Lüneburg wurde nunmehr der Hegeort, aus dessen Mitte dem Feinde unendliche Anlässe zu Verdruß, Be¬ sorgniß, Nachtheil und Zweifel zuströmen sollten, für deren Größe man aus seinen Gegenwirkungen eine Art von Maßstab finden konnte. Seine Truppen wurden bald gänzlich auf Haarburg und die Hooper Schanze beschränkt, die Kosaken übten wieder einen Theil ihrer alten Schreckensmacht aus, und niemals wagten die Franzosen ohne die größte Ueberzahl ihnen die Spitze zu bieten; überhaupt hatte die Niederlage des Generals Pecheux, die im ganzen Lande noch vergrößert herum¬ getragen wurde, den Muth des Feindes sehr geschwächt, und das Vertrauen des Volkes zu unsern Waffen neu belebt. Die Lüneburger verbrannten mit großem Jubel auf öffentlichem Markte die Adlerzeichen der französischen Herrschaft, die sämmtlichen Schriften der Douanen, und dieses Freudenfeuer dauerte mehrere Tage. Nicht geringen Eifer bewiesen die Einwohner in Aufsuchung versteckter Franzosen und Anzeigung französischen Eigen¬ thums. Außer unserm eignen Siege brachten wir auch die ersten Nachrichten von den fortdauernden Schlägen, welche der Feind auf allen andern Seiten zahlreich erlitten hatte; diese Nachrichten hatte man den Truppen wie den Einwohnern mit strenger Sorgfalt vorenthal¬ ten, und erdichtete dafür untergeschoben; sie wurden daher mit unglaublicher Freude und Begierde aufge¬ nommen. Da in dem ganzen Lande bis an die Weser
Luͤneburg wurde nunmehr der Hegeort, aus deſſen Mitte dem Feinde unendliche Anlaͤſſe zu Verdruß, Be¬ ſorgniß, Nachtheil und Zweifel zuſtroͤmen ſollten, fuͤr deren Groͤße man aus ſeinen Gegenwirkungen eine Art von Maßſtab finden konnte. Seine Truppen wurden bald gaͤnzlich auf Haarburg und die Hooper Schanze beſchraͤnkt, die Koſaken uͤbten wieder einen Theil ihrer alten Schreckensmacht aus, und niemals wagten die Franzoſen ohne die groͤßte Ueberzahl ihnen die Spitze zu bieten; uͤberhaupt hatte die Niederlage des Generals Pecheux, die im ganzen Lande noch vergroͤßert herum¬ getragen wurde, den Muth des Feindes ſehr geſchwaͤcht, und das Vertrauen des Volkes zu unſern Waffen neu belebt. Die Luͤneburger verbrannten mit großem Jubel auf oͤffentlichem Markte die Adlerzeichen der franzoͤſiſchen Herrſchaft, die ſaͤmmtlichen Schriften der Douanen, und dieſes Freudenfeuer dauerte mehrere Tage. Nicht geringen Eifer bewieſen die Einwohner in Aufſuchung verſteckter Franzoſen und Anzeigung franzoͤſiſchen Eigen¬ thums. Außer unſerm eignen Siege brachten wir auch die erſten Nachrichten von den fortdauernden Schlaͤgen, welche der Feind auf allen andern Seiten zahlreich erlitten hatte; dieſe Nachrichten hatte man den Truppen wie den Einwohnern mit ſtrenger Sorgfalt vorenthal¬ ten, und erdichtete dafuͤr untergeſchoben; ſie wurden daher mit unglaublicher Freude und Begierde aufge¬ nommen. Da in dem ganzen Lande bis an die Weſer
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Luͤneburg wurde nunmehr der Hegeort, aus deſſen
Mitte dem Feinde unendliche Anlaͤſſe zu Verdruß, Be¬
ſorgniß, Nachtheil und Zweifel zuſtroͤmen ſollten, fuͤr
deren Groͤße man aus ſeinen Gegenwirkungen eine Art
von Maßſtab finden konnte. Seine Truppen wurden
bald gaͤnzlich auf Haarburg und die Hooper Schanze
beſchraͤnkt, die Koſaken uͤbten wieder einen Theil ihrer
alten Schreckensmacht aus, und niemals wagten die
Franzoſen ohne die groͤßte Ueberzahl ihnen die Spitze
zu bieten; uͤberhaupt hatte die Niederlage des Generals
Pecheux, die im ganzen Lande noch vergroͤßert herum¬
getragen wurde, den Muth des Feindes ſehr geſchwaͤcht,
und das Vertrauen des Volkes zu unſern Waffen neu
belebt. Die Luͤneburger verbrannten mit großem Jubel
auf oͤffentlichem Markte die Adlerzeichen der franzoͤſiſchen
Herrſchaft, die ſaͤmmtlichen Schriften der Douanen,
und dieſes Freudenfeuer dauerte mehrere Tage. Nicht
geringen Eifer bewieſen die Einwohner in Aufſuchung
verſteckter Franzoſen und Anzeigung franzoͤſiſchen Eigen¬
thums. Außer unſerm eignen Siege brachten wir auch
die erſten Nachrichten von den fortdauernden Schlaͤgen,
welche der Feind auf allen andern Seiten zahlreich
erlitten hatte; dieſe Nachrichten hatte man den Truppen
wie den Einwohnern mit ſtrenger Sorgfalt vorenthal¬
ten, und erdichtete dafuͤr untergeſchoben; ſie wurden
daher mit unglaublicher Freude und Begierde aufge¬
nommen. Da in dem ganzen Lande bis an die Weſer
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/460>, abgerufen am 25.11.2024.
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