der auf dem Wagen stand und die Säcke packte, scherzte, und ihm von der wartenden Post sprach. Mit einemmale antwor- tete der junge, der ziemlich wie ein eleganter Hausknecht aus einem vornehmen Wirthshause aussah: "Ich muß auch fort." Warum nicht gar! sagt der Alte; worauf der junge, ganz rüstig und bequem geschäftig aufladend, folgendes Lied mit einer ganz lustigen Melodie, doch rührenden Ausdrucke, unge- fähr so sang, als: Ja, ja! Es kann nicht anders sein, mit mir ist's auch aus; "Mit mir ist es aus, mit mir hat's ein End'; Husar muß ich werden im Leibregiment." -- I! nicht doch! erwiederte der Alte: -- "Gott straf mich," sagte der Husar, "ich habe schon Quartier und alles." Ich griff nach meiner Bleifeder, um das Lied aufzuschreiben, in dem fuhr ihr Wagen, und unserer. Wir fuhren aus den Thoren und Wällen von Magdeburg; am letzten Thore und beim letzten Examen durch einen Offizier, knüpperte unser Postillon an den Pferden, ein Höke saß dicht neben der Wache, und erzählte fünf sehr aufmerksam zweiflenden und amüsirten westphälischen Soldaten von der Übergabe der Stadt, wie da ein Soldat, der brav war, mit seinem Obristwachtmeister gesprochen habe etc. mit einemmale geht ein gemeiner gesunder Mann vorüber, der Erzähler unterbricht sich gelassen, aber plötzlich: "Nun, wie ist's abgelaufen?" -- "Gut! mir können sie einen Dr -- thun, ich habe achtzehn Jahr den Preußen gedient." Die sechs blie- ben dicht vor der Wache mir nichts dir nichts sitzen. Wir holten den Menschen noch ein; ich besah ihn, er war kaum dreißig, rüstig und wohlaussehend. -- Man fährt durch Dör- fer, die wie französische aussehen. Fester Boden, die Elbe
der auf dem Wagen ſtand und die Säcke packte, ſcherzte, und ihm von der wartenden Poſt ſprach. Mit einemmale antwor- tete der junge, der ziemlich wie ein eleganter Hausknecht aus einem vornehmen Wirthshauſe ausſah: „Ich muß auch fort.“ Warum nicht gar! ſagt der Alte; worauf der junge, ganz rüſtig und bequem geſchäftig aufladend, folgendes Lied mit einer ganz luſtigen Melodie, doch rührenden Ausdrucke, unge- fähr ſo ſang, als: Ja, ja! Es kann nicht anders ſein, mit mir iſt’s auch aus; „Mit mir iſt es aus, mit mir hat’s ein End’; Huſar muß ich werden im Leibregiment.“ — I! nicht doch! erwiederte der Alte: — „Gott ſtraf mich,“ ſagte der Huſar, „ich habe ſchon Quartier und alles.“ Ich griff nach meiner Bleifeder, um das Lied aufzuſchreiben, in dem fuhr ihr Wagen, und unſerer. Wir fuhren aus den Thoren und Wällen von Magdeburg; am letzten Thore und beim letzten Examen durch einen Offizier, knüpperte unſer Poſtillon an den Pferden, ein Höke ſaß dicht neben der Wache, und erzählte fünf ſehr aufmerkſam zweiflenden und amüſirten weſtphäliſchen Soldaten von der Übergabe der Stadt, wie da ein Soldat, der brav war, mit ſeinem Obriſtwachtmeiſter geſprochen habe ꝛc. mit einemmale geht ein gemeiner geſunder Mann vorüber, der Erzähler unterbricht ſich gelaſſen, aber plötzlich: „Nun, wie iſt’s abgelaufen?“ — „Gut! mir können ſie einen Dr — thun, ich habe achtzehn Jahr den Preußen gedient.“ Die ſechs blie- ben dicht vor der Wache mir nichts dir nichts ſitzen. Wir holten den Menſchen noch ein; ich beſah ihn, er war kaum dreißig, rüſtig und wohlausſehend. — Man fährt durch Dör- fer, die wie franzöſiſche ausſehen. Feſter Boden, die Elbe
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der auf dem Wagen ſtand und die Säcke packte, ſcherzte, und
ihm von der wartenden Poſt ſprach. Mit einemmale antwor-
tete der junge, der ziemlich wie ein eleganter Hausknecht aus
einem vornehmen Wirthshauſe ausſah: „Ich muß auch fort.“
Warum nicht gar! ſagt der Alte; worauf der junge, ganz
rüſtig und bequem geſchäftig aufladend, folgendes Lied mit
einer ganz luſtigen Melodie, doch rührenden Ausdrucke, unge-
fähr ſo ſang, als: Ja, ja! Es kann nicht anders ſein, mit
mir iſt’s auch aus; „Mit mir iſt es aus, mit mir hat’s ein
End’; Huſar muß ich werden im Leibregiment.“ — I! nicht
doch! erwiederte der Alte: — „Gott ſtraf mich,“ ſagte der
Huſar, „ich habe ſchon Quartier und alles.“ Ich griff nach
meiner Bleifeder, um das Lied aufzuſchreiben, in dem fuhr
ihr Wagen, und unſerer. Wir fuhren aus den Thoren und
Wällen von Magdeburg; am letzten Thore und beim letzten
Examen durch einen Offizier, knüpperte unſer Poſtillon an den
Pferden, ein Höke ſaß dicht neben der Wache, und erzählte
fünf ſehr aufmerkſam zweiflenden und amüſirten weſtphäliſchen
Soldaten von der Übergabe der Stadt, wie da ein Soldat,
der brav war, mit ſeinem Obriſtwachtmeiſter geſprochen habe ꝛc.
mit einemmale geht ein gemeiner geſunder Mann vorüber, der
Erzähler unterbricht ſich gelaſſen, aber plötzlich: „Nun, wie
iſt’s abgelaufen?“ — „Gut! mir können ſie einen Dr — thun,
ich habe achtzehn Jahr den Preußen gedient.“ Die ſechs blie-
ben dicht vor der Wache mir nichts dir nichts ſitzen. Wir
holten den Menſchen noch ein; ich beſah ihn, er war kaum
dreißig, rüſtig und wohlausſehend. — Man fährt durch Dör-
fer, die wie franzöſiſche ausſehen. Feſter Boden, die Elbe
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/362>, abgerufen am 23.12.2024.
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