ausschickte, ohne in diesem Falle glücklicher zu sein, als in andern. Der Dichter Friedrich Rückert hat diese Abgeschiedenheit des Marschalls in Schwerin durch ein scherzhaftes Lied artig besungen. Ein mit dem Kourier, der ihn überbringen sollte, aufgefangener Brief der Marschallin Davoust an ihren Gemahl gab durch seinen merkwürdigen Inhalt ebenfalls Anlaß zu scherzhafter Belustigung.
Die Begierde sich mit dem Feinde zu messen, war durch das Betragen desselben bei unsern Truppen täg¬ lich stärker entbrannt, es schien eine Schande, den nicht anzugreifen, der sich vor unserm Angriff so offen¬ bar fürchtete. Auch Tettenborn bedurfte der größten Selbstüberwindung, um nicht die ruhige und zögernde Haltung, die ihm vorgeschrieben war, zu überschreiten; und Wallmoden selbst bezeigte häufig Lust, dem Geg¬ ner eine Schlacht zu liefern, und traf mancherlei dahin zielende Anordnungen, die er aber jedesmal zu rechter Zeit noch zurücknahm; denn die Ueberzahl des Feindes, seine gute Stellung, und sodann die Zusammensetzung unsrer Truppen, waren Gründe, die bei jeder neuen Erwägung mehr Gewicht zu erlangen schienen, um von jedem Hauptschlage abzumahnen. Auch blieb es bei diesem Zaudern, und es wurde nichts unternommen, bis endlich der Feind Miene machte, sich stärker gegen Rostock hinzuziehen, worauf Wallmoden über Krivitz nach Warin zu marschiren beschloß, um mit dem Ge¬
ausſchickte, ohne in dieſem Falle gluͤcklicher zu ſein, als in andern. Der Dichter Friedrich Ruͤckert hat dieſe Abgeſchiedenheit des Marſchalls in Schwerin durch ein ſcherzhaftes Lied artig beſungen. Ein mit dem Kourier, der ihn uͤberbringen ſollte, aufgefangener Brief der Marſchallin Davouſt an ihren Gemahl gab durch ſeinen merkwuͤrdigen Inhalt ebenfalls Anlaß zu ſcherzhafter Beluſtigung.
Die Begierde ſich mit dem Feinde zu meſſen, war durch das Betragen deſſelben bei unſern Truppen taͤg¬ lich ſtaͤrker entbrannt, es ſchien eine Schande, den nicht anzugreifen, der ſich vor unſerm Angriff ſo offen¬ bar fuͤrchtete. Auch Tettenborn bedurfte der groͤßten Selbſtuͤberwindung, um nicht die ruhige und zoͤgernde Haltung, die ihm vorgeſchrieben war, zu uͤberſchreiten; und Wallmoden ſelbſt bezeigte haͤufig Luſt, dem Geg¬ ner eine Schlacht zu liefern, und traf mancherlei dahin zielende Anordnungen, die er aber jedesmal zu rechter Zeit noch zuruͤcknahm; denn die Ueberzahl des Feindes, ſeine gute Stellung, und ſodann die Zuſammenſetzung unſrer Truppen, waren Gruͤnde, die bei jeder neuen Erwaͤgung mehr Gewicht zu erlangen ſchienen, um von jedem Hauptſchlage abzumahnen. Auch blieb es bei dieſem Zaudern, und es wurde nichts unternommen, bis endlich der Feind Miene machte, ſich ſtaͤrker gegen Roſtock hinzuziehen, worauf Wallmoden uͤber Krivitz nach Warin zu marſchiren beſchloß, um mit dem Ge¬
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ausſchickte, ohne in dieſem Falle gluͤcklicher zu ſein, als
in andern. Der Dichter Friedrich Ruͤckert hat dieſe
Abgeſchiedenheit des Marſchalls in Schwerin durch ein
ſcherzhaftes Lied artig beſungen. Ein mit dem Kourier,
der ihn uͤberbringen ſollte, aufgefangener Brief der
Marſchallin Davouſt an ihren Gemahl gab durch ſeinen
merkwuͤrdigen Inhalt ebenfalls Anlaß zu ſcherzhafter
Beluſtigung.
Die Begierde ſich mit dem Feinde zu meſſen, war
durch das Betragen deſſelben bei unſern Truppen taͤg¬
lich ſtaͤrker entbrannt, es ſchien eine Schande, den
nicht anzugreifen, der ſich vor unſerm Angriff ſo offen¬
bar fuͤrchtete. Auch Tettenborn bedurfte der groͤßten
Selbſtuͤberwindung, um nicht die ruhige und zoͤgernde
Haltung, die ihm vorgeſchrieben war, zu uͤberſchreiten;
und Wallmoden ſelbſt bezeigte haͤufig Luſt, dem Geg¬
ner eine Schlacht zu liefern, und traf mancherlei dahin
zielende Anordnungen, die er aber jedesmal zu rechter
Zeit noch zuruͤcknahm; denn die Ueberzahl des Feindes,
ſeine gute Stellung, und ſodann die Zuſammenſetzung
unſrer Truppen, waren Gruͤnde, die bei jeder neuen
Erwaͤgung mehr Gewicht zu erlangen ſchienen, um von
jedem Hauptſchlage abzumahnen. Auch blieb es bei
dieſem Zaudern, und es wurde nichts unternommen,
bis endlich der Feind Miene machte, ſich ſtaͤrker gegen
Roſtock hinzuziehen, worauf Wallmoden uͤber Krivitz
nach Warin zu marſchiren beſchloß, um mit dem Ge¬
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/432>, abgerufen am 24.11.2024.
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