immer alles thäte, was er nicht leiden könnte: er will mir ein Dine geben (Dine! Ihr seht, ich bin todt; und nicht im Himmel). Das wäre was für Ernestinchen! Ich soll die Per- sonen nennen; also als Königin. Ich sagte, er soll mich we- niger lieben, und mich besuchen: dann wolle ich die Personen nennen. Ich mußte fort. So blieb's.
Der Kanzler examinirte mich sehr. Wie ein kluger Mann; der das Theater liebt. Solche Leute sehen ganz anders an: vom Sehen lieben sie das Theater. Nicht wahr, Hans?
Die schwarze Dame hatte in Gestalt eines Malteserkreu- zes ein dunkelbraun emaillirtes mit Granaten besetztes an der linken Brust, ich denke es ist ein Orden! -- auch war es einer: "Wir -- sie die Frauen -- haben ihn errichtet zur Feier der Einnahme von Paris;" und keck tragen sie ihn an schwarzen Schleifen; er hat auch auf Blau in der Mitte eine goldbuch- stabige Inschrift, aber nur ein Wort, ich las es nicht: ich wurde gestört. Kurz, die Provinz hat ihre Freuden; und ist nicht blöde, wenn sie sich einmal fühlt.
(Varnhagen liest jetzt eure Briefe an meinem Tisch, ein göttlich Kind aus unserm Hause steht daran; es ist Mord- lärm und Lachen bei uns!)
Daß die Bethmann sich freundschaftlich für Augusten be- nimmt, vergesse ich ihr zeitlebens nicht! Lebt wohl! und schreibt. Du auch, Ohme. Robert ist vogelfrei: die haben wohl Federn, aber zum Fliegen, wie die Dichter. Nicht wahr? Robert! Moritz, mein Treuer, dich grüße ich, und Ernestine! Auguste lobt sehr bongue bongue. Ich küsse den Esel. Neues giebt es nicht. Adieu, adieu!
R.
immer alles thäte, was er nicht leiden könnte: er will mir ein Diné geben (Diné! Ihr ſeht, ich bin todt; und nicht im Himmel). Das wäre was für Erneſtinchen! Ich ſoll die Per- ſonen nennen; alſo als Königin. Ich ſagte, er ſoll mich we- niger lieben, und mich beſuchen: dann wolle ich die Perſonen nennen. Ich mußte fort. So blieb’s.
Der Kanzler examinirte mich ſehr. Wie ein kluger Mann; der das Theater liebt. Solche Leute ſehen ganz anders an: vom Sehen lieben ſie das Theater. Nicht wahr, Hans?
Die ſchwarze Dame hatte in Geſtalt eines Malteſerkreu- zes ein dunkelbraun emaillirtes mit Granaten beſetztes an der linken Bruſt, ich denke es iſt ein Orden! — auch war es einer: „Wir — ſie die Frauen — haben ihn errichtet zur Feier der Einnahme von Paris;“ und keck tragen ſie ihn an ſchwarzen Schleifen; er hat auch auf Blau in der Mitte eine goldbuch- ſtabige Inſchrift, aber nur ein Wort, ich las es nicht: ich wurde geſtört. Kurz, die Provinz hat ihre Freuden; und iſt nicht blöde, wenn ſie ſich einmal fühlt.
(Varnhagen lieſt jetzt eure Briefe an meinem Tiſch, ein göttlich Kind aus unſerm Hauſe ſteht daran; es iſt Mord- lärm und Lachen bei uns!)
Daß die Bethmann ſich freundſchaftlich für Auguſten be- nimmt, vergeſſe ich ihr zeitlebens nicht! Lebt wohl! und ſchreibt. Du auch, Ohme. Robert iſt vogelfrei: die haben wohl Federn, aber zum Fliegen, wie die Dichter. Nicht wahr? Robert! Moritz, mein Treuer, dich grüße ich, und Erneſtine! Auguſte lobt ſehr bongue bongue. Ich küſſe den Eſel. Neues giebt es nicht. Adieu, adieu!
R.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0277"n="269"/>
immer alles thäte, was er nicht leiden könnte: er will mir ein<lb/>
Din<hirendition="#aq">é</hi> geben (Din<hirendition="#aq">é</hi>! Ihr ſeht, ich bin todt; und <hirendition="#g">nicht</hi> im<lb/>
Himmel). Das wäre was für Erneſtinchen! Ich ſoll die Per-<lb/>ſonen nennen; alſo als Königin. Ich ſagte, er ſoll mich we-<lb/>
niger lieben, und mich beſuchen: dann wolle ich die Perſonen<lb/>
nennen. Ich mußte fort. So blieb’s.</p><lb/><p>Der Kanzler examinirte mich ſehr. Wie ein kluger Mann;<lb/>
der das Theater liebt. Solche Leute ſehen ganz anders an:<lb/>
vom Sehen <hirendition="#g">lieben</hi>ſie das Theater. Nicht wahr, Hans?</p><lb/><p>Die ſchwarze Dame hatte in Geſtalt eines Malteſerkreu-<lb/>
zes ein dunkelbraun emaillirtes mit Granaten beſetztes an der<lb/>
linken Bruſt, ich denke es iſt ein Orden! — auch war es einer:<lb/>„Wir —ſie die Frauen — haben ihn errichtet zur Feier der<lb/>
Einnahme von Paris;“ und keck tragen ſie ihn an ſchwarzen<lb/>
Schleifen; er hat auch auf Blau in der Mitte eine goldbuch-<lb/>ſtabige Inſchrift, aber nur ein Wort, ich las es nicht: ich<lb/>
wurde geſtört. Kurz, die Provinz hat ihre Freuden; und iſt<lb/>
nicht blöde, wenn ſie ſich einmal fühlt.</p><lb/><p>(Varnhagen lieſt jetzt eure Briefe an meinem Tiſch, ein<lb/><hirendition="#g">göttlich</hi> Kind aus unſerm Hauſe ſteht daran; es iſt Mord-<lb/>
lärm und Lachen bei uns!)</p><lb/><p>Daß die Bethmann ſich freundſchaftlich für Auguſten be-<lb/>
nimmt, vergeſſe ich ihr zeitlebens nicht! Lebt wohl! und ſchreibt.<lb/>
Du auch, Ohme. Robert iſt vogelfrei: die haben wohl Federn,<lb/>
aber zum Fliegen, wie die Dichter. Nicht wahr? Robert!<lb/>
Moritz, mein Treuer, dich grüße ich, und Erneſtine! Auguſte<lb/>
lobt ſehr <hirendition="#aq">bongue bongue</hi>. Ich küſſe den Eſel. Neues giebt<lb/>
es nicht. Adieu, adieu!</p><closer><salute><hirendition="#et">R.</hi></salute></closer></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></body></text></TEI>
[269/0277]
immer alles thäte, was er nicht leiden könnte: er will mir ein
Diné geben (Diné! Ihr ſeht, ich bin todt; und nicht im
Himmel). Das wäre was für Erneſtinchen! Ich ſoll die Per-
ſonen nennen; alſo als Königin. Ich ſagte, er ſoll mich we-
niger lieben, und mich beſuchen: dann wolle ich die Perſonen
nennen. Ich mußte fort. So blieb’s.
Der Kanzler examinirte mich ſehr. Wie ein kluger Mann;
der das Theater liebt. Solche Leute ſehen ganz anders an:
vom Sehen lieben ſie das Theater. Nicht wahr, Hans?
Die ſchwarze Dame hatte in Geſtalt eines Malteſerkreu-
zes ein dunkelbraun emaillirtes mit Granaten beſetztes an der
linken Bruſt, ich denke es iſt ein Orden! — auch war es einer:
„Wir — ſie die Frauen — haben ihn errichtet zur Feier der
Einnahme von Paris;“ und keck tragen ſie ihn an ſchwarzen
Schleifen; er hat auch auf Blau in der Mitte eine goldbuch-
ſtabige Inſchrift, aber nur ein Wort, ich las es nicht: ich
wurde geſtört. Kurz, die Provinz hat ihre Freuden; und iſt
nicht blöde, wenn ſie ſich einmal fühlt.
(Varnhagen lieſt jetzt eure Briefe an meinem Tiſch, ein
göttlich Kind aus unſerm Hauſe ſteht daran; es iſt Mord-
lärm und Lachen bei uns!)
Daß die Bethmann ſich freundſchaftlich für Auguſten be-
nimmt, vergeſſe ich ihr zeitlebens nicht! Lebt wohl! und ſchreibt.
Du auch, Ohme. Robert iſt vogelfrei: die haben wohl Federn,
aber zum Fliegen, wie die Dichter. Nicht wahr? Robert!
Moritz, mein Treuer, dich grüße ich, und Erneſtine! Auguſte
lobt ſehr bongue bongue. Ich küſſe den Eſel. Neues giebt
es nicht. Adieu, adieu!
R.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/277>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.