der im Charlottenburger Garten, und gesunde Pferde, und zum Überfluß vor allen Thoren Chaussee. Als ich gestern aus dem Kloster kam, ging ich, nachdem ich euch geschrieben hatte, zur Sina; sie wohnt nah' an einem schönen Markt, wo sie hinsehen kann, in einer guten Straße, in einem Hause so groß wie Herzens, im größten Stil gebaut; die Hälfte der zweiten Etage bewohnt sie, der Kommandeur von Friedrich die andre, unten zwei andre Familien, wovon eine Präsident von Danckelman ist, zwei Schildwachen vorm Hause: sie ist ganz ordentlich wie ich's meine eingerichtet, sehr propre und intelligent, ist recht gut möblirt, ganz modern und sim- pel, und ein Zimmer mit Mahagoni, Bronze, und comme il faut; große Zimmer und große Ordnung und Propretät wäre schon genug. Sie ist sehr glücklich, liebt ihren Mann, und hat mir mit Thränen gesagt, sie glaube immer diesen Men- schen gar nicht werth zu sein; und wie ich sie gestern mit ihm sah, fand ich auch das bestätigt, daß sie mit ihm so glücklich ist, sie kann, und spricht alles vor ihm, daß sie sich in ihrer Denkart nicht von ihm geniren ließe u. s. w. Sie kann sich ihrer Liebe zu ihm so wenig enthalten, daß sie oft in Liebkosungen ausbricht -- die ich doch sonst und immer gar nicht leiden kann -- die sich bei ihr aber hübsch, natür- lich, lebhaft, unschuldig und kindisch machen: denn es sieht immer aus, als dächte sie: wenn ich dich nicht hätte, wäre ich doch in Breslau verloren! ich verdien' dich nicht, du bist zu gut, Gott wie freu' ich mich mit meinem Glück, bin ich wirklich noch so glücklich! kurz sie liebt und herzt ihn so, wie sie uns sonst liebte, denn er ist ihr alles. Genug ich bin
der im Charlottenburger Garten, und geſunde Pferde, und zum Überfluß vor allen Thoren Chauſſee. Als ich geſtern aus dem Kloſter kam, ging ich, nachdem ich euch geſchrieben hatte, zur Sina; ſie wohnt nah’ an einem ſchönen Markt, wo ſie hinſehen kann, in einer guten Straße, in einem Hauſe ſo groß wie Herzens, im größten Stil gebaut; die Hälfte der zweiten Etage bewohnt ſie, der Kommandeur von Friedrich die andre, unten zwei andre Familien, wovon eine Präſident von Danckelman iſt, zwei Schildwachen vorm Hauſe: ſie iſt ganz ordentlich wie ich’s meine eingerichtet, ſehr propre und intelligent, iſt recht gut möblirt, ganz modern und ſim- pel, und ein Zimmer mit Mahagoni, Bronze, und comme il faut; große Zimmer und große Ordnung und Propretät wäre ſchon genug. Sie iſt ſehr glücklich, liebt ihren Mann, und hat mir mit Thränen geſagt, ſie glaube immer dieſen Men- ſchen gar nicht werth zu ſein; und wie ich ſie geſtern mit ihm ſah, fand ich auch das beſtätigt, daß ſie mit ihm ſo glücklich iſt, ſie kann, und ſpricht alles vor ihm, daß ſie ſich in ihrer Denkart nicht von ihm geniren ließe u. ſ. w. Sie kann ſich ihrer Liebe zu ihm ſo wenig enthalten, daß ſie oft in Liebkoſungen ausbricht — die ich doch ſonſt und immer gar nicht leiden kann — die ſich bei ihr aber hübſch, natür- lich, lebhaft, unſchuldig und kindiſch machen: denn es ſieht immer aus, als dächte ſie: wenn ich dich nicht hätte, wäre ich doch in Breslau verloren! ich verdien’ dich nicht, du biſt zu gut, Gott wie freu’ ich mich mit meinem Glück, bin ich wirklich noch ſo glücklich! kurz ſie liebt und herzt ihn ſo, wie ſie uns ſonſt liebte, denn er iſt ihr alles. Genug ich bin
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der im Charlottenburger Garten, und geſunde Pferde, und
zum Überfluß vor allen Thoren Chauſſee. Als ich geſtern
aus dem Kloſter kam, ging ich, nachdem ich euch geſchrieben
hatte, zur Sina; ſie wohnt nah’ an einem ſchönen Markt,
wo ſie hinſehen kann, in einer guten Straße, in einem Hauſe
ſo groß wie Herzens, im größten Stil gebaut; die Hälfte der
zweiten Etage bewohnt ſie, der Kommandeur von Friedrich
die andre, unten zwei andre Familien, wovon eine Präſident
von Danckelman iſt, zwei Schildwachen vorm Hauſe: ſie iſt
ganz ordentlich wie ich’s meine eingerichtet, ſehr propre
und intelligent, iſt recht gut möblirt, ganz modern und ſim-
pel, und ein Zimmer mit Mahagoni, Bronze, und comme il
faut; große Zimmer und große Ordnung und Propretät wäre
ſchon genug. Sie iſt ſehr glücklich, liebt ihren Mann, und
hat mir mit Thränen geſagt, ſie glaube immer dieſen Men-
ſchen gar nicht werth zu ſein; und wie ich ſie geſtern mit
ihm ſah, fand ich auch das beſtätigt, daß ſie mit ihm ſo
glücklich iſt, ſie kann, und ſpricht alles vor ihm, daß ſie ſich
in ihrer Denkart nicht von ihm geniren ließe u. ſ. w. Sie
kann ſich ihrer Liebe zu ihm ſo wenig enthalten, daß ſie oft
in Liebkoſungen ausbricht — die ich doch ſonſt und immer
gar nicht leiden kann — die ſich bei ihr aber hübſch, natür-
lich, lebhaft, unſchuldig und kindiſch machen: denn es ſieht
immer aus, als dächte ſie: wenn ich dich nicht hätte, wäre
ich doch in Breslau verloren! ich verdien’ dich nicht, du
biſt zu gut, Gott wie freu’ ich mich mit meinem Glück, bin
ich wirklich noch ſo glücklich! kurz ſie liebt und herzt ihn ſo,
wie ſie uns ſonſt liebte, denn er iſt ihr alles. Genug ich bin
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/101>, abgerufen am 22.12.2024.
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