Nun möcht' ich dir am Ende des Bogens gerne für alle deine Liebesworte danken; ich habe dir eben in diesem Briefe nicht geschmeichelt; sei versichert, ich fühle ein jedes, und nehme es in's Herz auf, wie es aus deinem kommt: das ist die Hauptsache; und so wird auch kein Betragen an mir vor- beigleiten. Du bist noch über niemanden so tief und klar- sehend gewesen, als über Clemens Brentano, und so wohlbe- redt und worttreffend: ich meine nicht allein in deinem letzten Briefe; ich fand's schon früherhin, vergaß aber öfters es dir zu sagen. Sei wahr gegen ihn und sanft. Seine Schwester sollte die vorige Woche eintreffen, ich weiß nicht, ob sie ge- kommen ist. Fichte, mein lieber Herr und Meister, hat mich durch Fouque grüßen lassen, und mir Vorwürfe machen las- sen, daß ich ihn nicht sehe: mir sehr erwünscht: aber ich kann nicht in die Kälte gehen; sie ist jetzt erst streng. Grüß und pflege Josephinen: es ist ganz so wie du von ihr sagst. --
An Varnhagen, in Prag.
Donnerstag, den 27. Februar 1812.
-- Ich bin allein, ohne lesen zu können, -- seit drei Ta- gen geht es etwas -- und ohne Menschen ertragen zu kön- nen: unzufrieden mit den Geschwistern. Ohne Luft, Musik, Augen-Weide, oder nur-Punkt. Ohne Hoffnung für irgend ein Glück, oder Amüsement; den Sommer fürchtend: und ganz in einem großen Meer, von zahllosen Tropfen des Mißlingens. Ohne Narrheit, ohne eine jene Welt.
Denn
Nun möcht’ ich dir am Ende des Bogens gerne für alle deine Liebesworte danken; ich habe dir eben in dieſem Briefe nicht geſchmeichelt; ſei verſichert, ich fühle ein jedes, und nehme es in’s Herz auf, wie es aus deinem kommt: das iſt die Hauptſache; und ſo wird auch kein Betragen an mir vor- beigleiten. Du biſt noch über niemanden ſo tief und klar- ſehend geweſen, als über Clemens Brentano, und ſo wohlbe- redt und worttreffend: ich meine nicht allein in deinem letzten Briefe; ich fand’s ſchon früherhin, vergaß aber öfters es dir zu ſagen. Sei wahr gegen ihn und ſanft. Seine Schweſter ſollte die vorige Woche eintreffen, ich weiß nicht, ob ſie ge- kommen iſt. Fichte, mein lieber Herr und Meiſter, hat mich durch Fouqué grüßen laſſen, und mir Vorwürfe machen laſ- ſen, daß ich ihn nicht ſehe: mir ſehr erwünſcht: aber ich kann nicht in die Kälte gehen; ſie iſt jetzt erſt ſtreng. Grüß und pflege Joſephinen: es iſt ganz ſo wie du von ihr ſagſt. —
An Varnhagen, in Prag.
Donnerstag, den 27. Februar 1812.
— Ich bin allein, ohne leſen zu können, — ſeit drei Ta- gen geht es etwas — und ohne Menſchen ertragen zu kön- nen: unzufrieden mit den Geſchwiſtern. Ohne Luft, Muſik, Augen-Weide, oder nur-Punkt. Ohne Hoffnung für irgend ein Glück, oder Amüſement; den Sommer fürchtend: und ganz in einem großen Meer, von zahlloſen Tropfen des Mißlingens. Ohne Narrheit, ohne eine jene Welt.
Denn
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Nun möcht’ ich dir am Ende des Bogens gerne für alle
deine Liebesworte danken; ich habe dir eben in dieſem Briefe
nicht geſchmeichelt; ſei verſichert, ich fühle ein jedes, und
nehme es in’s Herz auf, wie es aus deinem kommt: das iſt
die Hauptſache; und ſo wird auch kein Betragen an mir vor-
beigleiten. Du biſt noch über niemanden ſo tief und klar-
ſehend geweſen, als über Clemens Brentano, und ſo wohlbe-
redt und worttreffend: ich meine nicht allein in deinem letzten
Briefe; ich fand’s ſchon früherhin, vergaß aber öfters es dir
zu ſagen. Sei wahr gegen ihn und ſanft. Seine Schweſter
ſollte die vorige Woche eintreffen, ich weiß nicht, ob ſie ge-
kommen iſt. Fichte, mein lieber Herr und Meiſter, hat mich
durch Fouqué grüßen laſſen, und mir Vorwürfe machen laſ-
ſen, daß ich ihn nicht ſehe: mir ſehr erwünſcht: aber ich kann
nicht in die Kälte gehen; ſie iſt jetzt erſt ſtreng. Grüß und
pflege Joſephinen: es iſt ganz ſo wie du von ihr ſagſt. —
An Varnhagen, in Prag.
Donnerstag, den 27. Februar 1812.
— Ich bin allein, ohne leſen zu können, — ſeit drei Ta-
gen geht es etwas — und ohne Menſchen ertragen zu kön-
nen: unzufrieden mit den Geſchwiſtern. Ohne Luft, Muſik,
Augen-Weide, oder nur-Punkt. Ohne Hoffnung für irgend
ein Glück, oder Amüſement; den Sommer fürchtend: und
ganz in einem großen Meer, von zahlloſen Tropfen
des Mißlingens. Ohne Narrheit, ohne eine jene Welt.
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/24>, abgerufen am 22.12.2024.
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