zu morgen schreiben. Künftig euch, liebe Kinder. Ich erliege.
Adieu! R. R.
Dienstag früh 8 Uhr.
Nun gratulire ich dir und Allen, die wahren herzlichen Antheil an der Welt wahrem Wohl nehmen! Ich gönne un- serm König für seine Kränkungen, daß auch er eingezogen ist, in das Herz des monstruösen Reichs, das alle andere in seiner holden leichten Glaubhaftigkeit zu verschlucken und tre- ten zu können meinen mußte. Es muß jeder französische Sol- dat, jeder Franzose wissen, daß man auch zu ihm kommen kann, das wird sie höflich im Herzen machen; und uns den Kopf oben halten lehren für eine Zeit. Daß nur Einer ge- opfert wird, und auf den aller Haß gegossen, aus den vergall- ten Herzen der Menschen, und daß man mit der lieben Nation sich wieder befreundet, und sie lieben darf, freut mich. Dann bitte ich zu Gott, und hoffe es auch, daß es gut sei, was geschieht!! Lust mußten wir haben, das ist schon ausgemacht! Das Größte schon jetzt, ist mir das; daß Napoleon sich zum Kaiser machte; und nicht ruhte bis er's nicht mehr war. Al- les er selbst. Wer hätte ihn angetaster! Man muß es nicht vergessen! Kaiser- und Königstöchter hatte er. Eng- land hinter seinem Meere sogar, unterstützte noch vor weni- gen Monaten der Bourbons Proklamationen nicht. Der Mann hat ganz allein wie Macbeth fünf Akte gespielt: seine Zauberschwestern kennt man noch nicht.
Hier wurde mit Lärm und Geschrei das Bulletin im Schau- spiel abgelesen. Der Oberstburggraf ließ gleich Liebich holen,
zu morgen ſchreiben. Künftig euch, liebe Kinder. Ich erliege.
Adieu! R. R.
Dienstag früh 8 Uhr.
Nun gratulire ich dir und Allen, die wahren herzlichen Antheil an der Welt wahrem Wohl nehmen! Ich gönne un- ſerm König für ſeine Kränkungen, daß auch er eingezogen iſt, in das Herz des monſtruöſen Reichs, das alle andere in ſeiner holden leichten Glaubhaftigkeit zu verſchlucken und tre- ten zu können meinen mußte. Es muß jeder franzöſiſche Sol- dat, jeder Franzoſe wiſſen, daß man auch zu ihm kommen kann, das wird ſie höflich im Herzen machen; und uns den Kopf oben halten lehren für eine Zeit. Daß nur Einer ge- opfert wird, und auf den aller Haß gegoſſen, aus den vergall- ten Herzen der Menſchen, und daß man mit der lieben Nation ſich wieder befreundet, und ſie lieben darf, freut mich. Dann bitte ich zu Gott, und hoffe es auch, daß es gut ſei, was geſchieht!! Luſt mußten wir haben, das iſt ſchon ausgemacht! Das Größte ſchon jetzt, iſt mir das; daß Napoleon ſich zum Kaiſer machte; und nicht ruhte bis er’s nicht mehr war. Al- les er ſelbſt. Wer hätte ihn angetaſter! Man muß es nicht vergeſſen! Kaiſer- und Königstöchter hatte er. Eng- land hinter ſeinem Meere ſogar, unterſtützte noch vor weni- gen Monaten der Bourbons Proklamationen nicht. Der Mann hat ganz allein wie Macbeth fünf Akte geſpielt: ſeine Zauberſchweſtern kennt man noch nicht.
Hier wurde mit Lärm und Geſchrei das Bulletin im Schau- ſpiel abgeleſen. Der Oberſtburggraf ließ gleich Liebich holen,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0207"n="199"/>
zu morgen ſchreiben. Künftig euch, liebe Kinder. Ich <hirendition="#g">erliege</hi>.</p><lb/><closer><salute>Adieu! <hirendition="#et">R. R.</hi></salute></closer></div><lb/><divn="3"><dateline><hirendition="#et">Dienstag früh 8 Uhr.</hi></dateline><lb/><p>Nun gratulire ich dir und Allen, die wahren herzlichen<lb/>
Antheil an der Welt wahrem Wohl nehmen! Ich gönne un-<lb/>ſerm <hirendition="#g">König</hi> für ſeine Kränkungen, daß auch er eingezogen<lb/>
iſt, in das Herz des monſtruöſen Reichs, das alle andere in<lb/>ſeiner holden leichten Glaubhaftigkeit zu verſchlucken und <hirendition="#g">tre-<lb/>
ten</hi> zu können meinen mußte. Es muß jeder franzöſiſche Sol-<lb/>
dat, jeder Franzoſe wiſſen, daß man auch zu ihm kommen<lb/>
kann, das wird <hirendition="#g">ſie</hi> höflich im <hirendition="#g">Herzen</hi> machen; und uns den<lb/>
Kopf <hirendition="#g">oben</hi> halten lehren für eine Zeit. Daß nur Einer ge-<lb/>
opfert wird, und auf den aller Haß gegoſſen, aus den vergall-<lb/>
ten Herzen der Menſchen, und daß man mit der lieben Nation<lb/>ſich wieder befreundet, und ſie lieben darf, freut <hirendition="#g">mich</hi>. Dann<lb/>
bitte ich zu <hirendition="#g">Gott</hi>, und <hirendition="#g">hoffe</hi> es auch, daß es gut ſei, was<lb/>
geſchieht!! Luſt mußten wir haben, das iſt ſchon ausgemacht!<lb/>
Das Größte ſchon jetzt, iſt mir das; daß Napoleon ſich zum<lb/>
Kaiſer machte; und nicht ruhte bis er’s <hirendition="#g">nicht</hi> mehr war. Al-<lb/>
les er ſelbſt. <hirendition="#g">Wer</hi> hätte ihn angetaſter! <hirendition="#g">Man muß es<lb/>
nicht vergeſſen</hi>! Kaiſer- und Königstöchter hatte er. <hirendition="#g">Eng-<lb/>
land</hi> hinter ſeinem Meere ſogar, unterſtützte noch vor weni-<lb/>
gen Monaten der Bourbons Proklamationen <hirendition="#g">nicht</hi>. Der<lb/>
Mann hat ganz allein wie Macbeth fünf Akte geſpielt: <hirendition="#g">ſeine</hi><lb/>
Zauberſchweſtern kennt man noch nicht.</p><lb/><p>Hier wurde mit Lärm und Geſchrei das Bulletin im Schau-<lb/>ſpiel abgeleſen. Der Oberſtburggraf ließ gleich Liebich holen,<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[199/0207]
zu morgen ſchreiben. Künftig euch, liebe Kinder. Ich erliege.
Adieu! R. R.
Dienstag früh 8 Uhr.
Nun gratulire ich dir und Allen, die wahren herzlichen
Antheil an der Welt wahrem Wohl nehmen! Ich gönne un-
ſerm König für ſeine Kränkungen, daß auch er eingezogen
iſt, in das Herz des monſtruöſen Reichs, das alle andere in
ſeiner holden leichten Glaubhaftigkeit zu verſchlucken und tre-
ten zu können meinen mußte. Es muß jeder franzöſiſche Sol-
dat, jeder Franzoſe wiſſen, daß man auch zu ihm kommen
kann, das wird ſie höflich im Herzen machen; und uns den
Kopf oben halten lehren für eine Zeit. Daß nur Einer ge-
opfert wird, und auf den aller Haß gegoſſen, aus den vergall-
ten Herzen der Menſchen, und daß man mit der lieben Nation
ſich wieder befreundet, und ſie lieben darf, freut mich. Dann
bitte ich zu Gott, und hoffe es auch, daß es gut ſei, was
geſchieht!! Luſt mußten wir haben, das iſt ſchon ausgemacht!
Das Größte ſchon jetzt, iſt mir das; daß Napoleon ſich zum
Kaiſer machte; und nicht ruhte bis er’s nicht mehr war. Al-
les er ſelbſt. Wer hätte ihn angetaſter! Man muß es
nicht vergeſſen! Kaiſer- und Königstöchter hatte er. Eng-
land hinter ſeinem Meere ſogar, unterſtützte noch vor weni-
gen Monaten der Bourbons Proklamationen nicht. Der
Mann hat ganz allein wie Macbeth fünf Akte geſpielt: ſeine
Zauberſchweſtern kennt man noch nicht.
Hier wurde mit Lärm und Geſchrei das Bulletin im Schau-
ſpiel abgeleſen. Der Oberſtburggraf ließ gleich Liebich holen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/207>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.