg und Krieg, der Bettelſtreit und die Gränz Einrich-
tung, und Mein und Dein wieder losgeht. So denk’ ich, es
mag auch kommen wie es will. Deutſchland iſt nur das
Deutſchland, wovon man jetzt ſpricht, wenn es unter Einem
Hut lebt. Dies allein macht Frankreich zu etwas, gegen
uns über. Hätte die katholiſche Maria Thereſia nicht unſern
Friedrich heirathen können? — Blüthen wären das jetzt, was
nun in Kanonen, Pulver und Wunden, und Gräuel aufgeht!
Alle Straßen wären gebaut, alle Haiden urbar. Mit Gott
kann der Menſch nicht denken: in den muß er ſich ergeben;
als Menſchen wiſſen wir, weiß ich, wäre der Gräuel nicht
nöthig. Wenn man längſt die Religion — welches doch
kommen wird, und zeitenweiſe, im Krieg, wo Noth iſt, ſchon
geſchieht — als ein innerliches Gewiſſensreich anſehen wird,
welches einen Andern gar nichts angeht. —
Hier iſt ein Staub, wovon ihr trotz der Berlinerei keine
Vorſtellung habt: dabei regnet es abſolut nicht! Vorgeſtern
fuhr ich vom Augarten nach dem Theater an der Wien, Ro-
chus Pumpernickel zum erſtenmal geſehen — ungefähr ſo weit
wie vom Königsthor nach dem Unterbaum, da ſah man die
entgegenkommenden Wagen nicht: und geſtern blieb ich wegen
Augenweh zu Hauſe. — Dabei Diné’s. Sie thun’s hier
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/291>, abgerufen am 25.11.2024.
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