der durch die von vielen Seiten an ihn gelangenden Warnungen, durch die Bedenklichkeiten der preußischen Unterbehörden, welche Verdruß und Schaden für sich von den Franzosen befürchteten, so wenig wie selbst durch den Anblick eingedrungener französischer Besucher, sich in dem begonnenen Werke stören ließ. Man konnte sie nicht ohne Ergriffensein und Begeisterung anhören, diese Reden, welche mit Recht über den Kreis der un¬ mittelbaren Zuhörerschaft hinaus sich als Reden an die deutsche Nation erklärten, als solche weit und tief ge¬ wirkt und seitdem stets als eine der frühesten und stärk¬ sten Erregungen der volksthümlichen Ansprüche und Betriebe in Deutschland gegolten haben. Merkwürdig ist es, daß dieses Werk bei seiner bedeutenden Verbrei¬ tung und Wirksamkeit dennoch seinen unmittelbaren Ab¬ sichten und Vorschlägen keinen Eingang gewonnen bat; nirgends ist auch nur ein Versuch gemacht worden, solche Volkserziehung einzuführen, und wenn einige Schüler Fichte's späterhin eine Erziehungsanstalt in seinem Sinne zu gründen suchten, so hat dieselbe doch gar bald, in¬ dem sie sich den gewöhnlichen Anforderungen des Tages mehr und mehr bequemte, die besondern Eigenthümlich¬ keiten, worin sie dem Geiste des verehrten Meisters zu huldigen glaubte, wieder abstreifen müssen. Von meinen nähern Freunden hörten nur Bernhardi und Schütz diese Vorlesungen; die andern hielten sich davon zurück. Daß Harscher, der Fichte'n noch gar nicht gehört und
der durch die von vielen Seiten an ihn gelangenden Warnungen, durch die Bedenklichkeiten der preußiſchen Unterbehoͤrden, welche Verdruß und Schaden fuͤr ſich von den Franzoſen befuͤrchteten, ſo wenig wie ſelbſt durch den Anblick eingedrungener franzoͤſiſcher Beſucher, ſich in dem begonnenen Werke ſtoͤren ließ. Man konnte ſie nicht ohne Ergriffenſein und Begeiſterung anhoͤren, dieſe Reden, welche mit Recht uͤber den Kreis der un¬ mittelbaren Zuhoͤrerſchaft hinaus ſich als Reden an die deutſche Nation erklaͤrten, als ſolche weit und tief ge¬ wirkt und ſeitdem ſtets als eine der fruͤheſten und ſtaͤrk¬ ſten Erregungen der volksthuͤmlichen Anſpruͤche und Betriebe in Deutſchland gegolten haben. Merkwuͤrdig iſt es, daß dieſes Werk bei ſeiner bedeutenden Verbrei¬ tung und Wirkſamkeit dennoch ſeinen unmittelbaren Ab¬ ſichten und Vorſchlaͤgen keinen Eingang gewonnen bat; nirgends iſt auch nur ein Verſuch gemacht worden, ſolche Volkserziehung einzufuͤhren, und wenn einige Schuͤler Fichte's ſpaͤterhin eine Erziehungsanſtalt in ſeinem Sinne zu gruͤnden ſuchten, ſo hat dieſelbe doch gar bald, in¬ dem ſie ſich den gewoͤhnlichen Anforderungen des Tages mehr und mehr bequemte, die beſondern Eigenthuͤmlich¬ keiten, worin ſie dem Geiſte des verehrten Meiſters zu huldigen glaubte, wieder abſtreifen muͤſſen. Von meinen naͤhern Freunden hoͤrten nur Bernhardi und Schuͤtz dieſe Vorleſungen; die andern hielten ſich davon zuruͤck. Daß Harſcher, der Fichte'n noch gar nicht gehoͤrt und
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der durch die von vielen Seiten an ihn gelangenden
Warnungen, durch die Bedenklichkeiten der preußiſchen
Unterbehoͤrden, welche Verdruß und Schaden fuͤr ſich
von den Franzoſen befuͤrchteten, ſo wenig wie ſelbſt
durch den Anblick eingedrungener franzoͤſiſcher Beſucher,
ſich in dem begonnenen Werke ſtoͤren ließ. Man konnte
ſie nicht ohne Ergriffenſein und Begeiſterung anhoͤren,
dieſe Reden, welche mit Recht uͤber den Kreis der un¬
mittelbaren Zuhoͤrerſchaft hinaus ſich als Reden an die
deutſche Nation erklaͤrten, als ſolche weit und tief ge¬
wirkt und ſeitdem ſtets als eine der fruͤheſten und ſtaͤrk¬
ſten Erregungen der volksthuͤmlichen Anſpruͤche und
Betriebe in Deutſchland gegolten haben. Merkwuͤrdig
iſt es, daß dieſes Werk bei ſeiner bedeutenden Verbrei¬
tung und Wirkſamkeit dennoch ſeinen unmittelbaren Ab¬
ſichten und Vorſchlaͤgen keinen Eingang gewonnen bat;
nirgends iſt auch nur ein Verſuch gemacht worden, ſolche
Volkserziehung einzufuͤhren, und wenn einige Schuͤler
Fichte's ſpaͤterhin eine Erziehungsanſtalt in ſeinem Sinne
zu gruͤnden ſuchten, ſo hat dieſelbe doch gar bald, in¬
dem ſie ſich den gewoͤhnlichen Anforderungen des Tages
mehr und mehr bequemte, die beſondern Eigenthuͤmlich¬
keiten, worin ſie dem Geiſte des verehrten Meiſters zu
huldigen glaubte, wieder abſtreifen muͤſſen. Von meinen
naͤhern Freunden hoͤrten nur Bernhardi und Schuͤtz
dieſe Vorleſungen; die andern hielten ſich davon zuruͤck.
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/70>, abgerufen am 26.11.2024.
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