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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834.

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bekommen, ob Sie schon zu Hause sind: weil man immer spä-
ter abreist, als man aussetzt. Wie ich aber zu Hause war,
und es halb 12 wurde, war mir mit einemmale, als wären
Sie nun bei sich. Es regnete um diese Zeit nicht, der Mond
leuchtete, obgleich seine Scheibe nicht zu sehen war; und die
ganze Straße, der ganze Markt, die Stadt, roch nach Bäu-
men, wie ein Wald; kurz, der Geruch, nach dem Sie immer
im Thiergarten frugen. Hr. von Quast führte mich -- er war
mit mir aus der Komödie gegangen, wo er mich besucht hatte,
und ich schleppte ihn mit zur Mad. F. -- Robert ging neben
her; Quast fing zuerst an; welch göttlich Wetter, nichts ist
schöner, als solcher Abend -- es schlug eine Nachtigall --
solcher stiller, wenn dann eine singt! -- überhaupt war der
gestern sehr mild, sanft, zart, sittig; die vornehme Gesellschaft
thut ihm gut, auch, glaub' ich, liebt er wieder. -- Ich lobte
den Baumgeruch; und so kamen wir an. Ich blieb mit Ro-
bert allein, und machte bald ein Ende. -- Nun kommt der
Steckbrief von Wolff; in dem dieser stecken sollte, welches nun
umgekehrt ist, und da Sie schuld sind, Sie es auch entschul-
digen müssen! -- Sehen Sie, wie Jean Paul'sch man wird,
wenn man nicht schreiben kann, und nur etwas Witz stellt
sich ein? Mein tiefster Ernst. Ich kam natürlich, wie wenn
man allein geht, und niemand auf einen wartet, zu spät nach
Möllendorfs Loge. Und im Korridor hört' ich schon eine mir
unbekannte Stimme sehr theatralisiren; das Aufeinanderfolgen
der Scenen war mir nicht gegenwärtig, und stutzend dacht'
ich, wenn er das nur nicht ist. Ich trete ein, und Maria ist
auf der Bühne, mit Mortimer vor sich. Ich erkenne Wolff,

bekommen, ob Sie ſchon zu Hauſe ſind: weil man immer ſpä-
ter abreiſt, als man ausſetzt. Wie ich aber zu Hauſe war,
und es halb 12 wurde, war mir mit einemmale, als wären
Sie nun bei ſich. Es regnete um dieſe Zeit nicht, der Mond
leuchtete, obgleich ſeine Scheibe nicht zu ſehen war; und die
ganze Straße, der ganze Markt, die Stadt, roch nach Bäu-
men, wie ein Wald; kurz, der Geruch, nach dem Sie immer
im Thiergarten frugen. Hr. von Quaſt führte mich — er war
mit mir aus der Komödie gegangen, wo er mich beſucht hatte,
und ich ſchleppte ihn mit zur Mad. F. — Robert ging neben
her; Quaſt fing zuerſt an; welch göttlich Wetter, nichts iſt
ſchöner, als ſolcher Abend — es ſchlug eine Nachtigall —
ſolcher ſtiller, wenn dann eine ſingt! — überhaupt war der
geſtern ſehr mild, ſanft, zart, ſittig; die vornehme Geſellſchaft
thut ihm gut, auch, glaub’ ich, liebt er wieder. — Ich lobte
den Baumgeruch; und ſo kamen wir an. Ich blieb mit Ro-
bert allein, und machte bald ein Ende. — Nun kommt der
Steckbrief von Wolff; in dem dieſer ſtecken ſollte, welches nun
umgekehrt iſt, und da Sie ſchuld ſind, Sie es auch entſchul-
digen müſſen! — Sehen Sie, wie Jean Paul’ſch man wird,
wenn man nicht ſchreiben kann, und nur etwas Witz ſtellt
ſich ein? Mein tiefſter Ernſt. Ich kam natürlich, wie wenn
man allein geht, und niemand auf einen wartet, zu ſpät nach
Möllendorfs Loge. Und im Korridor hört’ ich ſchon eine mir
unbekannte Stimme ſehr theatraliſiren; das Aufeinanderfolgen
der Scenen war mir nicht gegenwärtig, und ſtutzend dacht’
ich, wenn er das nur nicht iſt. Ich trete ein, und Maria iſt
auf der Bühne, mit Mortimer vor ſich. Ich erkenne Wolff,

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[493/0507] bekommen, ob Sie ſchon zu Hauſe ſind: weil man immer ſpä- ter abreiſt, als man ausſetzt. Wie ich aber zu Hauſe war, und es halb 12 wurde, war mir mit einemmale, als wären Sie nun bei ſich. Es regnete um dieſe Zeit nicht, der Mond leuchtete, obgleich ſeine Scheibe nicht zu ſehen war; und die ganze Straße, der ganze Markt, die Stadt, roch nach Bäu- men, wie ein Wald; kurz, der Geruch, nach dem Sie immer im Thiergarten frugen. Hr. von Quaſt führte mich — er war mit mir aus der Komödie gegangen, wo er mich beſucht hatte, und ich ſchleppte ihn mit zur Mad. F. — Robert ging neben her; Quaſt fing zuerſt an; welch göttlich Wetter, nichts iſt ſchöner, als ſolcher Abend — es ſchlug eine Nachtigall — ſolcher ſtiller, wenn dann eine ſingt! — überhaupt war der geſtern ſehr mild, ſanft, zart, ſittig; die vornehme Geſellſchaft thut ihm gut, auch, glaub’ ich, liebt er wieder. — Ich lobte den Baumgeruch; und ſo kamen wir an. Ich blieb mit Ro- bert allein, und machte bald ein Ende. — Nun kommt der Steckbrief von Wolff; in dem dieſer ſtecken ſollte, welches nun umgekehrt iſt, und da Sie ſchuld ſind, Sie es auch entſchul- digen müſſen! — Sehen Sie, wie Jean Paul’ſch man wird, wenn man nicht ſchreiben kann, und nur etwas Witz ſtellt ſich ein? Mein tiefſter Ernſt. Ich kam natürlich, wie wenn man allein geht, und niemand auf einen wartet, zu ſpät nach Möllendorfs Loge. Und im Korridor hört’ ich ſchon eine mir unbekannte Stimme ſehr theatraliſiren; das Aufeinanderfolgen der Scenen war mir nicht gegenwärtig, und ſtutzend dacht’ ich, wenn er das nur nicht iſt. Ich trete ein, und Maria iſt auf der Bühne, mit Mortimer vor ſich. Ich erkenne Wolff,

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/507>, abgerufen am 22.12.2024.