die Andern, Bessern, erkennen einen nicht an, als Mitwirken- den, haben nichts mit einem zu schaffen, weil sie sich, wie Tanten und Väter aus Liebe und in Liebe thun, nicht die Mühe geben, einen zu errathen: und mit einemmale ge- hört man zu einer minder guten Klasse intellektueller Menschen: und das nicht, weil einen die Natur so stellte -- bei welcher Stellung einem immer wohl sein kann -- sondern weil man träge, und daher ungeschickt geworden ist; und sich dann mit seinen bessern Anlagen auch unbehaglich fühlt. Wie oft hab' ich H's Verstand und Gaben, und besseres Sein, grade bei den Besten vertheidigen müssen! -- --
Hier ist auch ein Brief von Robert. Sehr gut! Wenn wir ihn tadlen, thut es mir weh, und ich möcht' ihn loben. Loben wir ihn, muß ich's bedingen. Genug heute; aber er ist ein Dichter: und ich keiner; weil ich nie seicht bin. Ein Frevel?! dem Klange nach; erklärt, nicht. Keine Zeit! Mord-Echauffement! -- Schöne Sachen schreibt R. Ich könnte ihm gleich schmeichlen, ihn streichlen; er hat lange Ant- wort von mir, und Varnhagen. Sie schrieben sich. Es rumo- ren alle Deutsche. Was ich in R's Briefe roth anstreiche, ge- fällt mir sehr: wo schlängliche Striche sind, approbire ich ihn nicht. --
An Frau von Grotthuß, in Tharant.
Töplitz, den 19. August 1814.
-- Vergiß es aber nicht! Alles kann sich ändern: und Wunder geschehen wirklich noch immer. In Hülfe: in neu
die Andern, Beſſern, erkennen einen nicht an, als Mitwirken- den, haben nichts mit einem zu ſchaffen, weil ſie ſich, wie Tanten und Väter aus Liebe und in Liebe thun, nicht die Mühe geben, einen zu errathen: und mit einemmale ge- hört man zu einer minder guten Klaſſe intellektueller Menſchen: und das nicht, weil einen die Natur ſo ſtellte — bei welcher Stellung einem immer wohl ſein kann — ſondern weil man träge, und daher ungeſchickt geworden iſt; und ſich dann mit ſeinen beſſern Anlagen auch unbehaglich fühlt. Wie oft hab’ ich H’s Verſtand und Gaben, und beſſeres Sein, grade bei den Beſten vertheidigen müſſen! — —
Hier iſt auch ein Brief von Robert. Sehr gut! Wenn wir ihn tadlen, thut es mir weh, und ich möcht’ ihn loben. Loben wir ihn, muß ich’s bedingen. Genug heute; aber er iſt ein Dichter: und ich keiner; weil ich nie ſeicht bin. Ein Frevel?! dem Klange nach; erklärt, nicht. Keine Zeit! Mord-Echauffement! — Schöne Sachen ſchreibt R. Ich könnte ihm gleich ſchmeichlen, ihn ſtreichlen; er hat lange Ant- wort von mir, und Varnhagen. Sie ſchrieben ſich. Es rumo- ren alle Deutſche. Was ich in R’s Briefe roth anſtreiche, ge- fällt mir ſehr: wo ſchlängliche Striche ſind, approbire ich ihn nicht. —
An Frau von Grotthuß, in Tharant.
Töplitz, den 19. Auguſt 1814.
— Vergiß es aber nicht! Alles kann ſich ändern: und Wunder geſchehen wirklich noch immer. In Hülfe: in neu
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die Andern, Beſſern, erkennen einen nicht an, als Mitwirken-
den, haben nichts mit einem zu ſchaffen, weil ſie ſich, wie
Tanten und Väter aus Liebe und in Liebe thun, nicht die
Mühe geben, einen zu errathen: und mit einemmale ge-
hört man zu einer minder guten Klaſſe intellektueller Menſchen:
und das nicht, weil einen die Natur ſo ſtellte — bei welcher
Stellung einem immer wohl ſein kann — ſondern weil man
träge, und daher ungeſchickt geworden iſt; und ſich dann mit
ſeinen beſſern Anlagen auch unbehaglich fühlt. Wie oft hab’
ich H’s Verſtand und Gaben, und beſſeres Sein, grade bei
den Beſten vertheidigen müſſen! — —
Hier iſt auch ein Brief von Robert. Sehr gut! Wenn
wir ihn tadlen, thut es mir weh, und ich möcht’ ihn loben.
Loben wir ihn, muß ich’s bedingen. Genug heute; aber er
iſt ein Dichter: und ich keiner; weil ich nie ſeicht bin. Ein
Frevel?! dem Klange nach; erklärt, nicht. Keine Zeit!
Mord-Echauffement! — Schöne Sachen ſchreibt R. Ich
könnte ihm gleich ſchmeichlen, ihn ſtreichlen; er hat lange Ant-
wort von mir, und Varnhagen. Sie ſchrieben ſich. Es rumo-
ren alle Deutſche. Was ich in R’s Briefe roth anſtreiche, ge-
fällt mir ſehr: wo ſchlängliche Striche ſind, approbire ich
ihn nicht. —
An Frau von Grotthuß, in Tharant.
Töplitz, den 19. Auguſt 1814.
— Vergiß es aber nicht! Alles kann ſich ändern: und
Wunder geſchehen wirklich noch immer. In Hülfe: in neu
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/244>, abgerufen am 25.11.2024.
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