Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

dieser, übermorgen geht er ab; also könnt ihr berechnen.
Treib Markus an, daß der gleich mit S. spricht, wenn Burgs-
dorfs Brief kömmt, aber eh dieser Brief da ist, sag' ihm nichts:
denn sonst denkt er was er bei S. ausüben soll! und es ist
gar nichts. Wie kannst du so schlecht sein, und mir gar
nichts von Hanne schreiben; ob du sie oft siehst, und wie das
ist. Hanne verbittert mir recht das Leben. Wenn ich die hier
hätte, wollt' ich glücklich sein. Und wie könnte, und würde
sie hier lernen! J! Nun! auf dieser Erde gelingt mir nichts.
Dreimal, mit heute, hat mir von Fanny geträumt, und heute
von Hanne und Fanny! Wenn sie mir nur Fanny nicht in
die Schule schicken, derweile ich weg bin! Wenn ich die Kin-
der hätte, und genug, nur genug, nicht viel Geld, ging
ich nie hier weg. Aber -- das mündlich, was ich beabsichtige,
will, und betreiben werde. Tanzt denn Hanne noch? Fran-
zösisch lernt sie in Berlin nicht: und andere Dinge auch nicht;
das kenne ich besser! ich hab' auch auf die Manier nichts
gelernt. Hält sie die Schultern noch so hoch? Kommt sie oft
zu Mama? Wie ist's mit ihrem Zähne-Wechseln? Sag' doch
der Mutter, sie soll immerweg den Zahnarzt nachsehen lassen,
der ihr die Zähne auszieht: hier thun das alle Menschen,
was haben sie aber für Zähne! Trabt die L. noch so in der
Welt herum? Gott! was könnte sich nicht ehr verändern!
Sieht es jetzt menschlich bei der Bernard aus? sie hat doch
wenigstens ordentlich Meuble? Kommt Walter auch zu euch?
Weißt du? den hab' ich ordentlich, lieb. Ich muß für
ihn sorgen, an ihn denken, und ihn lieb haben. Ja! er ist
so empfindlich! außer mir, hab' ich noch nie solche einen

dieſer, übermorgen geht er ab; alſo könnt ihr berechnen.
Treib Markus an, daß der gleich mit S. ſpricht, wenn Burgs-
dorfs Brief kömmt, aber eh dieſer Brief da iſt, ſag’ ihm nichts:
denn ſonſt denkt er was er bei S. ausüben ſoll! und es iſt
gar nichts. Wie kannſt du ſo ſchlecht ſein, und mir gar
nichts von Hanne ſchreiben; ob du ſie oft ſiehſt, und wie das
iſt. Hanne verbittert mir recht das Leben. Wenn ich die hier
hätte, wollt’ ich glücklich ſein. Und wie könnte, und würde
ſie hier lernen! J! Nun! auf dieſer Erde gelingt mir nichts.
Dreimal, mit heute, hat mir von Fanny geträumt, und heute
von Hanne und Fanny! Wenn ſie mir nur Fanny nicht in
die Schule ſchicken, derweile ich weg bin! Wenn ich die Kin-
der hätte, und genug, nur genug, nicht viel Geld, ging
ich nie hier weg. Aber — das mündlich, was ich beabſichtige,
will, und betreiben werde. Tanzt denn Hanne noch? Fran-
zöſiſch lernt ſie in Berlin nicht: und andere Dinge auch nicht;
das kenne ich beſſer! ich hab’ auch auf die Manier nichts
gelernt. Hält ſie die Schultern noch ſo hoch? Kommt ſie oft
zu Mama? Wie iſt’s mit ihrem Zähne-Wechſeln? Sag’ doch
der Mutter, ſie ſoll immerweg den Zahnarzt nachſehen laſſen,
der ihr die Zähne auszieht: hier thun das alle Menſchen,
was haben ſie aber für Zähne! Trabt die L. noch ſo in der
Welt herum? Gott! was könnte ſich nicht ehr verändern!
Sieht es jetzt menſchlich bei der Bernard aus? ſie hat doch
wenigſtens ordentlich Meuble? Kommt Walter auch zu euch?
Weißt du? den hab’ ich ordentlich, lieb. Ich muß für
ihn ſorgen, an ihn denken, und ihn lieb haben. Ja! er iſt
ſo empfindlich! außer mir, hab’ ich noch nie ſolche einen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0231" n="217"/>
die&#x017F;er, übermorgen geht er ab; al&#x017F;o könnt ihr berechnen.<lb/>
Treib Markus an, daß der gleich mit S. &#x017F;pricht, wenn Burgs-<lb/>
dorfs Brief kömmt, aber eh die&#x017F;er Brief da i&#x017F;t, &#x017F;ag&#x2019; ihm nichts:<lb/>
denn &#x017F;on&#x017F;t denkt er <hi rendition="#g">was</hi> er bei S. ausüben &#x017F;oll! und es i&#x017F;t<lb/>
gar nichts. Wie kann&#x017F;t du &#x017F;o &#x017F;chlecht &#x017F;ein, und mir gar<lb/>
nichts von Hanne &#x017F;chreiben; ob du &#x017F;ie oft &#x017F;ieh&#x017F;t, und wie das<lb/>
i&#x017F;t. Hanne verbittert mir recht das Leben. Wenn ich die hier<lb/>
hätte, wollt&#x2019; ich glücklich &#x017F;ein. Und wie <hi rendition="#g">könnte</hi>, und <hi rendition="#g">würde</hi><lb/>
&#x017F;ie hier lernen! J! Nun! auf die&#x017F;er Erde gelingt mir <hi rendition="#g">nichts</hi>.<lb/>
Dreimal, mit heute, hat mir von Fanny geträumt, und heute<lb/>
von Hanne und Fanny! Wenn &#x017F;ie mir nur Fanny nicht in<lb/>
die Schule &#x017F;chicken, derweile ich weg bin! Wenn ich die Kin-<lb/>
der hätte, und <hi rendition="#g">genug</hi>, nur <hi rendition="#g">genug</hi>, nicht <hi rendition="#g">viel</hi> Geld, ging<lb/>
ich nie hier weg. Aber &#x2014; das mündlich, was ich beab&#x017F;ichtige,<lb/>
will, und betreiben werde. Tanzt denn Hanne noch? Fran-<lb/>&#x017F;i&#x017F;ch lernt &#x017F;ie in Berlin <hi rendition="#g">nicht</hi>: und andere Dinge auch nicht;<lb/>
das kenne ich be&#x017F;&#x017F;er! ich hab&#x2019; auch auf die Manier <hi rendition="#g">nichts</hi><lb/>
gelernt. Hält &#x017F;ie die Schultern noch &#x017F;o hoch? Kommt &#x017F;ie oft<lb/>
zu Mama? Wie i&#x017F;t&#x2019;s mit ihrem Zähne-Wech&#x017F;eln? Sag&#x2019; doch<lb/>
der Mutter, &#x017F;ie &#x017F;oll immerweg den Zahnarzt nach&#x017F;ehen la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
der ihr die Zähne auszieht: hier thun das <hi rendition="#g">alle</hi> Men&#x017F;chen,<lb/><hi rendition="#g">was</hi> haben &#x017F;ie aber für Zähne! Trabt die L. noch &#x017F;o in der<lb/>
Welt herum? Gott! was könnte &#x017F;ich nicht <hi rendition="#g">ehr</hi> verändern!<lb/>
Sieht es jetzt men&#x017F;chlich bei der Bernard aus? &#x017F;ie hat doch<lb/>
wenig&#x017F;tens ordentlich Meuble? Kommt Walter auch zu euch?<lb/>
Weißt du? den hab&#x2019; ich <hi rendition="#g">ordentlich, lieb</hi>. Ich muß für<lb/>
ihn &#x017F;orgen, an ihn denken, und ihn lieb haben. Ja! er i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;o empfindlich! außer mir, hab&#x2019; ich noch nie &#x017F;olche einen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[217/0231] dieſer, übermorgen geht er ab; alſo könnt ihr berechnen. Treib Markus an, daß der gleich mit S. ſpricht, wenn Burgs- dorfs Brief kömmt, aber eh dieſer Brief da iſt, ſag’ ihm nichts: denn ſonſt denkt er was er bei S. ausüben ſoll! und es iſt gar nichts. Wie kannſt du ſo ſchlecht ſein, und mir gar nichts von Hanne ſchreiben; ob du ſie oft ſiehſt, und wie das iſt. Hanne verbittert mir recht das Leben. Wenn ich die hier hätte, wollt’ ich glücklich ſein. Und wie könnte, und würde ſie hier lernen! J! Nun! auf dieſer Erde gelingt mir nichts. Dreimal, mit heute, hat mir von Fanny geträumt, und heute von Hanne und Fanny! Wenn ſie mir nur Fanny nicht in die Schule ſchicken, derweile ich weg bin! Wenn ich die Kin- der hätte, und genug, nur genug, nicht viel Geld, ging ich nie hier weg. Aber — das mündlich, was ich beabſichtige, will, und betreiben werde. Tanzt denn Hanne noch? Fran- zöſiſch lernt ſie in Berlin nicht: und andere Dinge auch nicht; das kenne ich beſſer! ich hab’ auch auf die Manier nichts gelernt. Hält ſie die Schultern noch ſo hoch? Kommt ſie oft zu Mama? Wie iſt’s mit ihrem Zähne-Wechſeln? Sag’ doch der Mutter, ſie ſoll immerweg den Zahnarzt nachſehen laſſen, der ihr die Zähne auszieht: hier thun das alle Menſchen, was haben ſie aber für Zähne! Trabt die L. noch ſo in der Welt herum? Gott! was könnte ſich nicht ehr verändern! Sieht es jetzt menſchlich bei der Bernard aus? ſie hat doch wenigſtens ordentlich Meuble? Kommt Walter auch zu euch? Weißt du? den hab’ ich ordentlich, lieb. Ich muß für ihn ſorgen, an ihn denken, und ihn lieb haben. Ja! er iſt ſo empfindlich! außer mir, hab’ ich noch nie ſolche einen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/231
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/231>, abgerufen am 26.11.2024.