von Reimann hat ihm ein Zimmer eingeräumt, wie für ihren Bruder. Ich bin bei Engeln! Achtmal war sie und ihre Bonne gewiß oben, um immer zu fragen, ob alles recht ist. Sie hat ihn mit großer Mühe anstatt eines Andern genommen; thut alles. Bei welchen Leuten bin ich! Und wie schützt und segnet mich Gott, daß ich Gutes thun kann in dieser Noth. Jetzt sind drei Mädchen von Frau von Reimann, eins von Augusten, und Dore und die Jungfer von Frau von Lämel, die es ihnen zuweist, nach St. Nikolas, wo solche Noth war, daß sie gestern das Kloster anstecken wollten, um lieber zu sterben. Da schicke ich wohl für Hundert Essen; und für Zwan- zig Hemden hin. Morgen wieder. Leinwand, Socken, muß ich kaufen, Marwitz Briefe schreiben sous la dictee, an Tscher- nitscheff u. s. w. habe an Frau von Humboldt nach Wien ge- schrieben, an Varnhagen; war bei Lämels -- das Komtoir solltest du sehen: die heitere Ordnung, und Schnell- und Höf- lichkeit, -- habe hundert Menschen, Soldaten, gesprochen, ab- gewartet, und also nur die Zeit euch zu grüßen. Ich bin ge- sund: und lobe Gott. Was sagt ihr zu Marwitz Glück! Das Beste habe ich vergessen. Ein Pole setzt ihm, wie er liegt, das Gewehr vor die Stirn, drückt los, und es schießt doch nicht: und nun ist er vor wie nach bei Rahlchen wie zu Hause. Adieu, adieu! Grüßt den Onkel, und sagt ihm, ich wäre jetzt eine preußische Chevere-Frau. -- Marwitz stört mich aus Un- geduld. Auguste sitzt auch da. Adieu Kinder!
R. R.
An
von Reimann hat ihm ein Zimmer eingeräumt, wie für ihren Bruder. Ich bin bei Engeln! Achtmal war ſie und ihre Bonne gewiß oben, um immer zu fragen, ob alles recht iſt. Sie hat ihn mit großer Mühe anſtatt eines Andern genommen; thut alles. Bei welchen Leuten bin ich! Und wie ſchützt und ſegnet mich Gott, daß ich Gutes thun kann in dieſer Noth. Jetzt ſind drei Mädchen von Frau von Reimann, eins von Auguſten, und Dore und die Jungfer von Frau von Lämel, die es ihnen zuweiſt, nach St. Nikolas, wo ſolche Noth war, daß ſie geſtern das Kloſter anſtecken wollten, um lieber zu ſterben. Da ſchicke ich wohl für Hundert Eſſen; und für Zwan- zig Hemden hin. Morgen wieder. Leinwand, Socken, muß ich kaufen, Marwitz Briefe ſchreiben sous la dictée, an Tſcher- nitſcheff u. ſ. w. habe an Frau von Humboldt nach Wien ge- ſchrieben, an Varnhagen; war bei Lämels — das Komtoir ſollteſt du ſehen: die heitere Ordnung, und Schnell- und Höf- lichkeit, — habe hundert Menſchen, Soldaten, geſprochen, ab- gewartet, und alſo nur die Zeit euch zu grüßen. Ich bin ge- ſund: und lobe Gott. Was ſagt ihr zu Marwitz Glück! Das Beſte habe ich vergeſſen. Ein Pole ſetzt ihm, wie er liegt, das Gewehr vor die Stirn, drückt los, und es ſchießt doch nicht: und nun iſt er vor wie nach bei Rahlchen wie zu Hauſe. Adieu, adieu! Grüßt den Onkel, und ſagt ihm, ich wäre jetzt eine preußiſche Chevere-Frau. — Marwitz ſtört mich aus Un- geduld. Auguſte ſitzt auch da. Adieu Kinder!
R. R.
An
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von Reimann hat ihm ein Zimmer eingeräumt, wie für ihren
Bruder. Ich bin bei Engeln! Achtmal war ſie und ihre Bonne
gewiß oben, um immer zu fragen, ob alles recht iſt. Sie hat
ihn mit großer Mühe anſtatt eines Andern genommen; thut
alles. Bei welchen Leuten bin ich! Und wie ſchützt und
ſegnet mich Gott, daß ich Gutes thun kann in dieſer Noth.
Jetzt ſind drei Mädchen von Frau von Reimann, eins von
Auguſten, und Dore und die Jungfer von Frau von Lämel,
die es ihnen zuweiſt, nach St. Nikolas, wo ſolche Noth war,
daß ſie geſtern das Kloſter anſtecken wollten, um lieber zu
ſterben. Da ſchicke ich wohl für Hundert Eſſen; und für Zwan-
zig Hemden hin. Morgen wieder. Leinwand, Socken, muß
ich kaufen, Marwitz Briefe ſchreiben sous la dictée, an Tſcher-
nitſcheff u. ſ. w. habe an Frau von Humboldt nach Wien ge-
ſchrieben, an Varnhagen; war bei Lämels — das Komtoir
ſollteſt du ſehen: die heitere Ordnung, und Schnell- und Höf-
lichkeit, — habe hundert Menſchen, Soldaten, geſprochen, ab-
gewartet, und alſo nur die Zeit euch zu grüßen. Ich bin ge-
ſund: und lobe Gott. Was ſagt ihr zu Marwitz Glück! Das
Beſte habe ich vergeſſen. Ein Pole ſetzt ihm, wie er liegt,
das Gewehr vor die Stirn, drückt los, und es ſchießt doch
nicht: und nun iſt er vor wie nach bei Rahlchen wie zu Hauſe.
Adieu, adieu! Grüßt den Onkel, und ſagt ihm, ich wäre jetzt
eine preußiſche Chevere-Frau. — Marwitz ſtört mich aus Un-
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R. R.
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/120>, abgerufen am 04.12.2024.
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