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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834.

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auf schwarz zusammengelesen hat. Pfui! Ich freue mich deiner
Freunde, und Freude darüber. Hrn. von Nostitz die freund-
lichsten Grüße! Er soll an unsern Freund denken, der nicht
mehr ist. -- Ich bin zu müde. -- Gestern war ich dreimal bei
Woltmanns, weil das dumme Dienstmädchen zweimal sagte,
er sei aus: dann schrieb sie mir: und es verhielt sich so, daß
er seit sieben Wochen ganz zu Bett an Gicht in der Hüfte
liegt, und seit neun Monaten nicht aus war. Sie sind sehr
dankbar: sie hat mir heute bei diesem Briefe sehr lieb geschrie-
ben; thu das Mögliche: sie hoffen wenig! Ich werde sie
manchmal besuchen: sie wohnen, wo Johannes Müller wohnte,
im George'schen Garten. -- Höre die schöne Anekdote! Eine
Gesellschaft Frauen machte auch in Breslau eine Sammlung
für unsere Sache: alle gaben; ein Mädchen war dabei, die
gab nichts; sie konnte auch nichts geben, alle wußten's auch;
sie hatte nichts. Sie geht aber weg, und kommt mit drei
harten Thalern wieder, die sie giebt: alle wundern sich. Weg
waren ihre Haare, die ihr sonst einmal ein Haarkräusler ab-
kaufen wollte, und dem sie sie nun gelassen hatte. Augen-
blicklich kaufte die Gesellschaft die Haare zurück, die schönen,
langen, blonden; ließ Ringe davon machen, und die werden
wieder für unsere Sache verkauft. Der Geheimrath Crelinger
hat ein Dutzend mit hieher gebracht, die theuer verkauft wer-
den. Es ist nicht viel, seine Haare zu geben: und doch ist
die Geschichte so hübsch. Der Emotion wegen, die das Mäd-
chen, die Frauen, gewiß hatten, und des lieben Willens und
unserer Emotion wegen. Nicht wahr? laß sie drucken. --
Goethe ist, wie du in Niebuhrs Zeitung lesen wirst, in Dres-

den:

auf ſchwarz zuſammengeleſen hat. Pfui! Ich freue mich deiner
Freunde, und Freude darüber. Hrn. von Noſtitz die freund-
lichſten Grüße! Er ſoll an unſern Freund denken, der nicht
mehr iſt. — Ich bin zu müde. — Geſtern war ich dreimal bei
Woltmanns, weil das dumme Dienſtmädchen zweimal ſagte,
er ſei aus: dann ſchrieb ſie mir: und es verhielt ſich ſo, daß
er ſeit ſieben Wochen ganz zu Bett an Gicht in der Hüfte
liegt, und ſeit neun Monaten nicht aus war. Sie ſind ſehr
dankbar: ſie hat mir heute bei dieſem Briefe ſehr lieb geſchrie-
ben; thu das Mögliche: ſie hoffen wenig! Ich werde ſie
manchmal beſuchen: ſie wohnen, wo Johannes Müller wohnte,
im George’ſchen Garten. — Höre die ſchöne Anekdote! Eine
Geſellſchaft Frauen machte auch in Breslau eine Sammlung
für unſere Sache: alle gaben; ein Mädchen war dabei, die
gab nichts; ſie konnte auch nichts geben, alle wußten’s auch;
ſie hatte nichts. Sie geht aber weg, und kommt mit drei
harten Thalern wieder, die ſie giebt: alle wundern ſich. Weg
waren ihre Haare, die ihr ſonſt einmal ein Haarkräusler ab-
kaufen wollte, und dem ſie ſie nun gelaſſen hatte. Augen-
blicklich kaufte die Geſellſchaft die Haare zurück, die ſchönen,
langen, blonden; ließ Ringe davon machen, und die werden
wieder für unſere Sache verkauft. Der Geheimrath Crelinger
hat ein Dutzend mit hieher gebracht, die theuer verkauft wer-
den. Es iſt nicht viel, ſeine Haare zu geben: und doch iſt
die Geſchichte ſo hübſch. Der Emotion wegen, die das Mäd-
chen, die Frauen, gewiß hatten, und des lieben Willens und
unſerer Emotion wegen. Nicht wahr? laß ſie drucken. —
Goethe iſt, wie du in Niebuhrs Zeitung leſen wirſt, in Dres-

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[96/0104] auf ſchwarz zuſammengeleſen hat. Pfui! Ich freue mich deiner Freunde, und Freude darüber. Hrn. von Noſtitz die freund- lichſten Grüße! Er ſoll an unſern Freund denken, der nicht mehr iſt. — Ich bin zu müde. — Geſtern war ich dreimal bei Woltmanns, weil das dumme Dienſtmädchen zweimal ſagte, er ſei aus: dann ſchrieb ſie mir: und es verhielt ſich ſo, daß er ſeit ſieben Wochen ganz zu Bett an Gicht in der Hüfte liegt, und ſeit neun Monaten nicht aus war. Sie ſind ſehr dankbar: ſie hat mir heute bei dieſem Briefe ſehr lieb geſchrie- ben; thu das Mögliche: ſie hoffen wenig! Ich werde ſie manchmal beſuchen: ſie wohnen, wo Johannes Müller wohnte, im George’ſchen Garten. — Höre die ſchöne Anekdote! Eine Geſellſchaft Frauen machte auch in Breslau eine Sammlung für unſere Sache: alle gaben; ein Mädchen war dabei, die gab nichts; ſie konnte auch nichts geben, alle wußten’s auch; ſie hatte nichts. Sie geht aber weg, und kommt mit drei harten Thalern wieder, die ſie giebt: alle wundern ſich. Weg waren ihre Haare, die ihr ſonſt einmal ein Haarkräusler ab- kaufen wollte, und dem ſie ſie nun gelaſſen hatte. Augen- blicklich kaufte die Geſellſchaft die Haare zurück, die ſchönen, langen, blonden; ließ Ringe davon machen, und die werden wieder für unſere Sache verkauft. Der Geheimrath Crelinger hat ein Dutzend mit hieher gebracht, die theuer verkauft wer- den. Es iſt nicht viel, ſeine Haare zu geben: und doch iſt die Geſchichte ſo hübſch. Der Emotion wegen, die das Mäd- chen, die Frauen, gewiß hatten, und des lieben Willens und unſerer Emotion wegen. Nicht wahr? laß ſie drucken. — Goethe iſt, wie du in Niebuhrs Zeitung leſen wirſt, in Dres- den:

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/104>, abgerufen am 22.11.2024.