gesagt. Goethe kommt her. Lämels haben ihm Quartier ge- miethet. Liebichs sehe ich oft: sie sind äußerst gut.
Vorgestern erst! August, erhielt ich über Reinerz (neun Tage gingen die Briefe von dort hierher) deinen Brief aus Hamburg vom 27. Mai! Gottlob! Aber seitdem! Alles Liebe aus meiner Seele habe ich dir schon geschrieben. Wo ich hin muß, weiß ich noch nicht. Für's Erste bleib' ich im Schutz deiner Freunde. Alles dank' ich dir mit freudigem Stolz. Die Möglichkeit der Reise, die Aufnahme. Der Obrist liebt dich: er denkt immer, du kommst her, wenn du mich hier weißt.
Schreibe mir nichts Öffentliches. Nur von uns. Einzi- ger Freund. Du bleibst mir leben! Was sollt' ich noch viel auf der Welt ohne dich! Du hast mich nun ganz erobert; et par droit de conquete et par droit de naissance; bei Gott, ich wäre todt ohne dich! -- So eben bat ich Augusten, dir ein wenig von Tieck, sich, dem Theater, und ihrer Laufbahn zu sprechen. Tieck und unsere Gespräche werden ihr sehr wohl thun. Denk dir, daß er ihr Wort für Wort sagte, was ich ihr gesagt hatte; z. B. nach Franziska, sie sollte Lady Mac- beth spielen!? Ha? und so alles Wunderbarste. Siehe! ich spreche von Fremden! und denke so viel an uns, bin so erfüllt davon; so ganz noch im Gefühl von dem Krieg! Aber ich kann nicht -- aus Aufgeregtheit -- drüber schreiben. Auch habe ich dir zu viel geschrieben. Lebe wohl. Gott schütze uns! Ich danke dir für alle Liebe! und trage sie und dich zärtlich und immer erschüttert in meinem Herzen dafür! Lieber Au- gust. Bleibe nur muthig; und so lange ich lebe meiner gewiß!
R. R.
geſagt. Goethe kommt her. Lämels haben ihm Quartier ge- miethet. Liebichs ſehe ich oft: ſie ſind äußerſt gut.
Vorgeſtern erſt! Auguſt, erhielt ich über Reinerz (neun Tage gingen die Briefe von dort hierher) deinen Brief aus Hamburg vom 27. Mai! Gottlob! Aber ſeitdem! Alles Liebe aus meiner Seele habe ich dir ſchon geſchrieben. Wo ich hin muß, weiß ich noch nicht. Für’s Erſte bleib’ ich im Schutz deiner Freunde. Alles dank’ ich dir mit freudigem Stolz. Die Möglichkeit der Reiſe, die Aufnahme. Der Obriſt liebt dich: er denkt immer, du kommſt her, wenn du mich hier weißt.
Schreibe mir nichts Öffentliches. Nur von uns. Einzi- ger Freund. Du bleibſt mir leben! Was ſollt’ ich noch viel auf der Welt ohne dich! Du haſt mich nun ganz erobert; et par droit de conquête et par droit de naissance; bei Gott, ich wäre todt ohne dich! — So eben bat ich Auguſten, dir ein wenig von Tieck, ſich, dem Theater, und ihrer Laufbahn zu ſprechen. Tieck und unſere Geſpräche werden ihr ſehr wohl thun. Denk dir, daß er ihr Wort für Wort ſagte, was ich ihr geſagt hatte; z. B. nach Franziska, ſie ſollte Lady Mac- beth ſpielen!? Ha? und ſo alles Wunderbarſte. Siehe! ich ſpreche von Fremden! und denke ſo viel an uns, bin ſo erfüllt davon; ſo ganz noch im Gefühl von dem Krieg! Aber ich kann nicht — aus Aufgeregtheit — drüber ſchreiben. Auch habe ich dir zu viel geſchrieben. Lebe wohl. Gott ſchütze uns! Ich danke dir für alle Liebe! und trage ſie und dich zärtlich und immer erſchüttert in meinem Herzen dafür! Lieber Au- guſt. Bleibe nur muthig; und ſo lange ich lebe meiner gewiß!
R. R.
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geſagt. Goethe kommt her. Lämels haben ihm Quartier ge-
miethet. Liebichs ſehe ich oft: ſie ſind äußerſt gut.
Vorgeſtern erſt! Auguſt, erhielt ich über Reinerz (neun
Tage gingen die Briefe von dort hierher) deinen Brief aus
Hamburg vom 27. Mai! Gottlob! Aber ſeitdem! Alles Liebe
aus meiner Seele habe ich dir ſchon geſchrieben. Wo ich hin
muß, weiß ich noch nicht. Für’s Erſte bleib’ ich im Schutz
deiner Freunde. Alles dank’ ich dir mit freudigem Stolz.
Die Möglichkeit der Reiſe, die Aufnahme. Der Obriſt liebt
dich: er denkt immer, du kommſt her, wenn du mich hier weißt.
Schreibe mir nichts Öffentliches. Nur von uns. Einzi-
ger Freund. Du bleibſt mir leben! Was ſollt’ ich noch viel
auf der Welt ohne dich! Du haſt mich nun ganz erobert;
et par droit de conquête et par droit de naissance; bei Gott,
ich wäre todt ohne dich! — So eben bat ich Auguſten, dir
ein wenig von Tieck, ſich, dem Theater, und ihrer Laufbahn
zu ſprechen. Tieck und unſere Geſpräche werden ihr ſehr wohl
thun. Denk dir, daß er ihr Wort für Wort ſagte, was ich
ihr geſagt hatte; z. B. nach Franziska, ſie ſollte Lady Mac-
beth ſpielen!? Ha? und ſo alles Wunderbarſte. Siehe!
ich ſpreche von Fremden! und denke ſo viel an uns, bin ſo
erfüllt davon; ſo ganz noch im Gefühl von dem Krieg! Aber
ich kann nicht — aus Aufgeregtheit — drüber ſchreiben. Auch
habe ich dir zu viel geſchrieben. Lebe wohl. Gott ſchütze uns!
Ich danke dir für alle Liebe! und trage ſie und dich zärtlich
und immer erſchüttert in meinem Herzen dafür! Lieber Au-
guſt. Bleibe nur muthig; und ſo lange ich lebe meiner
gewiß!
R. R.
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/109>, abgerufen am 04.12.2024.
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