halt' ich's nicht mehr. -- Dieser Brief ist wie Ihrer, aus dem Herzen, und an einen Freund: daß Sie so dieses Herz fan- den, ist nicht meine Schuld. Ich wollte Ihnen nur einen Gruß schreiben. --
Können Sie denn gar nicht Einmal auf acht Tage wie ein freier Mann nach Berlin kommen? Wollen Sie etwa bei mir wohnen? Ich kann Ihnen ein sehr großes luftiges Zimmer geben: welches Sie kennen. Ich wohne nebenan, wenn ich in der Stadt sein muß; gewöhnlich bin ich in Char- lottenburg, wo ich wohne und bade. Meine Mutter hält mich jetzt nur oft hier. Reise ich in wenigen Tagen nicht auf we- nige Tage nach Freienwalde; so will ich Hannchen dadurch über- raschen, nach Rathenau zu kommen; dahin kommen Sie auch! und dann gehe ich mit den Kindern spaziren. Alles dies nur, wenn sich meine Mutter in der Zeit so viel bessert. Antwor- ten Sie mir bald, lieber Fouque: aber invitiren Sie mich ja nicht zu sich: ein Gut, wo ich nicht der Herr bin, ist mir das Unbehaglichste von der Welt. Und sich mit Vielen einpassen, wo man Einen sucht, zeitverderbend; wenn man auch die An- dern jeden für sich selbst suchen würde: man müßte sie doch schon kennen. Wenn ich komme, bringe ich Prinz Louis Brief mit. Wie gräßlich war es mir, als ich Sie das eine- und letztemal sah, nicht mit Ihnen allein bleiben zu können! drum war ich so dorfdumm beim Abschied. Leben Sie wohl, lieber Dichter! Nur zwei würde ich jetzt so nennen! Den Andern kennen Sie. Leben Sie sehr vergnügt, lieber Fouque, und prägen Sie es sich ja recht ein, wenn Ihnen etwas in
halt’ ich’s nicht mehr. — Dieſer Brief iſt wie Ihrer, aus dem Herzen, und an einen Freund: daß Sie ſo dieſes Herz fan- den, iſt nicht meine Schuld. Ich wollte Ihnen nur einen Gruß ſchreiben. —
Können Sie denn gar nicht Einmal auf acht Tage wie ein freier Mann nach Berlin kommen? Wollen Sie etwa bei mir wohnen? Ich kann Ihnen ein ſehr großes luftiges Zimmer geben: welches Sie kennen. Ich wohne nebenan, wenn ich in der Stadt ſein muß; gewöhnlich bin ich in Char- lottenburg, wo ich wohne und bade. Meine Mutter hält mich jetzt nur oft hier. Reiſe ich in wenigen Tagen nicht auf we- nige Tage nach Freienwalde; ſo will ich Hannchen dadurch über- raſchen, nach Rathenau zu kommen; dahin kommen Sie auch! und dann gehe ich mit den Kindern ſpaziren. Alles dies nur, wenn ſich meine Mutter in der Zeit ſo viel beſſert. Antwor- ten Sie mir bald, lieber Fouqué: aber invitiren Sie mich ja nicht zu ſich: ein Gut, wo ich nicht der Herr bin, iſt mir das Unbehaglichſte von der Welt. Und ſich mit Vielen einpaſſen, wo man Einen ſucht, zeitverderbend; wenn man auch die An- dern jeden für ſich ſelbſt ſuchen würde: man müßte ſie doch ſchon kennen. Wenn ich komme, bringe ich Prinz Louis Brief mit. Wie gräßlich war es mir, als ich Sie das eine- und letztemal ſah, nicht mit Ihnen allein bleiben zu können! drum war ich ſo dorfdumm beim Abſchied. Leben Sie wohl, lieber Dichter! Nur zwei würde ich jetzt ſo nennen! Den Andern kennen Sie. Leben Sie ſehr vergnügt, lieber Fouqué, und prägen Sie es ſich ja recht ein, wenn Ihnen etwas in
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halt’ ich’s nicht mehr. — Dieſer Brief iſt wie Ihrer, aus dem
Herzen, und an einen Freund: daß Sie ſo dieſes Herz fan-
den, iſt nicht meine Schuld. Ich wollte Ihnen nur einen
Gruß ſchreiben. —
Können Sie denn gar nicht Einmal auf acht Tage wie
ein freier Mann nach Berlin kommen? Wollen Sie etwa
bei mir wohnen? Ich kann Ihnen ein ſehr großes luftiges
Zimmer geben: welches Sie kennen. Ich wohne nebenan,
wenn ich in der Stadt ſein muß; gewöhnlich bin ich in Char-
lottenburg, wo ich wohne und bade. Meine Mutter hält
mich jetzt nur oft hier. Reiſe ich in wenigen Tagen nicht auf we-
nige Tage nach Freienwalde; ſo will ich Hannchen dadurch über-
raſchen, nach Rathenau zu kommen; dahin kommen Sie auch!
und dann gehe ich mit den Kindern ſpaziren. Alles dies nur,
wenn ſich meine Mutter in der Zeit ſo viel beſſert. Antwor-
ten Sie mir bald, lieber Fouqué: aber invitiren Sie mich ja
nicht zu ſich: ein Gut, wo ich nicht der Herr bin, iſt mir das
Unbehaglichſte von der Welt. Und ſich mit Vielen einpaſſen,
wo man Einen ſucht, zeitverderbend; wenn man auch die An-
dern jeden für ſich ſelbſt ſuchen würde: man müßte ſie doch
ſchon kennen. Wenn ich komme, bringe ich Prinz Louis
Brief mit. Wie gräßlich war es mir, als ich Sie das eine-
und letztemal ſah, nicht mit Ihnen allein bleiben zu können!
drum war ich ſo dorfdumm beim Abſchied. Leben Sie wohl,
lieber Dichter! Nur zwei würde ich jetzt ſo nennen! Den
Andern kennen Sie. Leben Sie ſehr vergnügt, lieber Fouqué,
und prägen Sie es ſich ja recht ein, wenn Ihnen etwas in
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/451>, abgerufen am 24.11.2024.
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