Details, -- mir, von der Sie wissen, wie die Polen bei mir stehen; wie ich die Einzelnen goutire, und die Nation in Geist und Herz beschütze, ihr Recht gebe. Schreiben Sie mir dies alles! von Ihrem Quartier wußte ich seit Moritz in Breslau war; aber Sie sollten überrascht werden: und ich half negativ daran. Sehen Sie, ich habe nicht das Glück, daß wir nah wohnen; ich mußte mich todt laufen und todt ärgern. Nun bin ich weg, und die Einzige, die ihre Foyers hat verlassen müssen. Konnte ich ein Quartier und Quartierte behalten? Wo werde ich wohl hinkommen? wenn ich nach Hause komme! doch davon nichts. Ich bin dankbar, daß ich flüchten konnte, daß ich hier ein Dach habe, daß ich gesund bin: d. h. kein Nervenfieber; daß ich wieder helfen, und Trost sein konnte, und bei Gott im Himmel! daß Sie in diese weite, breite, schöne Straße hineingucken können, und allem Angenehmen der Stadt endlich nah sind! Schreiben Sie mir, ich bitte, genau wie Sie die Zimmer bewohnen, denn ich kenne das Quartier sehr genau, und wie Sie leben, mit wem Sie Mit- tags spaziren gehen. Alles! ob Sie Verdruß haben: was Mama, die Schwestern machen, was Ihnen Moritz mitge- bracht; und wie Sie mit den Haaren gehen, alles. Ob Sie mich wirklich vermissen! Ehrlich aber, und was Moritz zu Napoleon bei Leipzig und hinter dem Rhein gesagt hat. Ich bin noch nicht sicher. Trieb man ihn, kann er uns treiben! die letzten aufrührischen Reden des Senats sind mit vieler Kunst aus Lüge und Wahrheit gemacht, und wunderschön übersetzt in hiesiger Zeitung. Meine Zettel an Markus, meine Briefe, meine Gedichte, sind alle auch an Sie. Ludwig Ro-
Details, — mir, von der Sie wiſſen, wie die Polen bei mir ſtehen; wie ich die Einzelnen goutire, und die Nation in Geiſt und Herz beſchütze, ihr Recht gebe. Schreiben Sie mir dies alles! von Ihrem Quartier wußte ich ſeit Moritz in Breslau war; aber Sie ſollten überraſcht werden: und ich half negativ daran. Sehen Sie, ich habe nicht das Glück, daß wir nah wohnen; ich mußte mich todt laufen und todt ärgern. Nun bin ich weg, und die Einzige, die ihre Foyers hat verlaſſen müſſen. Konnte ich ein Quartier und Quartierte behalten? Wo werde ich wohl hinkommen? wenn ich nach Hauſe komme! doch davon nichts. Ich bin dankbar, daß ich flüchten konnte, daß ich hier ein Dach habe, daß ich geſund bin: d. h. kein Nervenfieber; daß ich wieder helfen, und Troſt ſein konnte, und bei Gott im Himmel! daß Sie in dieſe weite, breite, ſchöne Straße hineingucken können, und allem Angenehmen der Stadt endlich nah ſind! Schreiben Sie mir, ich bitte, genau wie Sie die Zimmer bewohnen, denn ich kenne das Quartier ſehr genau, und wie Sie leben, mit wem Sie Mit- tags ſpaziren gehen. Alles! ob Sie Verdruß haben: was Mama, die Schweſtern machen, was Ihnen Moritz mitge- bracht; und wie Sie mit den Haaren gehen, alles. Ob Sie mich wirklich vermiſſen! Ehrlich aber, und was Moritz zu Napoleon bei Leipzig und hinter dem Rhein geſagt hat. Ich bin noch nicht ſicher. Trieb man ihn, kann er uns treiben! die letzten aufrühriſchen Reden des Senats ſind mit vieler Kunſt aus Lüge und Wahrheit gemacht, und wunderſchön überſetzt in hieſiger Zeitung. Meine Zettel an Markus, meine Briefe, meine Gedichte, ſind alle auch an Sie. Ludwig Ro-
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Details, — mir, von der Sie wiſſen, wie die Polen bei mir
ſtehen; wie ich die Einzelnen goutire, und die Nation in Geiſt
und Herz beſchütze, ihr Recht gebe. Schreiben Sie mir dies
alles! von Ihrem Quartier wußte ich ſeit Moritz in Breslau
war; aber Sie ſollten überraſcht werden: und ich half negativ
daran. Sehen Sie, ich habe nicht das Glück, daß wir nah
wohnen; ich mußte mich todt laufen und todt ärgern. Nun
bin ich weg, und die Einzige, die ihre Foyers hat verlaſſen
müſſen. Konnte ich ein Quartier und Quartierte behalten?
Wo werde ich wohl hinkommen? wenn ich nach Hauſe komme!
doch davon nichts. Ich bin dankbar, daß ich flüchten konnte,
daß ich hier ein Dach habe, daß ich geſund bin: d. h. kein
Nervenfieber; daß ich wieder helfen, und Troſt ſein konnte,
und bei Gott im Himmel! daß Sie in dieſe weite, breite,
ſchöne Straße hineingucken können, und allem Angenehmen
der Stadt endlich nah ſind! Schreiben Sie mir, ich bitte,
genau wie Sie die Zimmer bewohnen, denn ich kenne das
Quartier ſehr genau, und wie Sie leben, mit wem Sie Mit-
tags ſpaziren gehen. Alles! ob Sie Verdruß haben: was
Mama, die Schweſtern machen, was Ihnen Moritz mitge-
bracht; und wie Sie mit den Haaren gehen, alles. Ob Sie
mich wirklich vermiſſen! Ehrlich aber, und was Moritz zu
Napoleon bei Leipzig und hinter dem Rhein geſagt hat. Ich
bin noch nicht ſicher. Trieb man ihn, kann er uns treiben!
die letzten aufrühriſchen Reden des Senats ſind mit vieler
Kunſt aus Lüge und Wahrheit gemacht, und wunderſchön
überſetzt in hieſiger Zeitung. Meine Zettel an Markus, meine
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/165>, abgerufen am 26.11.2024.
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