Gerechtigkeit widerfahren lassen; er hatte sich zwar geirrt, und mir statt der Gartenrezension eine theologische gelassen, aber die Humboldt'sche gab er mir mit Bedacht. -- --
Hören Sie, mit der Delikatesse bin ich sehr liirt, und um Ihnen nur eine confidence zu machen, sie hat meine ganze Liebe; und ich bin so passionirt, daß ich auch meinen scharfen Augen nicht traue, und sie nicht von der Hand lasse. Und noch ganz besonders darum, weil mich das vor vielen Begegnungen schützt, denen ich mit einer andern Passion ausgesetzt sein würde, die ich schlechterdings nicht vertra- gen kann.
Thümmel kann machen was er will; ich habe auch den ersten Theil gelesen, und wenn Sie den zweiten werden ge- lesen haben, werd' ich's auch thun. Warum wird man nicht affektirt sein, wenn man sonst nichts in sich findet; und warum wird Affektation nicht verhindern das zu finden, was sonst noch da sein kann? --
Es ist etwas Gleichgültiges, aber Sie werden doch An- theil nehmen, wenn ich Ihnen erzähle, daß ich vorige Woche in himmlischem Wetter zwei Tage mit den Geschwistern, dem jungen Ehpaar, mehreren Damen und zwei Engländern in zwei Wagen in Potsdam war, alles gesehen habe und gött- lich gefunden, besonders eine Aussicht vom Belvedere aus, über Potsdam, Sanssouci, Palais und alles, und wohl ein paar Meilen in die Runde Spree und Havel vereinigt, und ein enormes Vergnügen nach meiner Art gehabt habe. Übri- gens hab' ich ganz prächtig Konversation mit den Engländern machen können, die ihre Sprache sprachen, und ich franzö-
Gerechtigkeit widerfahren laſſen; er hatte ſich zwar geirrt, und mir ſtatt der Gartenrezenſion eine theologiſche gelaſſen, aber die Humboldt’ſche gab er mir mit Bedacht. — —
Hören Sie, mit der Delikateſſe bin ich ſehr liirt, und um Ihnen nur eine confidence zu machen, ſie hat meine ganze Liebe; und ich bin ſo paſſionirt, daß ich auch meinen ſcharfen Augen nicht traue, und ſie nicht von der Hand laſſe. Und noch ganz beſonders darum, weil mich das vor vielen Begegnungen ſchützt, denen ich mit einer andern Paſſion ausgeſetzt ſein würde, die ich ſchlechterdings nicht vertra- gen kann.
Thümmel kann machen was er will; ich habe auch den erſten Theil geleſen, und wenn Sie den zweiten werden ge- leſen haben, werd’ ich’s auch thun. Warum wird man nicht affektirt ſein, wenn man ſonſt nichts in ſich findet; und warum wird Affektation nicht verhindern das zu finden, was ſonſt noch da ſein kann? —
Es iſt etwas Gleichgültiges, aber Sie werden doch An- theil nehmen, wenn ich Ihnen erzähle, daß ich vorige Woche in himmliſchem Wetter zwei Tage mit den Geſchwiſtern, dem jungen Ehpaar, mehreren Damen und zwei Engländern in zwei Wagen in Potsdam war, alles geſehen habe und gött- lich gefunden, beſonders eine Ausſicht vom Belvedere aus, über Potsdam, Sansſouci, Palais und alles, und wohl ein paar Meilen in die Runde Spree und Havel vereinigt, und ein enormes Vergnügen nach meiner Art gehabt habe. Übri- gens hab’ ich ganz prächtig Konverſation mit den Engländern machen können, die ihre Sprache ſprachen, und ich franzö-
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Gerechtigkeit widerfahren laſſen; er hatte ſich zwar geirrt,
und mir ſtatt der Gartenrezenſion eine theologiſche gelaſſen,
aber die Humboldt’ſche gab er mir mit Bedacht. — —
Hören Sie, mit der Delikateſſe bin ich ſehr liirt, und
um Ihnen nur eine confidence zu machen, ſie hat meine
ganze Liebe; und ich bin ſo paſſionirt, daß ich auch meinen
ſcharfen Augen nicht traue, und ſie nicht von der Hand laſſe.
Und noch ganz beſonders darum, weil mich das vor vielen
Begegnungen ſchützt, denen ich mit einer andern Paſſion
ausgeſetzt ſein würde, die ich ſchlechterdings nicht vertra-
gen kann.
Thümmel kann machen was er will; ich habe auch den
erſten Theil geleſen, und wenn Sie den zweiten werden ge-
leſen haben, werd’ ich’s auch thun. Warum wird man nicht
affektirt ſein, wenn man ſonſt nichts in ſich findet; und
warum wird Affektation nicht verhindern das zu finden, was
ſonſt noch da ſein kann? —
Es iſt etwas Gleichgültiges, aber Sie werden doch An-
theil nehmen, wenn ich Ihnen erzähle, daß ich vorige Woche
in himmliſchem Wetter zwei Tage mit den Geſchwiſtern, dem
jungen Ehpaar, mehreren Damen und zwei Engländern in
zwei Wagen in Potsdam war, alles geſehen habe und gött-
lich gefunden, beſonders eine Ausſicht vom Belvedere aus,
über Potsdam, Sansſouci, Palais und alles, und wohl ein
paar Meilen in die Runde Spree und Havel vereinigt, und
ein enormes Vergnügen nach meiner Art gehabt habe. Übri-
gens hab’ ich ganz prächtig Konverſation mit den Engländern
machen können, die ihre Sprache ſprachen, und ich franzö-
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/128>, abgerufen am 22.12.2024.
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