auf das vortheilhafteste geschildert waren. Er hatte jedoch nicht einmal die Vertheilung dieses Blattes ab¬ gewartet. Die Nachrichten, die durch einen Zufall dies¬ mal zu ihm gelangt waren, begannen allerdings mit Vortheilen, die aber zu Niederlagen geführt hatten, und diese erschreckten den Marschall Davoust dergestalt, daß er seine ängstliche Lage nicht länger auszuhalten vermochte, sondern plötzlich, von Furcht ergriffen, die Stecknitz wieder zu gewinnen eilte. So beschloß dieser Feldherr seinen mecklenburgischen Feldzug, in welchem er den Kriegsruhm, den er etwa mitgebracht hatte, völlig und für immer einbüßte, und mit seiner be¬ trächtlichen Streitmacht einer geringen Truppenschaar gegenüber zum Gespötte wurde. Napoleon hatte ihm, so lautete die Sage, zur Belohnung der Thaten, die er ausführen würde, im voraus das Herzogthum Meck¬ lenburg bestimmt, allein er selbst schien nicht genugsa¬ mes Vertraun auf diese Schenkung zu setzen, um in jeder Verheerung des Landes schon sein Eigenthum beschädigt zu glauben; die Franzosen hatten ungestraft alle Plünderungen und Ausschweifungen begangen; die schlimmsten Klagen aber führte man über die Dänen, welche von den französischen Behörden durch mangel¬ hafte Verpflegung absichtlich genöthigt wurden, ihren Bedarf unordentlich und gewaltsam herbeizuschaffen. Die dänischen Gefangenen, welche wir gemacht, klagten alle bitter hierüber.
auf das vortheilhafteſte geſchildert waren. Er hatte jedoch nicht einmal die Vertheilung dieſes Blattes ab¬ gewartet. Die Nachrichten, die durch einen Zufall dies¬ mal zu ihm gelangt waren, begannen allerdings mit Vortheilen, die aber zu Niederlagen gefuͤhrt hatten, und dieſe erſchreckten den Marſchall Davouſt dergeſtalt, daß er ſeine aͤngſtliche Lage nicht laͤnger auszuhalten vermochte, ſondern ploͤtzlich, von Furcht ergriffen, die Stecknitz wieder zu gewinnen eilte. So beſchloß dieſer Feldherr ſeinen mecklenburgiſchen Feldzug, in welchem er den Kriegsruhm, den er etwa mitgebracht hatte, voͤllig und fuͤr immer einbuͤßte, und mit ſeiner be¬ traͤchtlichen Streitmacht einer geringen Truppenſchaar gegenuͤber zum Geſpoͤtte wurde. Napoleon hatte ihm, ſo lautete die Sage, zur Belohnung der Thaten, die er ausfuͤhren wuͤrde, im voraus das Herzogthum Meck¬ lenburg beſtimmt, allein er ſelbſt ſchien nicht genugſa¬ mes Vertraun auf dieſe Schenkung zu ſetzen, um in jeder Verheerung des Landes ſchon ſein Eigenthum beſchaͤdigt zu glauben; die Franzoſen hatten ungeſtraft alle Pluͤnderungen und Ausſchweifungen begangen; die ſchlimmſten Klagen aber fuͤhrte man uͤber die Daͤnen, welche von den franzoͤſiſchen Behoͤrden durch mangel¬ hafte Verpflegung abſichtlich genoͤthigt wurden, ihren Bedarf unordentlich und gewaltſam herbeizuſchaffen. Die daͤniſchen Gefangenen, welche wir gemacht, klagten alle bitter hieruͤber.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0436"n="424"/>
auf das vortheilhafteſte geſchildert waren. Er hatte<lb/>
jedoch nicht einmal die Vertheilung dieſes Blattes ab¬<lb/>
gewartet. Die Nachrichten, die durch einen Zufall dies¬<lb/>
mal zu ihm gelangt waren, begannen allerdings mit<lb/>
Vortheilen, die aber zu Niederlagen gefuͤhrt hatten,<lb/>
und dieſe erſchreckten den Marſchall Davouſt dergeſtalt,<lb/>
daß er ſeine aͤngſtliche Lage nicht laͤnger auszuhalten<lb/>
vermochte, ſondern ploͤtzlich, von Furcht ergriffen, die<lb/>
Stecknitz wieder zu gewinnen eilte. So beſchloß dieſer<lb/>
Feldherr ſeinen mecklenburgiſchen Feldzug, in welchem<lb/>
er den Kriegsruhm, den er etwa mitgebracht hatte,<lb/>
voͤllig und fuͤr immer einbuͤßte, und mit ſeiner be¬<lb/>
traͤchtlichen Streitmacht einer geringen Truppenſchaar<lb/>
gegenuͤber zum Geſpoͤtte wurde. Napoleon hatte ihm,<lb/>ſo lautete die Sage, zur Belohnung der Thaten, die<lb/>
er ausfuͤhren wuͤrde, im voraus das Herzogthum Meck¬<lb/>
lenburg beſtimmt, allein er ſelbſt ſchien nicht genugſa¬<lb/>
mes Vertraun auf dieſe Schenkung zu ſetzen, um in<lb/>
jeder Verheerung des Landes ſchon ſein Eigenthum<lb/>
beſchaͤdigt zu glauben; die Franzoſen hatten ungeſtraft<lb/>
alle Pluͤnderungen und Ausſchweifungen begangen; die<lb/>ſchlimmſten Klagen aber fuͤhrte man uͤber die Daͤnen,<lb/>
welche von den franzoͤſiſchen Behoͤrden durch mangel¬<lb/>
hafte Verpflegung abſichtlich genoͤthigt wurden, ihren<lb/>
Bedarf unordentlich und gewaltſam herbeizuſchaffen.<lb/>
Die daͤniſchen Gefangenen, welche wir gemacht, klagten<lb/>
alle bitter hieruͤber.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[424/0436]
auf das vortheilhafteſte geſchildert waren. Er hatte
jedoch nicht einmal die Vertheilung dieſes Blattes ab¬
gewartet. Die Nachrichten, die durch einen Zufall dies¬
mal zu ihm gelangt waren, begannen allerdings mit
Vortheilen, die aber zu Niederlagen gefuͤhrt hatten,
und dieſe erſchreckten den Marſchall Davouſt dergeſtalt,
daß er ſeine aͤngſtliche Lage nicht laͤnger auszuhalten
vermochte, ſondern ploͤtzlich, von Furcht ergriffen, die
Stecknitz wieder zu gewinnen eilte. So beſchloß dieſer
Feldherr ſeinen mecklenburgiſchen Feldzug, in welchem
er den Kriegsruhm, den er etwa mitgebracht hatte,
voͤllig und fuͤr immer einbuͤßte, und mit ſeiner be¬
traͤchtlichen Streitmacht einer geringen Truppenſchaar
gegenuͤber zum Geſpoͤtte wurde. Napoleon hatte ihm,
ſo lautete die Sage, zur Belohnung der Thaten, die
er ausfuͤhren wuͤrde, im voraus das Herzogthum Meck¬
lenburg beſtimmt, allein er ſelbſt ſchien nicht genugſa¬
mes Vertraun auf dieſe Schenkung zu ſetzen, um in
jeder Verheerung des Landes ſchon ſein Eigenthum
beſchaͤdigt zu glauben; die Franzoſen hatten ungeſtraft
alle Pluͤnderungen und Ausſchweifungen begangen; die
ſchlimmſten Klagen aber fuͤhrte man uͤber die Daͤnen,
welche von den franzoͤſiſchen Behoͤrden durch mangel¬
hafte Verpflegung abſichtlich genoͤthigt wurden, ihren
Bedarf unordentlich und gewaltſam herbeizuſchaffen.
Die daͤniſchen Gefangenen, welche wir gemacht, klagten
alle bitter hieruͤber.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/436>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.